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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Caleb ins Heu setzte.
    Calebs Unglück war fast körperlich
zu spüren. »Es war das verdammte Baby«, sagte er erstickt. »Es hat Mama umgebracht.«
    Joss legte beide Hände um Calebs
Gesicht und schaute seinem Bruder in die Augen. Sein Gesichtsausdruck war
streng, doch seine Stimme sanft: »Laß mich so etwas nie wieder hören, Junge.
Wenn du es noch einmal sagst, schleppe ich dich in den Schuppen und gebe dir
eine ordentliche Abreibung. Das kleine Mädchen ist deine Schwester, und wir
werden uns um sie kümmern. Sie ist eine Halliday.«
    Nun brach Caleb ganz zusammen. So
stimmte es also – wenn Joss es nicht abstritt, war es wahr. Mama war wirklich
tot, und Joss, Caleb und das schreiende Baby waren die einzigen, die noch von
der Familie übrig waren.
    Ein heiseres Schluchzen entrang sich
seiner Kehle, und er spürte, wie Joss den Arm um seine Schulter legte.
    »Weine nur«, sagte Joss leise und
legte das Kinn auf Calebs Kopf. »Mit der Zeit wird der Schmerz vergehen. Hab'
keine Angst, mein Junge, ich werde für euch sorgen – für dich und für die
kleine Abigail. Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich werde immer für dich da
sein.«
    Ich werde immer für dich da sein. Noch Jahre später, als Caleb in
seinem Hotelzimmer saß, hallten die Worte in seinen Gedanken wider. Joss war
noch immer auf der Farm, aber an einem heißen Tag während des Krieges war etwas
Schreckliches zwischen ihnen vorgefallen. Und heute war Caleb für Joss so tot,
wie es seine Mutter und sein Vater waren.
    Abigail hatte geschrieben, daß es
sogar einen Grabstein mit Calebs Namen auf dem Familienfriedhof gab.
    Ein quälendes Gefühl des Verlustes
erfaßte Caleb. Er glitt vom Bett, bemüht, die Gedanken an seinen starrsinnigen
Bruder aus seinem Bewußtsein zu verbannen.
    Er blickte aus dem Fenster und
starrte auf den getrockneten Schlamm auf der Hauptstraße der kleinen Stadt.
Morgen mußte er nach Fort Deveraux zurück und seine Arbeit wieder aufnehmen. Er
war gezwungen, Lily zu verlassen.
    Eine Kutsche ratterte vorbei,
beladen mit Vorräten für das Fort. Caleb wandte sich ab und rieb nachdenklich
sein Kinn. Es mußte doch eine Möglichkeit geben, Lily mitzunehmen!
    Er spielte mit dem Gedanken, sie als
seine Haushälterin einzustellen, anstatt ihr ein Haus in Tylerville
einzurichten, aber er wußte genau, was dann geschehen würde. Der Klatsch, der
daraus resultierte, würde Lilys Stolz für immer brechen. Außerdem würde sie
nie auf einen solchen Vorschlag eingehen.
    Caleb schritt unruhig durch den
Raum. Mrs. Tibbet, die Frau des Colonels, suchte ständig eine Haushälterin.
Jedesmal, wenn sie eine neue einstellte, heiratete diese einen der Soldaten,
der irgendwann seinen Abschied nahm, und Mrs. Tibbet war wieder ohne Hilfe.
Ganz unvermittelt grinste Caleb. Falls Lily die Stellung akzeptierte, wäre sie
ganz in der Nähe, und er hätte Gelegenheit, sie zu seiner Denkweise zu
bekehren. Natürlich würde er sie umwerben, wie es sich gehörte, obwohl er nicht
die Absicht hatte, je zu heiraten, weder sie noch irgendeine andere Frau. Aber
mit der Zeit würde er ihr die Freuden näherbringen, die ein guter Mann einer
Frau im Bett schenken konnte.
    Ein leises Schuldbewußtsein stellte
sich bei ihm ein, als er an Bianca dachte und wie sie ausgesehen hatte, als er
ihr sagte, er habe eine andere kennengelernt und könne sie nicht mehr besuchen. Sie hatte sich abgewandt und
stolz gesagt, sie sei es ohnehin leid, die Mätresse eines Soldaten zu sein.
    Caleb verdrängte Bianca aus seinen
Gedanken, wie er es zuvor mit Joss getan hatte.
    Zum tausendsten Mal öffnete er seine
Taschenuhr und sah, daß es Zeit wurde, zum Dinner zu Mrs. McAllister zu gehen.
    Da es keine Blumen in Tylerville zu
kaufen gab, überredete Caleb den Gemischtwarenhändler, sein Geschäft zu öffnen,
und kaufte einen großen Karton französischer Pralinen.
    Lily öffnete selbst die Tür des
Hauses, in dem sie wohnte. Doch ihr Verhalten drückte eher Resignation als
Freude aus, und Caleb unterdrückte ein Lächeln. Die Zeit würde schon noch
kommen, wo sie ihm entgegeneilen, ihre Arme um seinen Hals schlingen und ihren
köstlichen kleinen Körper an seinen schmiegen würde.
    Sie bemerkte die Pralinen in seiner
Hand. »Guten Abend«, sagte sie kühl.
    Ganz unvermittelt stellte Caleb sich
Lily im großen Salon des Hauses in Fox Chapel vor; sie trug Seide und Satin und
begrüßte anmutig die Gäste, die er geladen hatte. Der Neid aller Männer
nördlich der Mason-Dixon-Linie wäre

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