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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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doch nicht blöde! Keine Nation der Welt ist heute noch in der Lage, seriöse Raumfahrt aus Haushaltsmitteln zu bestreiten. Glaubst du im Ernst, diese fröhliche Staatengemeinschaft, die damals in trauter Eintracht an der ISS gewerkelt hat, wäre im Multikulti-Fieber gewesen? Bullshit! Keiner hatte das Geld, es alleine zu tun. Es war der einzige Weg, überhaupt irgendwas hochzuschießen, ohne dass sich E.T. darüber schlappgelacht hätte. Dafür mussten sie an einem Strang ziehen, sich gegenseitig in die Karten gucken lassen, mit dem Ergebnis, dass kaum was ins Rollen kam! An allen Ecken und Enden fehlte es, jeder Mist wurde budgetiert, nur nicht die Raumfahrt. Erst die Privaten haben das geändert, seit Burt Rutan 2004 mit SpaceShipOne der erste kommerzielle Suborbitalflug gelang, und wer hat den damals finanziert? Etwa die Vereinigten Staaten von Amerika? Etwa die NASA?«
    »Ich weiß«, seufzte Palstein. »Es war Paul Allen.«
    »Eben! Paul Allen, Mitbegründer von Microsoft. Privatunternehmer haben der Politik gezeigt, wie es schneller und effizienter geht. So wie ihr, als deine Branche noch was darstellte. Ihr habt Präsidenten gemacht und Regierungen gestürzt. Jetzt sind es Leute wie ich, die den Haufen Staatsbankrotteure, Bedenkenträger und Nationalisten einfach ausbezahlen. Wir haben mehr Geld, mehr Know-how, die besseren Leute, das kreativere Klima. Ohne Orley Enterprises gäbe es keinen Weltraumfahrstuhl, keinen Mondtourismus, die Reaktorforschung wäre nicht so weit, nichts wäre so weit. Die NASA mit ihren paar Kröten würde weiterhin jeden Furz, den sie lässt, vor irgendwelchen inkompetenten Kontrollausschüssen verantworten müssen. Wir hingegen lassen uns nicht kontrollieren, von keiner Regierung der Welt! Und warum? Weil wir keiner Regierung verpflichtet sind. Glaub mir, dafür ist auch Rogaschow empfänglich.«
    »Trotzdem solltest du ihm nicht gleich das Benutzerhandbuch der OSS in die Hand drücken. Er könnte auf die Idee kommen, sie nachzubauen.«
    Julian lachte vergnügt. Dann wurde er plötzlich ernst.
    »Gibt's irgendwas Neues in Sachen Attentat?«
    »Nicht wirklich.« Palstein schüttelte den Kopf. »Inzwischen sind sie sich einigermaßen sicher, von wo der Schuss abgefeuert wurde, aber so richtig hilft ihnen das auch nicht weiter. Es war halt eine öffentliche Veranstaltung. Da waren jede Menge Menschen.«
    »Mir ist immer noch schleierhaft, wer ein Interesse daran haben könnte, dich zu töten. Eurer Branche geht die Luft aus. Niemand ändert das, indem er Ölmanager erschießt.«
    »Menschen denken nicht rational.« Palstein lächelte. »Sonst hätten sie dich erschossen. Du hast den Helium-3-Transport im großen Stil ermöglicht. Dein Fahrstuhl hat meine Branche in den Keller gefahren.«
    »Mich könnten Sie tausendmal erschießen, die Welt würde dennoch auf Helium-3 umgestellt.«
    »Eben. Solche Taten geschehen nicht aus Berechnung, sondern aus Verzweiflung. Aus blankem Hass.«
    »Unverständlich. Hass hat noch nie was zum Besseren gewendet.«
    »Aber bis heute die meisten Opfer gefordert.«
    »Hm, ja.« Julian schwieg und rieb sich das Kinn. »Ich bin niemand, der hasst. Hass ist mir fremd. Ich kann wütend werden! Jemanden zum Teufel wünschen und ihn hinschicken, aber nur, wenn es einen Sinn ergibt. Hass ist etwas vollkommen Sinnloses.«
    »Also werden wir den Mörder so lange nicht finden, wie wir nach dem Sinn suchen.« Palstein rückte die Schlinge zurecht, die seinen Arm hielt. »Was soll's. Eigentlich habe ich auch nur angerufen, um euch eine gute Reise zu wünschen.«
    »Nächstes Mal bist du auf jeden Fall dabei! Sobald es dir besser geht.«
    »Ich würde das alles sehr gerne sehen.«
    »Du wirst es sehen, Mann!« Julian grinste. »Du wirst auf dem Mond spazieren gehen!«
    »Also viel Glück. Zieh ihnen das Geld aus der Nase.«
    »Mach's gut, Gerald. Ich melde mich bei dir. Von ganz oben.«
    Palstein lächelte. »Du bist ganz oben.«
    Julian betrachtete nachdenklich den leeren Bildschirm. Vor über einem Jahrzehnt, als die Ölbranche mit ihren Renditen und Preisanhebungen noch die Kartellämter beschäftigt hatte, war Palstein eines Tages in seinem Londoner Büro aufgetaucht, neugierig, woran dort gearbeitet wurde. Gerade hatte die Verwirklichung des Fahrstuhls einen herben Rückschlag erlitten, weil das hoffnungsvolle neue Material, aus dem das Seil gewoben werden sollte, irreparabel erscheinende Kristallbaufehler aufwies. Die Welt wusste bereits, dass im Mondstaub

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