Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
„Ich muss mich beeilen, um einem Schauer zu entgehen. Wann essen wir heute zu Abend?“
Claire blickte ihn ungläubig an. „Heute Abend?“ Drei Abende hintereinander.
„Ja. Ich werde kochen. Schließlich ist es die erste Mahlzeit in meiner neuen Wohnung. Du hast doch nichts anderes vor, oder?“
„Nein.“
„Gut. Ich hole dich um halb sieben ab.“ „Ich komme mit meinem Wagen. Dann brauchst du nicht mitten im Kochen aufzuhören.“
Max blickte sie kühl an. „Ich sagte, dass ich dich abhole. Du wirst nachts nicht allein nach Hause fahren. Meine Mutter würde mich enterben, wenn ich es zuließe.“
Claire zögerte. Sie lernte allmählich, wie unnachgiebig Max sein konnte, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Hinter seinem lässigen Charme verbarg sich ein eiserner Wille, so hart und unbeugsam wie Stahl. Sie hatte es bereits einige Male gespürt, wenn auch stets nur flüchtig.
Max hob ihr Kinn mit einem Finger und setzte seinen Charme ein, indem er sie mit funkelnden Augen anblickte. „Halb sieben?“
Sie schaute auf ihre Uhr. Sie hatte die Mittagspause bereits überzogen und keine Zeit, über eine so unwichtige Kleinigkeit zu diskutieren.
„Also gut. Ich werde fertig sein.“
Max ist wirklich ein Überredungskünstler, dachte Claire seufzend,während sie das Büro betrat. Wenn sein Charme nicht ausreichte, setzte er seine kühle Autorität ein. Gewöhnlich wirkte sein Charme überzeugend genug. Wann mochte ihm zum letzten Mal jemand etwas abgeschlagen haben? In diesem Jahrzehnt bestimmt nicht, dachte sie, denn selbst sie, die vor gut aussehenden Charmeuren so auf der Hut war, konnte ihm nicht widerstehen.
Voller Vorfreude eilte Claire am Abend nach Hause. Sie duschte hastig und föhnte sich gerade die Haare, als das Telefon klingelte.
„Also, schieß los“, drängte Martine, sobald Claire den Hörer abnahm. „Ich will alles über diesen tollen Mann wissen.“
Welch ein Wunder, dachte Claire, dass Martine ihre Neugier so lange gezügelt und nicht schon im Büro angerufen hat. Sie schwieg eine Weile nachdenklich. Was wusste sie über Max? Dass er drei Schwestern und einen Bruder hatte, aus England stammte und sich mit Immobilien beschäftigte. Das hatte ihre Familie bereits am Abend zuvor erfahren. Sie wusste außerdem, dass er sich elegant kleidete, einen teuren Geschmack und untadelige Manieren besaß. Ansonsten wusste sie gar nichts, nicht einmal sein Alter. „Er ist nur ein Freund“, erwiderte sie schließlich, weil ihr nichts anderes einfiel.
„Und die Mona Lisa ist nur ein Gemälde.“
„Im Wesentlichen, ja. Es ist nichts zwischen uns, außer Freundschaft.“
„Na ja, wenn du meinst …“ Skepsis klang aus Martines Stimme. „Wirst du ihn wiedersehen?“
Claire seufzte. „Ja.“
„Aha!“
„Da gibt’s kein ‚aha‘. Wir sind wirklich nur Freunde. Du hast ihn doch gesehen. Also wirst du dir wohl ausmalen können, wie er von Frauen verfolgt wird. Er ist es einfach leid, und er fühlt sich wohl mit mir, weil ich ihm nicht nachstelle.“
Martine zog ausdrucksvoll die Augenbrauen hoch. Sie glaubte durchaus, dass Claire ihm nicht nachstellte, aber sie glaubte nicht eine Sekunde lang, dass er sich nur mit ihr traf, weil er sich „wohl“bei ihr fühlte. Sie kannte sich mit Männern aus, und ein einziger Blick auf Maxwell Benedict hatte ihr verraten, dass er männlicher und leidenschaftlicher als die meisten war, und dass es ihn unglaublich reizen musste, wenn Claire ihn als geschlechtslos ansah. Vielleicht war Claire zu verträumt, um das zu merken. „Wenn du sicher bist …“
„Ich bin ganz sicher, glaub mir“, beharrte Claire und beendete hastig das Gespräch. Nervös blickte sie zur Uhr. Es war schon beinahe sechs.
Eilig trocknete sie ihr Haar, schlüpfte in eine beige Leinenhose und einen blauen legeren Sweater und betrachtete sich kritisch im Spiegel. War diese Aufmachung zu lässig? Max kleidete sich stets so gut und besaß diesen englischen Sinn für Formalität. Doch ein weiterer Blick zur Uhr verriet ihr, dass ihr keine Zeit mehr blieb, sich umzuziehen.
Gerade hatte sie ihr Make-up beendet, als es auch schon klingelte. Es war Punkt halb sieben Uhr. Sie ergriff ihre Handtasche und eilte zur Tür.
„Ah, du bist fertig, wie gewöhnlich“, bemerkte Max anerkennend. „Du brauchst eine Jacke. Es regnet.“ Winzige Wassertropfen glitzerten auf seinem Tweedjackett und seinem Haar.
Sie holte eine Jacke, und als sie zurückkehrte, legte er
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