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Linksträger: Roman (German Edition)

Linksträger: Roman (German Edition)

Titel: Linksträger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Beinen und meinem Schritt umher.
    »Ich frage deswegen, weil ich hier einen deutlichen Energiestau spüre.«
    Jetzt, wo Frau Kuhlig-Semmrau es sagt, spüre ich den Stau auch ganz deutlich.
    »Stimmt, vielleicht sollte ich vorher noch mal schnell austreten gehen, bevor wir loslegen.«
    »Nein, nein, ich meine etwas anderes, aus Ihrem Innersten.«
    »Ja, das meine ich auch.«
    »Ich spreche von Ihren Meridianen, Herr Süßemilch. Sie schwingen nicht im Einklang mit dem Universum. Ich empfange viel Verletztheit und Missverständnis.«
    »Ach? Echt?«
    Frau Kuhlig-Semmrau antwortet mir nicht, sondern zieht es vor, sich meiner Freundin zuzuwenden.
    »Jana, hat Robert Sie in naher Vergangenheit gedemütigt. Durch Taten oder Worte?«
    Jana überlegt, zuckt mit den Schultern, dann lächelt sie. »Na ja, was heißt gedemütigt. Er hat mich gerade noch vor der Tür mit einem Geländewagen verglichen. Aber solche Späße machen …«
    »Mit einem Geländewagen«, unterbricht Frau Kuhlig-Semmrau die weitere Erklärung und fixiert mich mit ihrem Blick.
    Sofort begebe ich mich in eine Verteidigungshaltung, als hätte ich den Teller nicht aufgegessen, und die Sonne würde daher morgen nicht scheinen. »Das war doch nur …«
    »Autos stehen immer für die Potenz eines Mannes. Vielleicht auch für unbefriedigte Wünsche. Wollen Sie etwa wieder raus ins Gelände, Herr Süßemilch? Mal wieder so richtig Gas geben mit Ihrem Wagen und irgendwo anders einparken?«
    Mit aller Entschiedenheit hebe ich den Zeigefinger über die Tischplatte und hoffe, dass man mich sieht. »Nein, ich will nirgendwohin fahren oder einparken. Ich liebe meine Freundin.«
    »Aber Sie waren vorhin im Warteraum so wahnsinnig intim zu mir.«
    Sofort flüstere ich Jana zu, dass da nix war. Gar nix.
    »Sie haben sich der Weiblichkeit geöffnet. Diese Offenheit gegenüber anderen Frauen ist bemerkenswert. Ihre Offenheit hat den Raum geradezu erfüllt.«
    »Ich bin zu allen Frauen offen.«
    Jana scheint mein Flüstern nicht richtig gedeutet zu haben. »Ach ja, bist du das? Das wundert mich. Meiner Weiblichkeit öffnet er sich nämlich schon seit längerer Zeit nicht mehr, Frau Kuhlig-Semmrau.«
    Meines Erachtens befindet sich gerade etwas zu viel Offenheit im Raum. Nur weil meine Libido momentan nicht so ausufernd ist, muss man das doch nicht hier vor einer Fremden ausbreiten.
    »Äh, Jana, vielleicht können wir das ja zu Hause besprechen.«
    »Warum, ist dir das etwa peinlich?«
    Noch bevor ich antworten kann, fällt mir auch schon wieder der blaue Engel ins Wort.
    »Oh, ich spüre viel Energie, die ausbrechen möchte. Fühlen Sie sich sexuell nicht mehr zu Ihrer Partnerin hingezogen, seit sie schwanger ist?«
    Ich tausche einen hilflosen Blick mit Jana, die aber nur nickt.
    »Ja, Frau Kuhlig-Semmrau, das habe ich auch schon bemerkt. Wir schwingen diesbezüglich nicht mehr so in Einklang.«
    »Was?« Ich bin geschockt. Ich wollte hier doch nur ein wenig entspannen und Laternen für Sankt Martin basteln. Und jetzt sitze ich auf der Anklagebank.
    »Befriedigen Sie sich denn selbst, Herr Süßemilch?«
    »Wie bitte?«
    »Ob Sie sich selbst befriedigen? Ihre Pfeife ausklopfen, sich ins Fäustchen lachen, den Kasper klatschen, sich den Dorn hobeln …?«
    »Ich habe das schon verstanden, Frau Kuhlig-Semmrau. Aber ich weiß nicht, was mein Dorn hier in Ihrem Energieraum verloren hat.«
    Doch meine Freundin scheint ein neues Hobby für sich entdeckt zu haben. Das »In-den-Rücken-Fallen«: »Oh, Robert, das würde mich allerdings auch interessieren. Machst du es dir lieber selbst, als mit mir zu schlafen?«
    »Sehen Sie, Herr Süßemilch. Angestaute Energie.«
    »Darüber möchte ich nicht sprechen.«
    »Das ist nicht guuuut, Herr Süßemilch. Lassen Sie los.«
    Frau Kuhlig-Semmrau baut sich hinter mir auf, beugt sich zu mir herunter und hält Zeige- und Mittelfinger wie ein horizontales Victoryzeichen genau vor meine Augen. Dann entfährt ihr ein lautes »Schnipp«, und dazu bewegt sie die beiden Finger wie eine Schere. Ich zucke verstört zurück. Dann wiederholt sie Wort und Vorgang ein weiteres Mal.
    »Schnipp.«
    Und ein drittes Mal.
    »Schnipp.«
    »Was zur Hölle …«
    Noch bevor ich weiter nachfragen kann, unterbricht mich die blaue Nofretete.
    »Sehen Sie, wir haben hier eine kleine Diskussion provoziert. Dadurch kommen Ihre gemeinsamen Energien wieder ins Fließen. Sie sind in Bewegung. Natürlich kommen dabei auch negative Ströme mit auf, und diese kappen Sie

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