Linksträger: Roman (German Edition)
Sonntag nicht abkaufen könne. Ich würde auch gut zahlen.«
»Was? Das hast versucht, den Pfarrer zu bestechen?«
»Genau.«
»Und? Sag jetzt nicht, dass er darauf eingegangen ist.«
»Nein, ist er nicht. Aber bevor er etwas ungehalten auflegte, gab mir Hochwürden noch den Rat, mich mal gründlich untersuchen zu lassen.«
Jana lässt sich wieder zurück in das Kopfkissen sinken und schaut enttäuscht zur weiß getünchten Decke hinauf. »Hätte mich ehrlich gesagt auch gewundert, wenn er darauf eingegangen wäre.«
»Ja, vielen Dank auch für deine moralische Unterstützung. Vergiss nicht, dass ich das alles dir zu verdanken habe.«
»Ach, jetzt bin ich daran schuld?«
»Klar, du hast mich doch schließlich in den Stand eines Geistlichen erhoben.«
»Aber ich habe dir nicht gesagt, dass du den Pfarrer bestechen sollst.«
»Was blieb mir denn anderes übrig? Falco und Nora wollen am Sonntag eine Messe mit uns besuchen, bei der ich Küster bin. Jana, falls du es noch nicht bemerkt hast, ich bin kein Küster. Ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht, was das überhaupt genau ist.«
»Sorry, Schatz.« Jana greift neben sich zu ihrer Notration Schwangerschaftsweingummis, die dort immer griffbereit in einer Familienpackung parat steht. Sie schiebt sich eine Handvoll in die Backentaschen und sieht damit aus wie ein Feldhamster vor dem Winterschlaf. »Ich wollte dich da nicht mit reinziehen, aber Nora hat so unglaublich damit genervt, was Falco alles kann. Falco hier, Falco da.«
»Schon okay.« Ich lege das Gemeindeblatt zur Seite und lege mich zu ihr ins Bett. Wortlos reicht sie mir ein paar Weingummis. »Ich hätte ja auch nicht so übertreiben müssen«, sage ich mit vollem Mund. »Aber jetzt sitzen wir halt richtig in der Scheiße. Was machen wir jetzt?«
Wir starren uns eine Weile stumm an, bis Jana beginnt, mit dem Kopf zu wippen.
»Ich hätte da eine Idee«, sagt sie.
»Und die wäre?«
»Wir machen einfach genau das, was die beiden erwarten. Wir geben ihnen ihre Messe.«
»Wie meinst du das? Soll ich die Hostien etwa hier bei uns im Bad verteilen?«
»Nein. Jetzt hör mir doch einfach mal zu. Wann beginnt die echte Messe in der Kirche?«
»Warte, das habe ich hier doch irgendwo gelesen.« Ich springe aus dem Bett, blättere durch die Gemeindeblättchen und finde die gewünschte Information. »Hier. Die echte Messe beginnt um acht Uhr.«
»Okay, dann ist sie spätestens um zehn vorbei. Dann ist die Kirche doch sowieso leer.«
»Ja und?«
»Pass auf. Wir sagen Nora und Falco, dass die Messe in deiner Kirchengemeinde am Sonntag um elf beginnt. Ich schnappe mir die beiden und fahre mit ihnen ein wenig durch die Gegend, sodass wir gegen halb zwölf schließlich in der Kirche ankommen. Leider verspätet, aber genau pünktlich zur Verteilung der Hostien. Zu deinem Auftritt am Altar. Das ist doch das, was Falco am meisten interessiert. Du ziehst das zehn Minuten durch – und schon sind wir wieder verschwunden.«
»Wie stellst du dir das vor? Ich kann doch nicht allein dort vorn stehen? Wem soll ich die Teile denn geben?«
»Hm, stimmt. Das wäre ziemlich blöd.«
Wir gehen die nächsten fünf Minuten diverse Theorien durch. Weder die Idee, dass die Gemeinde durch verunreinigte Hostien von einer Lebensmittelvergiftung heimgesucht wurde, noch der Einfall, dass in unserer Gemeinde die Wandlung zu Beginn der Messe durchgeführt wird, versprechen einen glaubhaften Erfolg.
»Ich hab’s«, rufe ich plötzlich aus und schüttele Jana im Überschwang kräftig durch. »Wir rufen einfach unsere Freunde an und bitten sie alle, um elf in die Kirche zu kommen. Wir benötigen höchstens zwanzig Leute. Und die brauchen nur dazusitzen und die fromme Gemeinde zu spielen. Mehr nicht.«
»Hm, das könnte funktionieren. Die Kirchen stehen schließlich für jeden offen. Warum dann also nicht für uns. Wir tun ja niemandem etwas.«
»Eben. Dann muss ich jetzt nur noch unbedingt diesen scheißteuren Messwein kaufen gehen und mich etwas kirchenmäßiger pimpen.«
»Pimpen? Was meinst du damit?«
»Na, entweder richtig oder gar nicht. Ich muss mir irgendwoher noch ein Gewand organisieren.«
»Ach, das übernehm ich.«
»Wirklich?«
»Ja klar. Es geht schließlich auch auf meine Kappe. Da kann ich doch wenigstens was dazu beitragen.«
»Und woher willst du so ein Pfarrergewand hernehmen?«
Nachdem Jana die nächste Fuhre Weingummis eingeladen hat, antwortet sie mit breitem Lächeln: »Wart’s ab. Ich habe da
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