Lilith - Wunschlos gluecklich
als schwebte sie im Nichts … oder im Himmel. Jemand kam aus nicht allzu weiter Ferne auf sie zu. Langsam und ohne Eile, fast wie in Zeitlupe, trieb er in ihre Richtung. Ein junger Mann, und auch er schien zu schweben. Gebannt fixierte sie die ihr unbekannte Person. Nichts anderes schien in dieser Umgebung zu existieren, nur er und sie.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich in beunruhigendem Tempo, doch nicht aus Angst. Neugier trieb es an und sie ließ es einfach geschehen, wandte sich nicht ab, ergriff nicht die Flucht.
Endlich stand er vor ihr. Atemberaubend schön, ebenso engelsgleich wie auch gefährlich. Er lächelte, doch er sprach nicht. Wunderschön! Sie war versucht, ihn zu berühren, doch sie hatte Angst, er würde sich in Luft auflösen, wenn sie ihm zu nahe kam. Also verwarf sie die Idee sogleich wieder. Sie hätte es nicht ertragen, wenn er verschwunden wäre und sie allein zurückgelassen hätte.
Nach einer weiteren kleinen Unendlichkeit legte er den Kopf schief und sah sie fragend an. Konnte er nicht sprechen?
Sie hielt es einfach nicht mehr aus. »Wer bist du?« Ihre Stimme klang unsicher und brüchig. Es war kaum mehr als ein Flüstern.
»Ich bin, was immer du wünschst«, hauchte er ihr mit einer tiefen, samtigen Stimme entgegen, die alles in ihr zum Vibrieren brachte. Der Drang, sich in seine starken Arme sinken zu lassen, wurde immer stärker. Aber was meinte er nur damit? Alles, was sie wollte …?
»Wünsch dir etwas, Lilith.«
Moment! Woher kannte er ihren Namen?
»Wünsch dir etwas … Ich bin alles, was du willst … Alles!«
Hände glitten sanft über Liliths Stirn, strichen ihr die schweißgetränkten und wirren Haare aus dem Gesicht. Irgendjemand wollte, dass sie auftauchte, und holte sie damit in die Wirklichkeit zurück. Weg von ihren wirren Träumen und Sehnsüchten, weg von einer unbekannten Vergangenheit und ihrer ungeschriebenen Zukunft – weg von Luc.
Mist! Wieso dominierte er schon wieder ihre Gedanken?
»Schätzchen?«, erklang Moms Stimme über ihr. »Wie geht es dir heute Morgen?«
»Nicht so gut, Mom.« Ihre Stimme klang rau, kratzig und so gar nicht wie die ihre. Das war gut. Denn an den Augen ihrer Mutter erkannte sie, dass keinerlei Bettelei nötig war.
»Du bleibst heute zu Hause, mein Schatz.«
Lilith wollte etwas erwidern, eigentlich nur ein Danke, aber Mom stoppte sie, weil sie wohl dachte, sie wollte widersprechen.
»Keine Widerrede. Solange du dich so schlecht fühlst, lasse ich dich vom Unterricht entschuldigen.« Damit schien das Thema für sie erledigt, denn sie rauschte ohne ein weiteres Wort davon.
In Wahrheit ging es Lilith schon wieder besser … Sogar mehr als das. Auch wenn ihr Magen in regelmäßigen Abständen immer noch krampfte und ihr somit dumpfe Schmerzen bescherte. Aber wenn sie Luc aus ihren Gedanken verbannen konnte, ging es auch ihrem Magen zumindest einigermaßen gut. Leider ließ sich dieser Luc nicht lange genug aus ihren Gedanken vertreiben.
Er würde heute seinen ersten Tag an der North Canyon High haben und Lilith war froh, dass sie dieses Ereignis verpassen durfte. Doch wie lange ließ sich ihr Zusammentreffen in der Schule wohl hinauszögern? Sicherlich nicht ewig. Sie sollte definitiv die Schule wechseln, ja, das sollte sie.
Während sie sich wieder tief unter ihre Bettdecke vergrub, ging sie in Gedanken die Schulen durch, die dafür infrage kamen. Vielleicht die Desert Vista? Andererseits hatte die Paradise Valley High einen wirklich guten Ruf.
Ach … Was machte sie sich vor? Ihre Eltern würden niemals einem Schulwechsel zustimmen. Zudem wollte sie ja noch nicht einmal auf irgendeine neue Highschool wechseln. Die North Canyon High war ihre Schule und selbst Luc würde ihr das nicht vermiesen können.
Kapitel 18
Unerwartete Post
E s kostete Luc nicht einmal den Hauch einer Anstrengung. Die Sekretärin war so leicht zu beeinflussen, dass selbst seine letzten Reste Magie dafür ausreichten. Sie teilte Luc, wie von ihm beabsichtigt, Liliths Klasse zu und trug ihn in den gleichen Leistungsfächern ein.
Zum Schluss händigte sie ihm seine Bücher, einen Stunden- und einen Lageplan aus, auf dem sämtliche Zimmer der Schule tabellarisch aufgelistet waren. Dann entließ sie Luc und steckte ihm noch einen Zettel für seinen nächsten Lehrer zu, auf dem seine persönlichen Daten verzeichnet waren. Luc Malone … Ihm gefiel der Klang seines neuen Namens.
Die Stunde hatte schon vor zwanzig Minuten
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