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Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Titel: Lisa geht zum Teufel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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ein schöner Geburtstag. Was für ein schöner Einstieg, um erwachsen zu werden. Was für eine Bürde, wenn einem der Gynäkologe sagte, dass man keine Kinder haben könnte, weil das Risiko, bei der Geburt zu versterben, zu hoch war. Warum nur hatte Felipe urplötzlich den Wunsch gehabt, unbedingt Kinder haben zu wollen? Dabei hatten sie sich doch so viele Jahre selbst genügt, wollten leben, sich gemeinsam etwas aufbauen. Sie konnte ihm keine Kinder schenken. Die Angst hatte sie aufgefressen, ihre Seele verletzt, Stich um Stich, Schnitt um Schnitt. Sie wollte nicht sterben wie ihre Mutter, wie Blanca. Sie wollte leben! Wie quälend lange war dieses Spiel gegangen, die Ursachen für ihre Kinderlosigkeit herauszufinden? Wie oft hatte sie ihn belogen, ihm gesagt, dass mit ihr alles in Ordnung wäre, nur um ihn nicht zu enttäuschen. Immer neue Ausreden hatte sie sich einfallen lassen, um den Geschlechtsakt an fruchtbaren Tagen zu vermeiden. Er hatte sie ihr geglaubt, aber wie lange wäre das gut gegangen? Warum nur hatte er sie auf einmal so unter Druck gesetzt? Temperaturmessung beim Eisprung, nur um es noch einmal zu versuchen, mit viel Liebe und Zärtlichkeit, doch immer wenn er sie berührte, sie küsste, um den Liebesakt zu vollziehen, wusste sie genau, dass er vielleicht dabei war, sie zu töten. Um ihrer Liebe willen hätte sie eine Schwangerschaft nicht abbrechen können. Niemals! »Deine Mutter ist gestorben, als du zur Welt gekommen bist, mein Engel«, hatte ihr Vater gesagt. Warum nur über ein Jahr lang dieser Zwang, es immerfort aufs Neue zu versuchen? Warum nur wollte er auf einmal Kinder von ihr? Ihr Todesengel, den sie doch so sehr geliebt hatte, nach dessen Küssen und Zärtlichkeiten sie sich verzehrt hatte, obwohl sie wusste, dass sie sterben könnte, wenn sich ihre Körper in Liebe vereinigten und in ihr die Frucht ihrer Liebe zum Todesboten heranwachsen würde.
    Lisa hörte herannahende Schritte. Dumpf hallten sie auf dem lehmigen Boden. Sie spürte Felipes Hand, hörte seine Stimme.
    »Lisa?« Er klang besorgt, doch allein die Berührung seiner Hand genügte, um ihn abwehren zu wollen.
    »Geh weg! Fass mich nicht an!« Lisa schlug auf Felipe ein. Immer wieder. Er durfte sie nicht berühren.
    »Lisa. Beruhige dich … Lisa«, sagte er mit so viel Sanftmut und umschlang sie fest mit seinen starken Armen, wie beim Liebesakt, den er mit ihr so oft vollzogen hatte. Die gleiche Nähe und Intensität. Er war ihr Mann, doch sie konnte nicht. Sie konnte einfach nicht. Felipes Griff war unerbittlich. Wie oft war er mit dieser Kraft in sie eingedrungen. Wie sehr hatte sie es genossen, aber wie groß war dabei die Angst gewesen. Lisa spürte, dass sie ihm nicht entkommen konnte, nicht mehr, und ließ sich fallen, in den Schmerz, in die Verzweiflung, in die Schuld, die sie auf sich geladen hatte, in seine Arme, die sie doch auch schon viel früher hätten auffangen können. Warum nur war sein Blick jetzt so verständnisvoll? Warum hatte er ihr diesen Blick nicht schon vor Jahren gezeigt? So viel Verständnis und Sorge um sie. Lisa spürte, dass sie keine Kraft mehr hatte. Keine Kraft mehr, um zu weinen, keine Kraft mehr, um aufrecht zu sitzen, keine Kraft mehr, um zu denken, zu spüren, noch nicht einmal mehr, um zu atmen.
    »Lisa. Es ist alles gut …«, sagte Felipe.
    Seine Stimme war das Letzte, was sie hörte, bevor ihr schwarz vor Augen wurde.
    Felipe reichte Lisa ein Glas Wasser. Ihre Hände zitterten noch immer, doch sie trank, Schluck um Schluck. Was war passiert? Warum hatte sie Blancas Tod so mitgenommen?
    »Danke«, hauchte sie nur und trank das Glas leer.
    »Wie geht es dir?«, fragte er und hoffte inständig, dass sie wieder auf die Beine kam. Sie so hilflos vor sich auf einer Gartenliege auf der Terrasse liegen zu sehen schmerzte.
    Lisa blieb ihm eine Antwort schuldig. Sie starrte ins Leere, an ihm vorbei.
    »Lisa. Was ist los? Was ist passiert?«, fragte er besorgt und beobachtete ihre Atmung, die sich langsam beruhigte.
    »Du hast mich gefragt, warum ich dich verlassen habe«, sagte sie und sah ihn an. »Ich hab dich verlassen, weil du mich sowieso verlassen hättest«, sagte sie.
    Felipe konnte sich keinen Reim darauf machen. »Was redest du für dummes Zeug? Wieso hätte ich dich verlassen sollen?«, fragte er.
    Lisas Gesichtszüge wurden starr. Felipe sah ihr an, dass es sie unglaublich viel Kraft kostete, seine Frage zu beantworten.
    »Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben. Ich hatte

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