Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
sie sich mit dieser neu entdeckten Seite ihres Wesens auseinandersetzen konnte. Eserschreckte sie, dass Max solche Macht über sie besaß, dass er eine solch hemmungslose Leidenschaft in ihr entfesseln konnte, nachdem sie sich ihr Leben lang in Zurückhaltung geübt hatte.
Langsam schlüpfte sie aus dem Bett und suchte auf dem Fußboden nach ihrem Kleid. An der Tür hielt sie inne, blickte zurück auf seine kaum sichtbare Gestalt im Bett. Er schlief noch immer. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie sehnte sich danach, zurück ins Bett zu kriechen und sich in seine Arme zu kuscheln, aber sie wandte sich ab. Denn wenn sie im nüchternen Licht des Morgens neben ihm erwachte, ohne den Schutz der Dunkelheit, bestand die Gefahr, dass er zu viel sah.
„Komm zurück.“ Seine Stimme klang leise und schläfrig.
Claire blieb stehen. „Es ist besser, wenn ich jetzt gehe“, flüsterte sie.
„Nein, ich lasse dich nicht.“ Die Bettdecke raschelte. Dann stand er hinter ihr, schlang die Arme um ihre Taille, und sie spürte seinen warmen Körper am Rücken. „Habe ich dich erschreckt? Ist es, weil ich dir wehgetan habe?“
Langsam schüttelte sie den Kopf. „Du hast mir nicht wehgetan.“
„Ich habe mich wie ein wild gewordener Bulle benommen, und du bist so zart.“ Seine Lippen berührten ihre Schulter. Sein warmer Atem streifte ihre Haut wie eine Liebkosung, und ihre Brüste spannten sich. „Deine Haut ist wie Seide.“ Seine Hände schmiegten sich um ihre Brüste.
„Komm zurück ins Bett“, drängte Max sanft. „Ich weiß, dass du dich unbehaglich fühlst, aber es wird alles gut. Ich verspreche es. Morgen früh werden wir reden.“
Irgendwann im Laufe des Tages wollte er ihr sagen, wer er wirklich war.
Das schrille Klingeln des Telefons weckte Claire. Max stieß einen leisen Fluch aus, setzte sich im Bett auf und griff zum Hörer.
„Es ist verdammt zu früh, um witzig zu sein“, fauchte Max in den Hörer. Er strich sich mit den Fingern durch das zerzausteHaar, lauschte einen Augenblick. „Es kümmert mich verdammt wenig, wie spät es ist. Wenn ich gerade erst aufgewacht bin, ist es zu früh. Was ist los?“
Ein paar Minuten später, als er den Hörer auflegte, fluchte er vor sich hin, bevor er sich zu Claire herumdrehte.
„Ich muss nach Dallas“, verkündete er und streichelte ihr über das Haar. „Heute Morgen.“
Sie schluckte. „Es muss dringend sein. Heute ist Sonntag.“
„Ja, es ist dringend. Zum Teufel! Ich wollte den Tag mit dir verbringen. Wir müssen unbedingt über uns reden, und da sind noch ein paar andere Dinge, die ich dir sagen wollte. Aber jetzt bleibt mir keine Zeit mehr.“
Es überraschte Claire nicht, dass der Sonntag ohne einen Anruf von Max verging. Gewiss nahmen seine dringenden Geschäfte ihn den ganzen Tag lang in Anspruch. Doch sie hatte erwartet, am Montag von ihm zu hören. In solch kurzer Zeit hatte er sich so tief in ihr Leben und ihr Herz geschlichen, dass sie sich ohne ihn nicht mehr wohlfühl te.
Am Abend eilte sie aus dem Büro nach Hause, aus Angst, seinen Anruf zu verpassen. Doch das Telefon blieb stumm. Und je länger die Stille anhielt, desto überzeugter wurde sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie wusste nicht, was es sein konnte, aber ein gewisses Unbehagen wuchs in ihr. Worüber hatte er mit ihr reden wollen? Es musste sich um etwas Wichtiges handeln, seinem ernsten, beinahe grimmigen Gesichtsausdruck nach zu schließen.
Sie schlief schlecht, war zu besorgt, um Ruhe zu finden. Und ihr Körper erinnerte sich an all das sinnliche Entzücken, das Max ihr bereitet hatte. Es war erstaunlich, dass sie jahrelang mit Jeff verheiratet gewesen war, ohne zu erkennen, dass sie verrückt vor Verlangen werden konnte, dass ein Mann sie vor Leidenschaft dahinschmelzen lassen konnte. Nein, nicht ein Mann. Nur Max.
Schlafmangel hinterließ dunkle Ringe unter ihren Augen. Und als sie am nächsten Morgen in den Spiegel blickte, verstärkte sich ihre böse Vorahnung. Sie starrte in die dunkle, unergründliche Tiefeihrer Augen und versuchte in ihr Innerstes zu schauen, wo sie etwas spürte, ohne zu wissen, was es war. Hatte Max sie in irgendeiner Form als unzureichend empfunden? Hatte sie sich ungeschickt gegeben? Schreckte ihn die Feststellung ab, dass sie genau wie alle anderen war, dass sie leicht ins Bett zu bekommen und am besten zu vergessen war? Hatte er sie einfach vergessen?
Aber er hatte sich so versessen auf sie gezeigt, so wild, dass er sie nicht einmal ins
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