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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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größte Alkoholexzess der deutschen Theatergeschichte. Pinklbräu-Tabletts, Pinklbräu-Bierdeckel, Pinklbräu-Serviettenständer und natürlich, tadaaa, Pinklbräu-Wirtshausschild. Auerbachs Keller , der Name des bekanntesten Wirtshauses der deutschen Hochkultur, und links und rechts davon das Pinklbräu-Logo. Na? Also, ich würde sagen, macht ihr nur weiter euren Hamlet, aber Rüdiger und ich, wir ziehen dann lieber ein paar Häuser weiter zur Agentur von Wurzlhauser Hopfenperle und verkaufen unsere Idee dort.«  
    Ich habe keine Ahnung, ob die Himmelsrichtung, in die ich dazu mit dem Filzstift zeige, stimmt, deshalb lasse ich bald wieder davon ab und male einen Galgen an das Clipboard. Und in die Schlinge zwei Traurig-Smiley-Gesichter, die ganz entfernt Ähnlichkeit mit Elvin und Adrian haben.  
    …  

    »
Weiß nicht. Was sagst du, Adrian?
«  
    …  

    »
Hm. Irgendwie doch, ja. Smashing.
«  
    …  

    »
Na gut, ihr Schlawiner. Wir machen es.
«  
    Ich highfive mich in Gedanken selber, schalte dann aber gleich wieder auf volle Konzentration. Meine Mission ist noch nicht zu Ende. Ich wende mich erneut zum Clipboard und streiche mit großer Geste die Galgenschlinge durch. Dann male ich ein Dreieck und an jede Ecke davon einen kleinen Kreis.  
    »Dann gleich zum nächsten Schritt, meine Herren. Wir sprechen also vom Faust, und wenn wir vom Faust sprechen, sprechen wir von drei Hauptrollen.« Ich haue mit dem Filzstift in die Kreise, dass in jedem ein dicker roter Tupfen zurückbleibt. »Faust, Gretchen und Mephisto.«  
    Ich drehe mich um. Nicht zu glauben. Elvin, Adrian und Rüdiger Rodeo sind gleichzeitig mucksmäuschenstill und hängen an meinen Lippen. Ich möchte mal wissen, wer auf der Welt außer Steve Jobs, Scarlett Johansson und mir das noch fertigbringen würde.  
    Weiter im Text. Blick auf Elvin und Adrian. »Nachdem wir den richtigen Hauptsponsor haben«, Blick zu Rüdiger Rodeo schwenken, »geht es nun darum, die Hauptrollen optimal-qualitätsintensiv zu besetzen. Fangen wir an: Mephisto bin ich, Oliver Krachowitzer, The Voice of Pinklbräu. Erstens bin ich im realen Leben ein idealtypischer Web 2.0-grenzaffiner, kommunikativ grenzkorrumpierter … Pro-Antagonist, zweitens kenne ich die Rolle sowieso wie meine Hosentasche.« Häkchen in den ersten Kreis.  
    »Weiter. Dr. Faust ist Kurt alias ruderfrosch.« Rüdiger Rodeo ist etwas verblüfft. Ich darf jetzt nicht nachlassen. »Ich habe einige Kandidaten längere Zeit beobachtet, und er ist eindeutig der beste, auch wenn das zunächst überraschend scheinen mag. Aber wären wir ehrlich, wenn wir bei der Besetzung des Faust auf einen Web 2.0-Star setzen würden? Nein, das wären wir nicht. ruderfrosch ist in seiner Zerrissenheit zwischen selbstinszenatorischem … Imitationsstrukuralismus und … qualitativ-genuinem Technokratenkreativismus ein singulär typisches Produkt des aktuell vorherrschenden … kanalisiert-instituierten Verhältnisses von Kultur und Technologie.« Na gut, überzeugt sieht Rüdiger noch nicht aus, aber das ist auch nicht so wichtig. Hauptsache, der nächste Hieb sitzt.  
    »Die Besetzung der dritten Hauptrolle wird dich sicherlich noch viel mehr überraschen, Rüdiger, denn für die Rolle des Gretchen habe ich eine Akteurin gewonnen, die über null Web 2.0-Präsenz verfügt …« Rüdigers linke Augenbraue schießt schlagartig Richtung Decke. »… aber dennoch über enormen Bekanntheitsgrad. Ich spreche von Lena Ameling, die knallharte Venture-Capital-Managerin, die immer dienstags und donnerstags im Coffee & Bytes sitzt und bis heute auf ein wirklich erfolgversprechendes Web 2.0-Startup wartet. Mit ihrer Person steht sie für monetärpylogene Phrenesie sowie für positivistisch-kannibalistische Rollen-Produktverschränkung.«  
    Rüdigers rechte Augenbraue ist seiner linken hinterhergeschossen. Er starrt mich an. Sein Blick ist eine Mischung aus Staunen und Strahlen.  
    »Die Trulla? Die Trulla spielt das Gretchen? Wie in aller Welt hast du sie dazu breitgeschlagen?«  
    »Nenn sie nicht Trulla!«  
    ***  
    Schon während ich die Wohnungstür aufmache, weiß ich, dass etwas Wunderbares in unseren Räumen passiert ist. Sekundenbruchteile später stehe ich in der Küche. Noch nie hat es hier so köstlich geduftet. Ich sauge jede Schwade ein, die an meiner Nase vorbeikommt, als hätte ich fünf Tage auf dem Kamin eines Braunkohlekraftwerks gesessen und würde nun frische Waldluft atmen. Leider darf ich

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