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Limonow (German Edition)

Limonow (German Edition)

Titel: Limonow (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmanuel Carrère
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vollbringen.
    Wer von beiden fand den Namen Nationalbolschewistische Partei? Später, als sie sich trennen, reklamieren sie ihn beide für sich. Noch später, als sie versuchen, ehrenwert zu werden, wälzt jeder die Idee auf den anderen ab. Einstweilen aber sind beide noch davon begeistert. Sie sind begeistert vom Titel, den Eduard ohne auf Widerspruch zu stoßen für ihre zukünftige Zeitung gefunden hat: Limonka , die Handgranate. Und letztlich sind sie auch begeistert von der Fahne, die ein auf die Landschaften Umbriens und der Toskana spezialisierter Maler unter ihren lammfrommen Freunden auf dem Küchentisch entwirft. Diese Fahne, ein weißer Kreis auf rotem Grund, erinnert an die Fahne der Nazis, nur dass in dem weißen Kreis kein schwarzes Hakenkreuz prangt, sondern Hammer und Sichel.
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    Sie haben eine Fahne und die Namen für eine Zeitung und eine Partei. Und sie haben einen Anhänger: den ukrainischen Studenten Taras Rabko. Das ist immerhin ein Anfang. Auch ihre Vorbilder, die Bolschewiken, Faschisten und Nazis, haben bei ihrem Aufstieg zur Macht nicht weiter oben auf der Leiter begonnen. Was allerdings fehlt, ist Geld. Eduard kehrt nach Paris zurück in der Hoffnung, dort welches aufzutreiben.
    Er verbringt den ganzen Sommer 1993 dort, und es ist ein seltsamer Aufenthalt. Schon seit fast zwei Jahren kommt er zwischen den politischen Geschäften in Moskau und den wo auch immer ausbrechenden Kriegen nur noch auf Durchreise zu Hause vorbei. In der Wohnung, die er mit Natascha teilt, fühlt er sich fremd. Er ist das Zusammenleben nicht mehr gewohnt, und sie hat sich daran gewöhnt, allein zu leben und mit anderen zu schlafen als ihm. Die Freunde, die er in der kleinen Pariser Welt hatte, kehren ihm von seinen bosnischen Heldentaten ernüchtert den Rücken zu. Eine Pressekampagne prangert das Zusammenwirken zwischen extremer Rechten und extremer Linken an, und in der Tat, sollte man ein Phantombild dessen erstellen, was man »braun-rot« zu nennen beginnt, wäre Eduard wohl das beste Modell. Sein Kurswert ist ganz unten, seine früheren Verleger wollen ihn am Telefon nicht sprechen. Egal: Er sieht sich nicht mehr als Literaten, sondern als Krieger und Berufsrevolutionär, und die Tatsache, in diesem Milieu von zartbesaiteten Kleinbürgern das schwarze Schaf zu sein, ist ihm gar nicht unrecht. Das Problem ist nur, dass er keine anderen Einnahmequellen als die Literatur kennt, dass er seine Kriegsreportagen lediglich bei einem von einem serbischen Patrioten geleiteten Verlag namens »L’âge d’homme«, das Erwachsenenalter, loswird und seine Suche nach Finanzmitteln ins Leere läuft. Dugin, der Verbindungen zur gesamten extremen Rechten Europas unterhält, war sehr optimistisch, als er ihn an seine Kontakte verwies. Doch Eduard läuft von kleinen eingeschworenen Zeitschriften zu öden Brutstätten, ohne von den scheuen Holocaust-Leugnern, die diese unterhalten, etwas anderes zu bekommen als schöne Worte, denn jeder tut sich schwer genug damit, seinen eigenen kleinen Laden durchzubringen. Was Eduards Beziehungen betrifft, weiß er, dass ihm auch als sonst überall unerwünschter Person eine Tür immer offen steht: die von jemandem, den nichts schockiert und den kein schlechter Ruf schrecken kann. Leider wohnt Jean-Edern Hallier nicht mehr an der Place des Vosges. Für seine Behauptung, Bernard Tapie sei unseriös, wurde er zu vier Millionen Francs Schmerzensgeld verurteilt und musste praktisch über Nacht die große Wohnung verkaufen, in der die Sitzungen von L’Idiot abgehalten worden waren. Erdrückt von anhängigen Prozessen, hochverschuldet und belastet mit einer allmählich eingehenden Zeitung hat Jean-Edern offensichtlich keinen Heller übrig, den er Eduard geben könnte. Dafür lädt er ihn zu einem Besuch in sein Schloss in der Bretagne ein.
    Eduard fährt mit Natascha hin. Seit mehreren Jahren hat keiner von beiden das gemacht, was normale Leute Urlaub nennen. Das Anwesen beeindruckt sie ob seiner verwahrlosten Größe und seines mangelnden Komforts. In die Zimmer regnet es hinein, und auch der Hausherr ist in keinem besonders guten Zustand. Fast blind muss er sich einer Lupe bedienen, um auf dem Telefon die Nummern zu wählen, doch das hält ihn nicht davon ab, mit seinem alten Golf auf den kleinen Landstraßen mit dem Gaspedal am Anschlag zu fahren und gleichzeitig zu vergessen, die Handbremse zu lösen. Am ersten Tag machen sie Einkäufe, denn sie erwarten den Besuch von Le Pen, der zu einem

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