LIMIT - reich, gewissenlos, tot
weil du bei mir bist.«
Cheyenne hörte, wie Mickeys Atemzüge tief und regelmäßig wurden. Sie sah ihn lange an, hätte sich am liebsten zu ihm gelegt. Einen Mann wie ihn, so solide, reif und voller Einfälle, so einen suchte sie seit Langem. Natürlich hatte auch er seine Fehler, aber zumindest lag ihm daran, sich zu bessern.
Doch irgendetwas an dieser Geschichte mit dem Geld war faul. Sie schaltete das Licht aus, stieg aus dem Bett, suchte ihre Kleider zusammen und ging ins Bad, um sich zu duschen und anzuziehen.
Sie hinterließ Hennessy eine Nachricht, in der stand, sie könne nicht schlafen, und ging zurück an die Rezeption, um sich ein Zimmer geben zu lassen, in dem sie arbeiten konnte.
»Komm mich besuchen, wenn du ausgeschlafen hast«, schrieb sie und schlich sich aus der Tür.
Sie hatte sich ein Zimmer mit schneller Internetverbindung geben lassen. Es lag auf der gegenüberliegenden Seite des Parkplatzes. Cheyenne brühte Kaffee auf, startete ihren Computer und setzte sich hinter den Schreibtisch. Sie wusste nicht, wonach sie suchte, außer vielleicht nach einer Erklärung für die vielen Leerverkäufe am 31 . Dezember.
Sie rief Scott Timmons an, einen Ermittler bei der Börsenaufsicht. Ikeda und sie hatten schon mehrfach in interdisziplinären Ermittlungsteams mit Timmons zusammengearbeitet, um nach Korruption im White-Collar-Sektor zu suchen. Er war nicht zu Hause, also hinterließ sie ihm die Nachricht, sie sei in den Jefferson-Club-Fall involviert und brauche ein paar Auskünfte.
Bevor sie wieder an Schlaf denken konnte, öffnete sie die PDF -Dateien, die Ikeda ihr geschickt hatte. Sie durchsuchte Bankendokumente aus sechzehn verschiedenen Ländern, konsultierte Interpol, den U.S.-amerikanischen Fiskus, SWIFT und ein halbes Dutzend weitere Bankregulierungsbehörden in Übersee.
Es war wie ein Finanz-Puzzle, bei dem zu viele Teilchen fehlten. Sie hatte die Kontonummern und mutmaßlichen Namen der Kontoinhaber. Doch zumeist handelte es sich um Briefkastenfirmen, die in den Geldwäscheparadiesen auf der ganzen Welt gegründet worden waren.
Sie bemerkte die Namen Gil Tepper und Gil Tran Tepp. Sie waren angeblich im Vorstand von acht oder neun Scheinfirmen. In drei Fällen war Tepper als Firmenpräsident gelistet. Als bevollmächtigter Anwalt bei der Firmengründung war »Ludwig Meyer« angegeben. Meyers Wohnsitz war in Liechtenstein, in Vaduz. Die Konten, die das Geld passierte, wurden alle bei derselben Privatbank in Zürich geführt.
Sie gab Meyer bei Google ein und fand seine Website. Der Rechtsanwalt bot schnelle, vertrauliche Arbeit an und hatte sich auf die Organisation von Scheinfirmen spezialisiert, die dazu benutzt werden konnten, um Konten in Privatbanken zu eröffnen. Zu ihrer Überraschung gab Meyer seine Büro- und Privatadresse und sämtliche Handynummern an.
»Immer zu haben für ein bisschen Schmiergeld«, murmelte sie. Einer plötzlichen Laune folgend, griff sie zum Telefon, ließ sich eine Leitung freischalten und tippte Meyers Privatnummer ein. »Meyer«, meldete sich zu ihrer Überraschung eine belegte, benommene Stimme.
Sie nannte ihm ihren Namen und sagte, sie suche Informationen über einen gewissen Tepper. Der Anwalt berief sich zunächst auf seine Verschwiegenheitspflicht, lenkte aber ein, als sie hinzufügte, ihr Interesse habe mit dem Überfall auf den Jefferson Club zu tun. Er habe Tepper nie persönlich kennengelernt, sagte er dann. Sie hätten ausschließlich telefonisch, brieflich und per E-Mail kommuniziert. Widerstrebend erklärte er sich bereit, ihr, sobald er ins Büro käme, Kopien sämtlicher Dokumente zu schicken, die Tepper betrafen.
In Montana war es mittlerweile kurz vor sieben Uhr abends. Sie fragte sich, ob sie Mickey aufwecken sollte, damit sie gemeinsam essen gehen könnten. Da klingelte ihr Handy. »O’Neil.«
»Scott Timmons«, meldete sich ein weicher Bariton. »Cheyenne, wie kommst du an den Jefferson-Club-Fall?«
»Lange Geschichte«, sagte sie, während sie versuchte, ihr müdes Hirn wieder auf Touren zu bringen. »Aber eine der Spuren, denen wir nachgehen, sind die vielen Leerverkäufe vom 31 . Dezember. Wie kann ich herausfinden, wer alles geshortet hat?«
»Es gibt keine Meldepflicht, falls du das meinst«, sagte Timmons. »Wir erhalten für gewöhnlich Tipps von Brokern, wenn auffallend hohe Einsätze auftauchen, aber bis jetzt hab ich noch nichts gehört. Wenn sie es schlau genug angestellt haben, kriegen wir womöglich gar nichts
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