Lilith - Wunschlos gluecklich
unsere Gegend?«
»Ein Austauschjahr«, gab Luc kurz angebunden zurück. Er hatte keine Lust mehr, Bethanys Fragen zu beantworten, denn er hatte nur Augen für Lilith, und auch ihr Blick war, wenn auch zweifelnd, fest auf ihn gerichtet. »Hast du mein Geschenk schon entdeckt?«, fragte er. Er musste es einfach wissen, viel zu viel hing für ihn davon ab.
»Wenn du diese außergewöhnlich schöne Murmel meinst, dann ja. Aber, wie komme ich zu der Ehre?«
Trotz des Lärms hatte Luc das Gefühl, außer Liliths Stimme nichts mehr wahrzunehmen. Bevor er antworten konnte, wurde ihm allerdings deutlich bewusst, dass ihn mehr als nur ein Augenpaar beobachtete. Ihre Freunde lechzten geradezu nach seiner Antwort, aber er war nicht gewillt, diese mit allen zu teilen, zumindest noch nicht. Nicht, ehe er endlich ein Mensch geworden war. »Könnten wir kurz?«, fragte er und deutete mit dem Kopf in eine einigermaßen freie Ecke des Lokals. Soweit dies an diesem Abend überhaupt möglich war. Er wandte sich an ihre Freunde. »Ihr entschuldigt uns einen Moment.« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Lilith sträubte sich, aber zu seiner Erleichterung gab ihr Camille einen kleinen Schubs. »Nun mach schon …«, zischte sie und gab Lilith erneut einen Stoß in Richtung der von Luc angedeuteten Ecke.
»Wenn’s sein muss«, stänkerte Lilith und warf Camille einen biestigen Blick zu. Sie setzte sich, ohne auf ihn zu warten, in Bewegung.
Luc liebte auch diese Lilith, schließlich wusste er genau, dass sie auch anders konnte, wenn sie wollte.
»Und? Was … Was willst du von mir?«, giftete sie ihm entgegen. Ihr Körper schien zur Abwehr bis ins Mark angespannt und ihr Blick ruhte zornig auf ihm. Es war nicht gut, sie zu verärgern, aber was hatte er schon für eine Wahl? Er musste sie doch irgendwie in die für ihn – für sie beide – richtige Richtung drängen. Wenn sie sich erst einmal an ihn und ihre gemeinsame Zeit erinnerte, würde sie ihm jedes von ihm angewandte Mittel verzeihen, das wusste er.
»Wieso bist du nur so misstrauisch? Du tust gerade so, als wollte ich dich ausrauben, schlagen, versklaven oder dir sonst irgendetwas antun.«
»Du stalkst mich!«
»Stalken? Ich?« Luc stockte. Das konnte sie doch nicht ernst meinen … Wo war die Lilith geblieben, die sich vor einigen Wochen Hals über Kopf in ihn verliebt hatte? Ihn nett und zum Anbeißen süß fand, sich nachts an seine Brust gekuschelt hatte und nicht auch nur eine Minute ohne ihn sein wollte? Wo war sie nur geblieben?
»Ich … Es tut mir leid, wenn du so von mir denkst, aber kannst du mich denn nicht auch ein klein wenig verstehen? Ich meine … Hattest du noch nie das Gefühl ein Déjà-vu zu haben?«
Lilith neigte den Kopf leicht zur Seite und hob fragend die Brauen, aber kurz darauf nickte sie dann doch, wenn auch kaum merklich.
»Genau so geht es mir, wenn ich dich sehe. Ich weiß, dass ich dich kenne. Dein Name war in meinem Gedächtnis, schon bevor ich ihn gehört habe. Ich erinnerte mich an deinen süßen Mandelduft, bevor ich ihn an dir wahrgenommen habe. Deine Stimme summte in meinen Ohren, noch bevor du auch nur ein Wort mit mir gewechselt hattest. Das kann doch kein Zufall sein?«
*
Lilith wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Es war ja nicht so, dass er hässlich gewesen wäre, im Gegenteil. Auch dumm erschien er ihr nicht, genauso wenig wie abstoßend, bösartig oder uninteressant. Aber sie konnte und wollte ihm auf keinen Fall gestehen, dass es ihr fast genauso ging wie ihm.
Sie konnte sich immer weniger gegen das Gefühl erwehren, dass er recht hatte. Irgendetwas war da zwischen ihnen, doch sie wusste nicht was, und wieso sie anscheinend beide so empfanden, und das machte die Sache nur umso schlimmer. Sie hatte das Gefühl, verrückt zu werden und dabei die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Der Tod ihrer Großmutter ließ sie immer noch nicht los, da konnte sie nun wirklich keine weiteren Probleme gebrauchen. So entschied sie sich für den leichteren Weg. »Ich empfinde nicht so. Tut mir leid«, log sie. Sie blickte ihm dabei fest in die Augen, wollte, dass er heraushörte, wie ernst es ihr damit war. Doch ihre Stimme brach fast, denn was sie ihm gerade gesagt hatte, entsprach nicht im Geringsten der Wahrheit.
Langsam schloss Luc seine hypnotisch wirkenden, grünen Augen und senkte ergeben den Kopf. Enttäuschung zuckte über sein Gesicht, als er sie wieder betrachtete. Er hätte sie nicht
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