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Linda Lael Miller

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Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein suendiger Engel
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Rückzug an.
    Bonnie
raffte ihre Röcke, als sie die wenigen Stufen zur Veranda hinaufschritt. Mit
ausdrucksloser Miene näherte sie sich Eli, blieb dicht vor ihm stehen und legte
den Kopf zurück, um ihm ins Gesicht zu sehen.
    Stur, weil
er nichts als ein alter sturer Esel war, erwiderte er den Blick, aber ein
harter Zug lag um sein Kinn, und seine Augen blitzten unheilverkündend.
    »Guten
Morgen«, sagte Bonnie freundlich. »Schmeckt dir dein Frühstück?«
    Eli schaute
auf das Corned Beef herab und schluckte sichtlich, obwohl er nicht einen
Bissen angerührt hatte, seit Bonnie gekommen war.
    Mit einer
anmutigen Bewegung hob sie die Hand und steckte die zusammengerollte
Fünfzig-Dollar-Note mitten in das Fleisch. »Friß das, Mr. McKutchen – zusammen
mit deinem Frühstück!«
    Zum ersten
Mal, seit Bonnie Eli kannte, fehlten ihm die Worte.
    Sie
lächelte ihn an, betrachtete lächelnd den Teller mit dem Fleisch und dem
Fünfzig-DolIar-Schein, der daraus hervorschaute wie eine Kerze aus einem
Geburtstagskuchen, und lächelnd stieß sie den Teller gegen Elis Brust. Dann
wandte sie sich ab und marschierte hocherhobenen Kopfes die Stufen hinunter
und die Einfahrt zurück. Der Teller fiel klirrend und etwas verspätet auf den
Boden.
    Gerade, als
sie dachte, unbehelligt davongekommen zu sein, erschien Eli an ihrer Seite und hielt
sie am Arm zurück. An seinem eleganten Leinenhemd klebten kleine Brocken
Corned Beef.
    »Laß mich
los, du Grobian!« zischte Bonnie. Am Rand ihrer Beherrschung angelangt, wußte sie, daß sie im nächsten
Augenblick nicht mehr für ihre Handlungen verantwortlich sein würde.
    Elis Druck
um ihren Arm verstärkte sich, dann erschlaffte seine Hand und sank herab. Für
einen Moment huschte so etwas wie leise Scham über sein Gesicht. »Habe ich zu
wenig bezahlt, Engel?« erkundigte er sich in eisigem Ton. »Ich hatte eigentlich
großzügig sein wollen.«
    Das Blut
stieg Bonnie so rasch zu Kopf, daß sie unmerklich schwankte. Eli packte ihr
Handgelenk so hart, daß ihre Finger gefühllos wurden. »Wie gemein du bist«,
flüsterte sie, nachdem sie ihn lange schweigend angestarrt hatte. »Wie
unglaublich gemein von dir! Kein Wunder, daß deine Arbeiter dich hassen und
Patch Town das ist, was es ist. Du tust mir leid, Eli McKutchen – weil du kein
Herz besitzt.«
    Diese Worte
schienen ihn weit mehr zu verwunden als ein Schlag oder ein Tritt es je gekonnt
hätten, und ganz langsam lösten sich seine Finger von Bonnies Handgelenk. Als
sie sich abwandte, um zu gehen, rief er ihren Namen, aber sie blieb weder
stehen, noch schaute sie sich um.
    Eli hatte
sich den schlimmsten Feind geschaffen, den man sich denken konnte: einen
Menschen, der geliebt hatte und für diese Liebe gedemütigt worden war.

II. Der Racheengel

9

    Bonnie war schon auf halbem Wege zu ihrem
Laden, als ihr etwas auffiel, was ihr vorher entgangen war. Das Dröhnen der Mühle,
die das Erz zerkleinerte, war verstummt, und aus den Schornsteinen über den
Hüttenwerken kam kein Rauch.
    Es war also
geschehen. Die Gewerkschafter hatten ihr Ziel erreicht. Die Hüttenwerke waren
geschlossen.
    Bonnie biß
sich auf die Lippen und ging weiter, so tief in Gedanken versunken, daß sie
ihre Umgebung nicht wahrnahm. Ihre Gefühle hinsichtlich des Streiks waren
gemischt, denn während die Klagen der Arbeiter berechtigt waren, besaßen nur
wenige von ihnen die nötigen Mittel, um ohne ihre Arbeit auszukommen. Hunger
und Unzufriedenheit würden die Folgen sein, und auch die Zustände in Patch Town
konnten sich nur verschlimmern.
    Rasch
überquerte Bonnie die Straße und eilte zu ihrem Laden. Eine Gruppe von Männern
und Frauen hatten sich vor dem Pompeii Theater versammelt. Die meisten von
ihnen kannte Bonnie, aber es waren auch Fremde darunter.
    Einer
dieser Fremden, ein vierschrötiger Mann mit pockennarbigem Gesicht und dunklen
Rändern unter wehmütig blickenden Augen, stand vor der Menschenmenge. Seine
Stimme war laut genug, daß Bonnie verstehen konnte, was er sagte.
    »Solch
tragische Zwischenfälle wie gestern können nicht länger übersehen werden!«
rief der Sprecher zornig. »Ein Mann ist tot. Er heißt Mike Farley!«
    Als Bonnie
unter den Zuschauern Webb Hutcheson entdeckte, einen Block und einen Stift in
der Hand, ging sie zu ihm hinüber.
    »Das ist
ein Streik, nicht wahr?« fragte sie.
    Webb
kritzelte eifrig etwas nieder. »In gewisser Weise«, antwortete er. »Die Hälfte
der Männer will weiterarbeiten.«
    Ein Murmeln
stieg aus der

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