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Lilith Parker

Lilith Parker

Titel: Lilith Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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hatten sie auf Stirn und Wange getroffen. »Bin ich zu spät? Die Verhandlung ist doch erst für heute Abend angesetzt.«
    Â»Tu nicht so unschuldig!«, donnerte er sie an. »Du brauchst es gar nicht abzustreiten. Ich weiß, dass du es getan hast!«
    Â»Was denn?« Lilith hob hilflos die Schultern. »Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden!«
    Scropes dicke Finger griffen nach ihrem Arm. Mit einem wütenden Knurren zerrte er sie in die Höhe und zog sie mit sich aus dem Klassenzimmer.
    Â»Zachary, du kannst meine Schülerin doch nicht einfach aus dem Unterricht …«, setzte Mister Baker an, doch Scrope hatte schon die Tür hinter sich ins Schloss geworfen.
    Â»Was haben Sie vor? Sie tun mir weh«, keuchte Lilith, während sie versuchte, ihren Arm aus seiner Umklammerung zu befreien. »Wo bringen Sie mich hin?«
    Â»Das wirst du gleich sehen.«
    Sie verließen das Schulhaus. Graue Wolkenformationen ballten sich am Himmel, die Kälte drang durch Liliths Schuluniform und ließ sie frösteln. Obwohl Scrope sie im Eilschritt die Devilstreet entlangzerrte, hatte sie am ganzen Körper Gänsehaut und ihre Zähne klapperten.
    Zu ihrer Überraschung war Scropes Ziel das Kuriositätenkabinett, das um diese Uhrzeit eigentlich noch geschlossen war. Er zog sie durch die Eingangstür, den Gang mit den Schaukästen entlang bis zum neu erbauten Terrarium, vor dem sich einige Leute mit betrübten Gesichtern versammelt hatten. Als sie Scrope erblickten, verstummte ihr Gemurmel und sie traten respektvoll zur Seite. Scrope bugsierte Lilith durch eine Tür mit der Aufschrift Nur Personal .
    Â»Da rein! Aber den Weg kennst du ja …«
    Was sollten denn all diese ominösen Andeutungen? So langsam hatte Lilith wirklich genug von Scropes rüdem Verhalten. Was ging hier eigentlich vor?
    Die Luft im Terrarium war so heiß und stickig wie in einem Dschungel. Sie standen inmitten großblättriger Pflanzen, Lianen baumelten von Ästen herab und ein Wasserfall plätscherte in einen Badeteich. Daneben saß Peter auf dem Boden, auf seinem Schoss lag Amaros regungsloser Körper.
    Â»Ist sie tot?«, hauchte Lilith entsetzt.
    Eine Antwort war überflüssig. Die Augen der Hydra waren weit aufgerissen, in ihnen lag Überraschung, Angst und die fragende Unschuld eines Kindes, das zum ersten Mal einem kalten unaussprechlichen Schrecken begegnet. Lilith kniete sich neben Peter auf den Boden.
    Â»Wie ist Amaro gestorben?«
    Scrope explodierte förmlich. »Hör sofort auf mit dieser Scharade! Das warst du! Leugne es gar nicht erst, die Beweise sind eindeutig.«
    Â»Was denn für Beweise?«, fragte sie verständnislos.
    Er kniff seine Lippen zu einem schmalen Spalt zusammen, dann stieß er verächtlich die Luft aus. »Nun gut, wenn du darauf bestehst, spiele ich dieses lächerliche Spiel mit und tue so, als ob du tatsächlich keine Ahnung hättest.« Er deutete auf einen ovalen grauweißen Abdruck, der sich am Körper der Schlange befand. »Dieser Lippenabdruck ist das Mal des Todeskusses – und der kann nur von einer Banshee stammen! Eine Banshee, die ihre Gabe zu so einer schrecklichen Tat missbraucht, nennt man auch Seelenvampir.«
    Fassungslos sah Lilith von Scrope zu der toten Schlange. Langsam dämmerte ihr, warum er sie hierhergezerrt hatte …
    Â»Und da auf St. Nephelius nur eine Banshee lebt, wissenwir auch, wer Amaro umgebracht hat.« Scrope beugte sich unangenehm nah über sie. »Nämlich du!«
    Â»Ich?« Lilith schüttelte entsetzt den Kopf. »Aber warum hätte ich das tun sollen?«
    Â»Was weiß ich denn, was in deinem kranken Kopf vorgeht? Immerhin hast du auf der Dorfversammlung vor allen Anwesenden verkündet, dass du Schlangen nicht ausstehen kannst. Und weil ich dir dein geliebtes Bernstein-Amulett abnehmen will, wolltest du dich mit dem Mord an dieser unschuldigen Kreatur an mir rächen.«
    Endlich begriff Lilith, in welchen Schwierigkeiten sie steckte. Anhand der Indizien war Scrope von ihrer Schuld felsenfest überzeugt. Hilfe suchend sah Lilith durch das Sichtfenster des Terrariums auf die verschwommenen Gesichter der gaffenden Leute – eine graue Masse zweidimensionaler Fratzen.
    Â»Ich weiß nicht, wie die Hydra durch einen Todeskuss sterben konnte, aber ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich sie nicht getötet

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