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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn dein Herz kennt den Weg
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ihr unmöglich gewesen wäre,
auch nur ein Wort mit irgendeinem Menschen zu wechseln, selbst wenn sie ihre
Seele damit hätte retten können.
    Die Fahrt
war lang und extrem beschwerlich. Rebecca konnte ihren eigenen Atem sehen, so
kalt war es in der Kutsche, und ihre Füße waren so gefühllos, daß sie ihre
Zehen nicht bewegen konnte.
    Als sie
endlich in Spokane eintrafen, war es bereits Nacht, und die kleine Stadt kam
Rebecca sehr laut und unzivilisiert vor, nachdem sie so lange in Cornucopia
gelebt hatte. Doch resolut rückte sie ihren Sonntagshut zurecht, nahm ihre
kleine Reisetasche in die Hand und stieg so anmutig wie möglich aus der hohen
Kutsche.
    Da es sie
in Verlegenheit gebracht hätte, nach dem Saloon zu fragen, den Mr. Pontious
erwähnt hatte, folgte sie einfach den Tönen schlecht gestimmter Pianos, dem
Johlen und Geschrei, bis sie an eine Reihe wenig vertrauenserweckender
Etablissements gelangte.
    Als sie auf
dem Bürgersteig vor dem Rusty Spur Saloon stand und über die Schwingtür
spähte, begannen dicke Schneeflocken um sie herum herabzusinken, weiß wie Gänsedaunen.
Rebecca holte einen tiefen Atemzug, straffte die schmalen Schultern und betrat
tapfer die verrauchte Lasterhöhle, in der sie Duke Jones zu finden hoffte.

8. Kapitel
    Jones
hatte sich kaum
verändert. Er war immer noch ein gutaussehender Mann, und als er Rebecca sah,
lachte er vor Entzücken, schob die Karten zusammen, mit denen er gespielt
hatte, und warf sie auf den Tisch.
    Die Männer,
die bei ihm saßen, waren zu sehr damit beschäftigt, Rebecca zu betrachten, um
sich über das verfrühte Ende ihres Spiels zu beklagen.
    Mr. Jones
stand da, für alle Welt ein Gentleman, und schalt Rebecca gutmütig: »Schämen
Sie sich, meine Liebe! Das ist kein Platz für eine Dame.«
    Rebecca
schaute ihn aus schmalen Augen an und erinnerte sich, wie er ihre Notlage in
Chicago ausgenutzt hatte, wie
er ihr versprochen hatte, daß niemand westlich des Mississippis jemals die
beschämenden Bilder sehen würde, die er von ihr aufgenommen hatte. Und sie war
tatsächlich dumm genug gewesen, ihm zu glauben!
    Sie war
schon im Begriff, auf seine sägemehlbedeckten Stiefel zu spucken, nahm sich
jedoch im letzten Augenblick
zusammen und setzte eine etwas nachsichtigere Miene auf und ein Lächeln, das
fast über ihre Kräfte ging. »Ich würde gern unter vier Augen mit Ihnen
sprechen, Mr. Jones«, sagte sie mit ruhiger Würde.
    Er steckte
einen dünnen Zigarillo zwischen seine Lippen, zündete ihn mit einem hölzernen
Streichholz an und deutete mit
einer großartigen Geste auf den hinteren Teil des Etablissements. »Wie Sie
wünschen«, sagte er gestelzt. »Ich kann Ihnen zu diesem Zweck mein
Arbeitszimmer offerieren.«
    Allein der
Gedanke, was hier an diesem Ort vermutlich vor sich ging, verursachte Rebecca
eine Gänsehaut, aber wieder straffte sie die Schultern und ging Duke Jones
voran über einen nur schwach erleuchteten Korridor. Alles hing jetzt von ihrer
Fähigkeit ab, eine befriedigende Absprache mit dem Mann zu treffen, der ihre
Zukunft in den Händen hielt.
    Jones
öffnete eine Tür mit einem Bronzeschlüssel und trat vor Rebecca ein, um eine
Lampe anzuzünden. Sie war ungemein erleichtert, einen Schreibtisch, einen
Stuhl, ein Wandregal und die Ausrüstung eines Fotografen in dem Zimmer
vorzufinden. Zumindest war nirgendwo ein Bett zu sehen.
    »Nehmen Sie
doch bitte Platz«, sagte er und deutete galant auf den einzigen Stuhl, der dem
Schreibtisch gegenüberstand. »Sie ahnen gar nicht, wie überrascht ich bin, Sie
wiederzusehen, Rebecca.«
    Rebecca
strich ihre Röcke glatt, als sie sich setzte, so würdevoll, als wären sie aus
Seide und nicht abgetragener Kattun, und zwang ihr heftig pochendes Herz, sich
zu beruhigen.
    »Ich kann
mir nicht vorstellen, daß Sie überrascht sind«, entgegnete sie kühl. »Als Sie
meine Fotografie an Mr. Pontious verkauften und seine Reaktion sahen, hätten Sie
sich denken müssen, daß er mich kannte.«
    Jones
tippte sich mit einem Finger an das Kinn und tat, als dächte er nach. »Pontious
... Pontious ... Ach ja, der Hausierer.« Er hielte inne und lächelte Rebecca
an. »Sie hätten ihn sehen sollen, Becky – er wurde leichenblaß, als er Sie auf
dem Bild erkannte.«
    Sein
unerwarteter Gebrauch des Kosenamens > Becky < , der bisher Lucas
vorbehalten gewesen war, griff ihr ans Herz und schickte heißes Gift durch ihre
Adern. Trotz allem – und obwohl sie wußte, daß ihre Wangen brannten und sie am
ganzen

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