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Liliths Kinder

Liliths Kinder

Titel: Liliths Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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oder die eines der anderen hier anzusehen mußte im höchsten Maße entsetzlich sein .
    »Tikal?« Die Stimme geisterte durch die Dunkelheit.
    Der junge Mann schrak aus seinen trüben Gedanken. Fast verspürte er Dankbarkeit.
    »Ich bin hier«, antwortete er.
    Schritte näherten sich, dann hörte Tikal auch den Atem Calots. Er hatte die Führungsrolle im tiefen Reich inne und Tikal unter seine Fittiche genommen, um ihn mit den örtlichen Gegeben- und Gepflogenheiten vertraut zu machen. Seinen Worten jedoch, daß er sich schon bald an all das gewöhnt haben und sein neues Leben als glückliche Fügung betrachten würde, konnte Tikal beim allerbesten Willen keinen Glauben schenken.
    »Hat alles geklappt?« fragte Tikal, nur um irgend etwas zu sagen.
    »Natürlich«, erwiderte Calot.
    Der Junge hörte ein Schaben und Knistern, mit dem irgendwelche Dinge aneinanderrieben, die Calot bei sich trug. Tikal lächelte flüchtig, als er erkannte, daß seine Ohren ihm die Augen zu ersetzen begannen. Doch bis zum Ende dieser Umstellung war es noch lange hin, und er konnte sich nicht vorstellen, je das Ende dieses Weges zu erreichen.
    »Du wirst es schaffen.«
    Fast meinte Tikal, das Lächeln Calots hören zu können.
    Hatte er den Gedanken etwa laut ausgesprochen? wunderte er sich. Oder besaß Calot einfach die Fähigkeit, selbst Worte zu hören, die nie über Lippen gekommen waren?
    »So ist es - in etwa jedenfalls.«
    Diesmal lächelte Calot ganz sicher. Tikal wußte es. Weil er es - spürte. Mit einem Sinn, über den er zuvor nicht verfügt hatte.
    »Hier, hilf mir beim Tragen«, sagte Calot. Wieder vernahm Tikal schabende Laute und spürte, wie Calot ihm etwas reichte. Der junge Mann griff zu, blind und zielsicher. Dann fühlte er die Struktur von Blättern, pflanzliches Faserwerk.
    »Mais?« fragte er unsicher.
    »Ja, sehr gut«, lobte Calot und ergänzte dann noch: »Vador hat ihn uns gebracht.«
    Vador ... Tikal erinnerte sich des Mannes. Er hatte ihn gekannt -in einem anderen Leben.
    Als Calots Schritte sich entfernten, schloß Tikal sich ihm an.
    »Werde ich -«, begann er nach einer Weile zögernd,»- ich meine, wird es auch mir eines Tages erlaubt sein . Kontakt zu unseren Helfern aufzunehmen?«
    Kontakt zu Mayab, fügte er in Gedanken hinzu. Zu meiner Heimat! Und er hoffte, daß Calot diesen Gedanken nicht empfing.
    »Sicher«, erwiderte der andere, »eines Tages. Aber noch wäre es zu früh - viel zu früh.«
    Tikals kaum aufglimmender Hoffnungsfunke erlosch unter der Antwort.
    »Jedoch«, fuhr Calot dann fort, »werden Verbindungen dieser Art vielleicht bald nicht mehr erforderlich sein. Gut möglich, daß wir uns schon in nächster Zukunft nicht länger verbergen müssen.«
    Tikal wußte, worauf er anspielte. Schließlich war er selbst dabei gewesen, als der Hohe König im tiefen Reich angelangt war - und den Tod gefunden hatte.
    Es war so leicht gewesen .
    Leicht genug jedenfalls, um Nährboden zu schaffen für geradezu überbordende Hoffnungen und gewagteste Ideen.
    Hoffnung auf ein Leben in Freiheit.
    Ideen, die Tyrannen zu besiegen.
    Tikal mochte sich nicht recht davon anstecken lassen. Das lag nicht einmal wirklich daran, daß er es nicht für möglich hielt, das Joch der Knechtschaft abzustreifen; vielmehr wogen seine ganz eigenen Probleme zu schwer, als daß irgend etwas ihn davon abzulenken vermochte.
    Calot bemerkte, was in seinem jungen Begleiter vorging. Und so sprach er weiter, in der Hoffnung, seine Worte könnten ihm zumindest ein klein wenig Mut machen.
    »Die Dinge oben sind in Bewegung geraten. Die Ankunft einer Frau, die von den Tyrannen Mutter genannt wird, scheint das auslösende Moment gewesen zu sein. Und es kann kein Zufall sein, daß uns gerade jetzt die Erkenntnis zuteil wurde -«
    »- daß sie sterben wie wir. Ich weiß«, warf Tikal ein.
    Sein resignierender Tonfall schien Calot zu amüsieren.
    »So ist es«, sagte er munter. »Ich sehe darin ein Zeichen. Einen Aufruf, etwas zu tun.«
    Tikal brummte erst Unverständliches und sagte dann mißmutig: »Was könnten wir schon tun, um irgend etwas zu verändern? Blind wie wir sind .«
    Calots Tonfall gewann kaum an Schärfe, aber seine Worte waren dennoch von einer Eindringlichkeit, der Tikal nichts entgegenzusetzen hatte. »Noch kein Kampf wurde mit dem Augenlicht geführt, geschweige denn entschieden.«
    Schweigend gingen sie weiter ihres Weges. Calot mit einem Lächeln im entstellten Gesicht, Tikal mit einer Wärme in der Brust, in der

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