Linda, H: Winterherzen: Für morgen, für immer
Tür her.
Abrupt hob Claire den Kopf aus der Bücherkiste, die sie gerade auspackte. Mit unbeweglichem Gesicht versuchte sie ihre Reaktion auf den Klang seiner Stimme zu unterdrücken. Seit zwei Wochen verhielt Max sich so höflich wie ein Fremder. Der Umzug mit all seinen Aufregungen und körperlichen Anstrengungen hatte ihn zwar in gewisser Weise aus ihren Gedanken verdrängt, aber immer noch wünschte sie sich zu häufig, dass sie niemals die Wahrheit über ihn erfahren hätte, dass der Schmerz und der Zorn einfach verfliegen würden. Auch der Abstand zwischen ihnen während der vergangenen Wochen schmerzte sie, obwohl sie es zu ignorieren suchte. Warum war er nun gekommen?
Harmon richtete sich stöhnend auf. „Noch ein starker Rücken ist genau das, was wir brauchen. Fass den Tisch mit an. Er wiegt mindestens eine Tonne.“
Max bahnte sich einen Weg durch das vollgestopfte Zimmer und half Harmon, den Tisch dorthin zu tragen, wo Claire ihn haben woll te.
Alma kam aus der Küche. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie Max erblickte. „Oh, hallo! Bist du freiwillig gekommen, oder hat man dich gekidnappt?“, fragte sie und trat zu ihm, um ihn zu umarmen.
„Freiwillig. Du weißt doch, was man über tollwütige Hunde und Engländer sagt.“ Grinsend erwiderte er ihre Umarmung.
Nachdenklich wandte Claire sich wieder der Bücherkiste zu. Sie hatte Alma nicht die wahren Hintergründe für ihren Umzug nach Dallas erklärt und auch nicht erwartet, dass Max weiterhin Kontakt zu ihrer Familie pflegte. Vielleicht hatte Martine etwas durchblicken lassen, aber Claire wusste es nicht und wollte im Augenblick auch nicht danach fragen. Doch hätte Alma sich so herzlich verhalten, wenn sie die Wahrheit kennen würde?
Voller Unbehagen überlegte Claire, was zu tun sei. Sollte sie ihreFamilie in dem Glauben lassen, dass Max Benedict sein richtiger Name war? Oder sollte sie verkünden: „Sein richtiger Nachname lautet Conroy. Benedict benutzt er nur gelegentlich als Pseudonym.“ Da sie sich nicht sicher war, beschloss sie, lieber zu schweigen.
Max passte gut in ihre Familie, scherzte und plauderte so gelassen mit allen wie früher. Anscheinend ahnte niemand, dass seine Freundlichkeit nur eine Fassade für seinen in Wahrheit so stahlharten Charakter war.
Claire beobachtete ihn, sprach aber nicht mit ihm, abgesehen von Antworten auf ganz direkte Fragen. Doch sie spürte, dass auch er sie beobachtete. Sie hatte geglaubt, dass er sie aufgegeben habe. Doch nun erinnerte sie sich, Martine gegenüber erwähnt zu haben, dass er nicht einmal die Bedeutung des Wortes kannte. Er hatte nicht aufgegeben, sondern nur gewartet.
Ihr entging nicht, dass er sich seelenruhig ihre Telefonnummer, die noch nicht im Telefonbuch stand, vom Apparat notierte. Als er sie herausfordernd anblickte, wandte sie sich einfach ab und ging wieder ihrer Arbeit nach. Ihm nun Vorwürfe deswegen zu machen, nachdem er stundenlang bei ihrem Einzug geholfen hatte, hätte sie wie ein undankbares Scheusal dastehen lassen.
Es war bereits spät am Abend, als endlich sämtliche Möbel an ihrem Platz standen und Claires Familie sich verabschiedete, um in einem Motel zu übernachten und am nächsten Morgen die Fahrt nach Houston anzutreten.
Von der Veranda aus winkte Claire ihnen nach, während Max neben ihr stand, so als gehöre er dorthin.
„Warum bist du gekommen?“, fragte sie ruhig, als die Abschiedsrufe verklungen waren und die Schlusslichter des Wagens in der Dunkelheit verschwanden. Nur das Zirpen von Insekten und das leise Rascheln vom Laub, das sich in der sanften Brise wiegte, drang durch die warme Nachtluft.
„Um dir beim Einzug zu helfen“, erwiderte er und hielt ihr galant die Fliegentür auf, als sie zurück ins Haus gingen. „Und um mich zu überzeugen, dass du dich in deinem neuen Heim wohlfühlst. Einen anderen Grund gibt es nicht.“
„Danke für deine Hilfe.“
„Gern geschehen. Ist noch Kaffee da?“
„Ich glaube schon. Wahrscheinlich ist er inzwischen ungenießbar. Du trinkst sowieso zu viel Kaffee.“ Claire ging in die Küche, goss den abgestandenen Kaffee fort und wollte frischen aufsetzen.
Max hielt sie zurück. „Du hast recht. Ich brauche keinen Kaffee.“ Er drehte sie zu sich herum. „Was ich brauche, bist du.“ Er schlang einen Arm um ihre Taille, zog sie an sich und senkte den Kopf, bis ihre Lippen sich berührten. Er küsste sie drängend, voller Leidenschaft.
Ein schmerzliches
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