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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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ihn zu entwickeln, zum Teil heikle Fotos, Fotos, die während Beschattungen entstanden seien, niemals aber Bilder, auf denen Folterungen und sadistische Praktiken zu sehen wären. Das beschwöre er.
    »Der Mann lügt«, sagte Steinbeck. »Kallimachos und Beschattungen, daß ich nicht lache. Außerdem haben wir ja die Stempel gesehen. Was sagt er dazu?«
    »Er kann sich das nicht erklären. Vielleicht eine Fälschung, sagt er. Oder es existiert ein anderes Studio mit diesem Namen.«
    »Aber wohl kaum unter derselben Adresse.«
    »Sie haben natürlich recht. Aber ich befürchte, Herr Suez wird dabei bleiben, nichts zu wissen. Wir müssen ihn wohl ein bißchen härter anfassen, wenn wir etwas erfahren wollen.«
    »Sagen Sie ihm, ich will mir sein Studio ansehen. Die Räume da hinten, wo er herkam. Sagen Sie ihm, es wäre besser, zu kooperieren.«
    »Er wird mich fragen, wer Sie sind?«
    »Die Polizei. Genügt das nicht? – Außerdem …« Lilli bewegte sich jetzt auf den Mann namens Suez zu, stellte sich gerade vor ihn hin und sah herausfordernd in das Gelb seiner eingefärbten Augen. »Ich bin sicher, Herr Suez versteht jedes Wort, das wir sprechen.«
    Herr Suez lächelte mit Zähnen, die sich wie zwei Reihen blendendweißer Kricketspieler gegenüberstanden, und vollzog im übrigen eine Geste, die bedeuten sollte, sich nicht auszukennen.
    Stirling erklärte ihm, worum es gehe. Suez nickte, trat zur Seite und lud Steinbeck ein, in den hinteren Raum zu wechseln.
    Die Überraschung, die sich nun ergab, war nicht weiter dramatisch, dennoch bemerkenswert. Der Raum ließ nämlich die bisherige Schäbigkeit vermissen, vielmehr handelte es sich um ein modernst ausgestattetes Fotostudio. Apparate vom Feinsten, hohe Leinenbahnen, die zur Erde hingen, Scheinwerfer jeder Art, aufgereihte Stative. Von der Decke her fiel das letzte Tageslicht durch quadratisch unterteilte Milchglasscheiben. An einer Wand – Kante an Kante – hingen zwei meterhohe Fotos. Das eine zeigte den Kopf eines nordkoreanischen Soldaten, nur den Kopf, den man auf das Horn eines Ochsen aufgespießt hatte. Daneben die Ganzkörperabbildung von Maria Callas, auf irgendeinem Höhepunkt ihres Ruhmes, stark geschminkt, im Zustand erschöpfter Grandiosität.
    »Haben Sie die Fotos gemacht?« fragte Steinbeck.
    Stirling übersetzte die Frage. Herr Suez nickte demütig, ganz in der Art, als sei er nur der Diener eines Herrn.
    »Ich dachte, Sie machen keine Folterbilder.«
    Damit konfrontiert, erklärte Suez, beide Bilder im Auftrag der Agentur Magnum geschossen zu haben. Vor langer Zeit. Alles, was er tue, tue er im Auftrag. Er habe noch nie in seinem Leben ein einziges Foto aus eigenem Antrieb hergestellt. Dahingehend sei er jungfräulicher als jeder herumknipsende Athen-Tourist.
    »Das beantwortet meine Frage nicht«, sagte Steinbeck auf englisch, der dauernden Übersetzungen müde. Auch sonst müde.
    Herr Suez erwiderte, mit dem Englisch eines weitgereisten Menschen: »Das ist kein Folterbild, sondern Kriegsberichterstattung.«
    »Was ich sehe, »erläuterte Steinbeck, »ist ein auf drei Meter aufgeblasenes Foto eines vom Körper getrennten Schädels, welcher auf einem Tierhorn steckt. Das ist im doppelten Sinne pervers, wenn man die drei Meter bedenkt.«
    »Soweit ich Herrn Stirling verstanden habe«, blieb Suez vollkommen ruhig, »geht es um etwas Bizarreres, als wenn ein nordkoreanischer Soldat geköpft wird. Und wenn Sie die Größe des Fotos stört – die ist auftragsgemäß. Bestellt vom Guggenheim Museum. Wollen Sie die Kuratoren des Guggenheim Museums als Perverse bezeichnen?«
    »Darauf gebe ich Ihnen eine Antwort, wenn wir uns besser kennen.«
    »Denken Sie, daß das geschehen wird?«
    »Ich befürchte es«, sagte Lilli Steinbeck, sah auf die Uhr und meinte – erneut Deutsch sprechend und an Stirling gerichtet –, es sei Zeit zu gehen. Sie wolle endlich einmal wieder ihr Prinzip erfüllen, spätestens um neun Uhr im Bett zu sein.
    »Sie kommen doch mit mir mit, nicht wahr?« erkundigte sich Stirling ängstlich. »Ich meine, meine Frau würde sich freuen …«
    »Keine Angst. Wenn ich schlafen gehe, lege ich den kleinen Leon zu mir. Die Ruhe wird uns beiden guttun.«
    »Und Herr Suez?« fragte Stirling.
    »Er läuft uns nicht davon«, erklärte Steinbeck. In der Folge lauter, jetzt wieder Suez ansehend: »Nicht wahr, Sie laufen uns nicht davon?«
    Herr Suez blickte gelb- und großäugig von Steinbeck zu Stirling und schüttelte leicht den Kopf, als

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