LIMIT - reich, gewissenlos, tot
Also hat er geshortet.«
»Wie groß war die Position?«, fragte sie.
Stille. »So groß, dass er bis Weihnachten viele hundert Millionen verloren hat. So groß, dass ich ihm sagte, er solle seine Verluste begrenzen. Aber das hat er nicht getan. Deshalb ist er ja auch ein Genie und ich bin nur ein Broker.«
»Dann hat er also Profit gemacht, als der Markt abgerauscht ist, ist das korrekt?«, sagte sie. Diesmal dauerte Murphys Schweigen eine halbe Ewigkeit. Schließlich hatte sie die Warterei satt und meinte: »Mr. Murphy?«
»Ja, hat er, und die Summe ist beachtlich.«
»Sprechen wir von mehreren hundert Millionen?«
»Eher von neun Milliarden«, erwiderte Murphy gereizt.
»Neun Milliarden?« Cheyenne war beeindruckt. »Das geht?«
»Natürlich geht das«, sagte Murphy, »zumindest für einen Visionär wie Horatio. Er ist zwar bestürzt über die Ereignisse, die den Markt korrigiert haben, aber indem er sein Geld querbeet in Stammaktien investiert, setzt er seinen Gewinn zum Nutzen anderer Anleger ein, weil die Märkte sich stabilisieren. Wir haben vor einer Stunde geöffnet, und der Dow geht wieder nach oben.«
»Darauf möchte ich wetten«, sagte sie leise für sich, ehe ihr etwas einfiel. »Hatte Mr. Burns abgesehen von den Put-Optionen am 31 . Dezember noch andere Positionen auf dem Markt?«
»Er hat den Dollar geshortet und Gold gekauft«, sagte Murphy kurz angebunden.
»Traditionelle Absicherungsstrategie«, sagte sie. »Keine Aktien?«
»Nein«, erwiderte Murphy.
»Hat er die Put-Optionen ohne Sicherheiten gekauft?«
»Wenn Sie damit sagen wollen, dass er nicht genügend Kapital im Hintergrund hatte, um die Put-Optionen auszugleichen, dann haben Sie recht.«
Cheyenne schüttelte verdutzt den Kopf. »Warum sollte er ein solches Risiko eingehen?«
»Das müssen Sie ihn schon selber fragen«, sagte Murphy knapp. »Ich kann Mr. Burns’ komplexe Strategien nicht mal annähernd verstehen.«
»Na schön«, räumte sie ein. »Wissen Sie, wo ich ihn finde?«
»Ich bin zwar nicht sein Sekretär, Agent O’Neil, aber ich weiß es in der Tat«, sagte Murphy. »Ich habe eben mit ihm gesprochen. Er ist auf dem Weg zum Flughafen in Bozeman. In etwa einer Stunde besteigt er den HB 1 -Jet nach New York.«
HB 1 Financial hatte am östlichen Ende von Gallatin Field einen Jet-Port gebaut, eigens für die Mitglieder des Jefferson Clubs, die auf diese Weise dem gewöhnlichen Volk im allgemeinen Terminal aus dem Weg gehen konnten. Der Jet-Port verfügte über zwei geräumige Hallen, ein breites Rollfeld und eine private Luxus-Lounge, in der Clubmitglieder auf ihre Flüge warten oder nach einem langen Flug ein kühles Pellegrino zu sich nehmen konnten.
Der Himmel war bedeckt, und es schneite leicht, als zwei Sanitäter Bridger Hennessy auf seinem Rollbett in den Jet-Port-Terminal schoben. Hennessy folgte ihm, noch müde, aber dankbar, dass Patricia alles arrangiert hatte und den Kindern bereits nach Boston vorausgereist war. Eine freundliche ältere Japanerin, gekleidet in den Farben des Jefferson Clubs, kam hinter dem Schalter hervor, als sie Hennessy mit Hailey und Connor im Schlepptau hereinkommen sah.
»Oh, Mr. Hennessy«, rief sie. »Ich bin ja so froh, dass Sie und Ihre Kinder gesund und munter sind.«
Lee Chiba war Empfangsdame am Jet-Port. Hennessy hatte sie während des Einstellungsverfahrens auf Herz und Nieren geprüft und sah sie regelmäßig, wenn er ab- oder anreiste.
»Danke, Lee«, sagte er und stellte ihr die Kinder vor.
Auf der Fahrt vom Krankenhaus hatte Hailey geklagt, dass ihre Hände unter dem Verband brannten, und machte ein mürrisches Gesicht. Connor schien noch nicht ganz wach zu sein. So fiel ihre Begrüßung nicht sonderlich enthusiastisch aus. Bridger dagegen hatte eben eine Spritze bekommen und winkte der Empfangsdame lebhaft zu, als wären sie alte Freunde.
»Hallo, Lee«, sagte er. »Haben Sie Kaviar hier?«
»Kaviar?«, fragte Hennessy.
»Er fährt total darauf ab, seit wir im Haus der Burns’ waren«, erklärte Connor.
Lee Chiba grinste. »Natürlich gibt’s hier Kaviar, und zwar im Fach über dem Kühlschrank in der Lounge. Ms. Isabel liebt Kaviar. Warum geht ihr nicht rein? Wir haben eben mit dem Jet-Piloten gesprochen. Sie kommen in etwa fünfundzwanzig Minuten hier an. Na los. Da drin warten schon ein paar Fans auf euch.«
Die Sanitäter schoben Bridger durch eine Flügeltür links neben dem Empfang. Hennessy, Hailey und Connor folgten ihnen in einen
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