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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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aufgestanden bin. Ich war so frisch und erholt, dass mir nicht einmal mein infernalischer Muskelkater ein Fluchen abringen konnte.  
    Die Vormittagstermine habe ich anschließend mit links erledigt. Wir waren jedes Mal viel schneller mit den Aufnahmen durch, als geplant. Das war auch gut so, denn so konnte ich mir auf den Wegen zwischen den Studios mehr Zeit lassen. Bei jedem etwas festeren Tritt in die Pedale haben mir meine strapazierten Oberschenkelmuskeln nämlich einen Vogel gezeigt. Und obwohl alles, was ich sprechen musste, wieder quälender Mist war und eine Beleidigung für jedes Hirn, das denken kann, ist meine Laune jetzt immer noch blendend. Ist auch gut so, denn in einer Viertelstunde kommt Lena mit ihrem Wäsche-iKoffer.  
    Ich säubere die Kaffeemaschine und lüfte die Zimmer. Dann bleibe ich kurz bei Facebook hängen. Nein, noch keine Ankündigung von Faust 2.0. Na ja, wäre auch noch etwas zu früh. Dafür haben jede Menge Leute an meine Pinnwand geschrieben, wann endlich das neue OKrach-Trottelaction-Video auf Youtube kommt. Trottelaction . Ich denke immer noch über eine passende Antwort nach, als es klingelt.  
    Schluss mit dem Kinderkram, Laptop zu und ab zur Tür.  
    »Hallo Lena, komm rein … Oh, und du natürlich auch, iKöfferchen.«  
    »Hihi, ich nenne ihn jetzt R2D2. Hallo Oliver.«  
    Nur ein kleiner Schritt, aber es ist geschehen. Sie steht in unserer Wohnung! Und wieder ist es so seltsam. Ihre Kleidung, ihre Haut, ihre Haare, keine Falte, keine Delle, keine Beule, kein Fleck, nichts tanzt aus der Reihe. »Wie eine Schaufensterpuppe«, schießt es mir kurz durch den Kopf, bevor mich wieder das Gefühl überwältigt, dass sie die Frau ist, die ich liebe. Diesmal ist es stärker denn je. Als sich unsere Wangen kurz berühren, zieht sich etwas in mir auseinander wie die Luftkammer eines Akkordeons und das, was hereinströmt, ist wunderbar, macht mir aber gleichzeitig so weiche Knie, dass es weh tut, stehenzubleiben.  
    »Schön habt ihr es hier.«  
    Mir wird schwindelig. Zum ersten Mal in meinem Leben glaube ich daran, dass Obelix wirklich umgefallen ist, als er von der Frau, in die er verliebt war, geküsst worden ist. Lenas Blick streift über alles, was herumliegt. Wenn sie wüsste, dass ich es hier erst so schön habe, seit Franziska eingezogen ist.  
    »Oh, hier stehen eh schon Damenschuhe. Darf ich meine gleich dazustellen?«  
    »Nur zu.«  
    Lena setzt sich und zieht ihre hochhackigen Pumps aus. Meine Blicke bleiben am Randabdruck auf ihrem Fußrücken hängen. Kein Wunder. Das Erste an ihr, was nicht perfekt ist, und deswegen für mich das Schönste an ihr. Oder bin ich irgendwie seltsam?  
    »Ah, wunderbar, wenn man mal aus den Dingern rauskommt.«  
    Wir schauen beide auf unsere Füße. Ich laufe schon barfuß rum, seit ich die Wohnung betreten habe. Immer wenn ich meine Füße neben Frauenfüßen sehe, nehme ich mir vor, diese Haare auf meinen Zehenrücken abzurasieren. Ist doch wahr, sieht lächerlich aus. Zum Glück guckt sie schon wieder weg. Ich muss an unsere Begegnung neulich denken.  
    »Du, Lena, also ehrlich noch mal, es tut mir leid, dass ich dich so angefarzt habe, als wir uns wiedergesehen haben.«  
    »Ach, ich fand, du warst sehr kreativ mit den Schimpfwörtern. Hättest du nicht die Stirn gehabt, mich einfach nicht zu erkennen, hätte ich wahrscheinlich sogar gelacht. Wo ist denn eure Waschmaschine?«  
    »Im Bad. Hier lang.«  
    Ich zeige auf die Tür mit dem Frei-besetzt-rot-grün-Dings.  
    »Waschpulver ist im Schrank neben der Tür. Magst du Kaffee?«  
    »Unbedingt.«  
    Ich trolle mich in die Wohnküche. Nachdem Lena die Waschmaschine beladen hat, kommt sie mir nach.  
    »Tolle Wohnung, wirklich. Aber bestimmt nicht billig, oder?«  
    »Och, zu zweit geht es.«  
    »Ihr seid nur zu zweit?«  
    »Es sind ja nur zwei Zimmer.«  
    »Und? Versteht ihr euch gut?«  
    »Ja, klar. Meine Mitbewohnerin ist übrigens Franziska. Kennst du vielleicht. Sie war bis vor kurzem auch noch dauernd im Coffee & Bytes. Blond, blaue Augen, eher klein.«  
    Und sie wurde als Aufbewahrerin deines gestohlenen iKoffers missbraucht.  
    »Ich hab im Coffee & Bytes meistens nur in mein Buch geschaut.«  
    »Wie konntest du da eigentlich lesen, bei dieser elenden Drrrrrrrzing-Musik?«  
    »Ha, wenn du mal ein Kind großgezogen hast, stört dich so ein kleines Lärmchen nicht mehr.«  
    »Respekt.«  
    »Und du und Franziska, ihr seid nur Mitbewohner?

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