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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Eingänge umfassend. Jericho überflog sie und konzentrierte sein Augenmerk auf die Zeit unmittelbar vor Yoyos Flucht.
    Da war etwas.
    Schlagartig verflog seine Müdigkeit. Rund eine halbe Stunde, bevor Yoyo die Wohngemeinschaft verlassen hatte, waren Daten auf ihren Computer transferiert worden, zwei Dateien unterschiedlichen Formats. Er wies Diane an, eine davon zu öffnen. Sie entpuppte sich als schimmerndes Symbol ineinander verschlungener Linien. Es pulsierte, als atme es. Jericho sah genauer hin.
    Schlangen?
    Tatsächlich erinnerte es an ein Schlangennest. Schlangen, die sich zu einer Art Reptilienauge verbanden. Es schien im Zentrum eines Körpers zu ruhen, dem die Schlangenleiber entwuchsen: ein einziges, surreal anmutendes Wesen, das in Jericho Assoziationen an Schulbesuche auslöste.
    Wo krochen in der Mythologie überall Schlangen herum?
    Er nahm die zweite Datei in Augenschein.
     
    friends-of-iceland.com
    en-medio-de-la-suiza.es
    Brainlab.de/Quantengravitationstheorie/Planck/uni-kassel/32241/html
    statt
    Vanessacraig.com
    Hoteconomics.com
    Littlewonder.at
     
    Jericho massierte sein Kinn.
    Man musste nicht besonders intelligent sein, um zu verstehen, was damit gemeint war. Drei Webseiten sollten ausgetauscht werden. Er fragte sich, wie Yoyo an die Daten gekommen war. Nacheinander ließ er Diane die drei zuoberst stehenden Seiten öffnen, durchweg für jedermann zugängliche und unverfängliche Adressen, friends-of-iceland war ein Blog. Schottischstämmige Auswanderer nach Island tauschten darin Erfahrungen aus, gaben Neuankömmlingen und solchen, die sich mit dem Gedanken der Immigration trugen, nützliche Tipps und stellten Fotos ins Netz. Auch en-medio-de-la-suiza war den Reizen des Auslands gewidmet. In Spanien erstellt, bot die Seite reichlich Anschauungsmaterial über die Schweiz, dargelegt in 3-D-Filmen. Jericho schaute sich einige davon an. Sie waren aus einem Flugzeug oder Helikopter heraus gedreht worden. In niedriger Höhe überflog er Zürich, Landschaften des Kantons Uri und pittoreske Ansammlungen von Häusern und Scheunen, die wie hingewürfelt um einen gewundenen Flusslauf lagen.
    Brainlab.de/Quantengravitationstheorie/Planck/uni-kassel/32241/html schließlich kam aus Deutschland und bestand aus eng gesetzten Zeilen, die auf zwölf Seiten ein Phänomen behandelten, das die Physik als Quantenschaum bezeichnete. Es beschrieb, was passierte, wenn man die Quantentheorie und die Allgemeine Relativitätstheorie auf die sogenannte Planck-Länge anwendete, wobei man blubbernde Raumzeitbläschen und zugleich ein wissenschaftliches Dilemma erhielt, weil das Blubbern die Berechnungen der Allgemeinen Relativität außer Kraft setzte. Der Text wies einen bemerkenswerten Mangel an Absätzen auf und war eindeutig für Leute geschrieben, deren Vorstellung von Ekstase eine mit Formeln vollgekritzelte Schiefertafel war.
    Schottland, Spanien, Deutschland. Die Freuden Islands. Die Schönheit der Schweiz. Quantenphysik.
    Kaum geeignet, Furcht und Entsetzen auszulösen.
    Neugierig lud er die Webseiten, die ausgetauscht werden sollten, hoch. Vanessa Craig entpuppte sich als Studentin der Agrarwissenschaften aus Dallas, Texas, die ein paar Monate Austauschaufenthalt in Russland verbrachte und in ihrem Online-Tagebuch wenig Mitreißendes über eine kleine Universitätsstadt in der Nähe Moskaus zu berichten wusste. Sie hatte Heimweh, Liebeskummer und beklagte die niedrigen Temperaturen, denen die russische Seele ihre angeborene Wehmut verdanke. Hinter Hoteconomics verbarg sich ein amerikanischer Wirtschaftsticker, Littlewonder war ein österreichisches Portal für handgemachtes Spielzeug, spezialisiert auf die Bedürfnisse von Kindern im Vorschulalter.
    Was sollte das alles? Was hatten Reiseberichte, Spielzeug, Quantenphysik, die Weltwirtschaft und die Aufzeichnungen einer unentwegt frierenden Amerikanerin gemeinsam?
    Nichts.
    Und damit exakt, was die Qualität toter Briefkästen ausmachte. Man ging vorbei, schaute sie an, ohne im Mindesten den Verdacht zu hegen, sie könnten etwas anderes enthalten als das, was sie nun mal enthielten. Yoyo musste die Gemeinsamkeiten gefunden haben. Das, was man nicht sah, was aber vorhanden war. Ein weiteres Mal öffnete Jericho die spanische Adresse mit den Filmaufnahmen aus der Schweiz, tippte auf das Schlangensymbol und zog es auf die Seite.
    Nichts geschah. Wie von Gummibändern gezogen huschte es zurück in den leeren Raum des Displays.
    »Komisch«, murmelte Jericho. »Ich

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