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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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undefinierbaren Geruch, den ich schnell mit einem Schluck Cappuccino zu ertränken versuchte. Auf einmal erschien mir die St.-Pauli-Karte unglaublich stilvoll – was war dagegen ein Hans, der es auf eine spontane Nummer im Auto angelegt hatte und dann seinen besten Freund vorbeischickte, um irgend etwas aus mir herauszukitzeln! Also gut – sprach doch eigentlich nichts dagegen, die vielleicht aufregendste U-Bahn-Fahrt meines Lebens anzutreten …
    Leider war Paul nicht blind, und da man es selbst als coole Frau von Welt nicht schafft, in bestimmten Situationen ein leicht debiles Grinsen zu unterdrücken, rückte er mir mit einer elendig penetranten Fragerei zu Leibe, auf die ich nur uneindeutig mit »Hm« oder »Mhm« antwortete.
    Irgendwann platzte mir jedoch der Kragen: »Hör mal«, empörte ich mich. »Du hast jahrelang nicht angerufen, und jetzt soll ich dir gleich mein ganzes Seelenleben auf dem silbernen Tablett präsentieren!«
    »Ich wollte mich nur nach deinem Befinden erkundigen. Und da es dir jahrelang schlechtging, finde ich deinen Gesichtsausdruck momentan sehr vielversprechend. Das ist alles.«
    »Ach, Paul!« Ich lehnte mich an ihn und roch seinen vertrauten Kernseifengeruch. »Kann sein, daß ich verliebt bin. Ich will aber nicht darüber reden, die Geschichte ist wirklich zu unausgegoren. Und infantil. Und – ach …!«
    »Soll ich es Hans sagen? Dann hast du es einfacher.«
    »Mir egal. Mach, was du willst. Ich finde, ich bin ihm keine Rechenschaft schuldig.«
    So wie wir dasaßen, konnte man annehmen, daß wir ein Liebespaar wären. Einträchtig Schulter an Schulter, ich fühlte mich plötzlich so wohl, als wäre ich zu Hause angekommen, und füreinen Moment vergaß ich sogar, an meine Abgabetermine zu denken. Ich drückte mich enger an Paul, gefühlsduselig und zumindest für den Bruchteil einer Sekunde glücklich.
    Die nächsten zwei Tage waren Streß und Arbeit, und ich fing wieder das Rauchen an. Quasi von einem Moment auf den anderen war das Wetter umgeschlagen. Es stürmte und regnete, die Temperatur sank auf dreizehn Grad. Vorzeitiger Herbst – aber da ich sowieso nur in meinem Zimmer saß und ackerte, war es mir egal.
    Bei meiner Synchronfirma hatte ich mir Aufschub erbeten. So textete ich nur morgens jeweils drei Stunden, um mich für den Rest des Tages ganz den Berghusens und Wittgensteins samt ihren Irrungen und Wirrungen hingeben zu können.
    Was leider nicht so einfach war. Wertvolle Arbeitszeit ging mir flöten, weil ich es nicht schaffte, den Computer wie vorgegeben einzurichten, so daß ich schließlich bei Tom angekrochen kam – EMMA-Vorsätze hin, EMMA-Vorsätze her. Tom brachte das Teil innerhalb einer halben Stunde zum Rattern und verzog sich dann folgsam zum Nudelkochen in die Küche, während ich die erste Szene in den Computer hackte. Sie spielte in der Loftwohnung der Berghusens, wo Tochter Winnie ihren Eltern verkündet, daß sie auszuziehen gedenke, weil sie von ihrer spießigen Umgebung die Nase endgültig voll habe. Die Mutter aber ist der Meinung, daß eine Siebzehnjährige gefälligst zu Hause zu wohnen habe, zumal das Geld nicht reiche, um noch eine zweite Loftwohnung zu finanzieren. Das wiederum findet Winnie einfach ätzend und verläßt Türen knallend das edle Loftgebilde mit seinen Designermöbeln. Punktum!
    Im Prinzip ganz einfach. Trotzdem saß ich wie ein Ochs vor dem Bildschirm und raufte mir im Geiste die Haare. Sagte Winnie nun »Mama, du kannst mich mal!« oder »Mum, du gehst mir am Arsch vorbei!« oder »Mutter, gleich gibt’s was auf die Butter!«?
    Es war einfach gräßlich! Ich kannte doch genug amerikanische Seifenopern, hatte sie rauf- und runtergeguckt, und jetzt, wo ich diese Dialoge nicht nur aufwärmen, sondern selbst köcheln sollte,versagte ich schlichtweg. Vielleicht lag es daran, daß ich im Vergleich zur Synchronarbeit eine relative Freiheit hatte. Ich konnte jeden x-beliebigen Satz hinschreiben, ohne durch bereits vorhandene Lippenbewegungen eingeschränkt zu sein, aber gerade das machte die Sache nicht leichter.
    Völlig entnervt stand ich auf und ging in die Küche, um mir einen Schluck Wein zu genehmigen.
    »Ich schaffe das nicht«, jammerte ich Tom vor, der gerade dabei war, Paprika in winzige Stückchen zu schneiden.
    »Was schaffst du nicht?«
    »Meine Arbeit.«
    »Dann laß es doch sein.«
    »Danke für den Tip.« Ich ging wieder raus und nahm mir vor, unsere neuaufgenommene Beziehung einfach als Irrtum zu betrachten. Was

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