Lisa geht zum Teufel (German Edition)
Liebe gedeihen, wenn man sich mit Gewalt rund machte und sich normte, so dass möglichst viele passende Gegenstücke in Frage kamen? Hochglanzmodelle und Markenware, zu denen zuletzt auch Reiner gehört hatte. Hatte sie deshalb nie zu sich selbst gestanden, weil sie all die Jahre nichts weiter sein wollte als Felipes Exfrau, die ihm erfolgreich trotzte, dabei aber letztlich nur vor ihrem Schmerz davongelaufen war? Nach ihrem Gespräch gab es keinen Grund mehr, sich zu verstellen, weder bei ihm noch bei anderen. Trotz der rührenden Geste Felipes, ihre Hand zu halten und einfach nur neben ihr zu sitzen und ihr die Zeit zu geben, sich zu fangen, hatte Lisa das Bedürfnis, seine Hand loszulassen, ihn loszulassen. Felipe wirkte irritiert, als sie die Hand zurückzog, und sah sie so an, als ob er sich für diesen Akt der Nähe entschuldigen wollte.
»Alles ist gut«, sagte sie und sah ihn an wie jemanden, den sie eben erst neu kennengelernt hatte. Ein gutaussehender Mann, charmant, überraschend einfühlsam.
»Ich hab darüber nachgedacht …«, sagte er. »Du hattest recht. Ich wäre in einer kinderlosen Ehe nicht glücklich gewesen, aber Glück kann man sowieso nicht erzwingen. Ich habe meinen Sohn bekommen, aber dafür keine Frau mehr an meiner Seite, die zu mir passt«, sagte er traurig.
»Ja. Erzwingen kann man das Glück nicht, aber zumindest daran arbeiten«, sagte sie und nahm sich vor, dies auch selbst zu beherzigen.
So ein angebrochener Arm war in vielerlei Hinsicht nützlich. Man konnte jammern, nach Mitleid heischen und war bei bestimmten Tätigkeiten auf Hilfe angewiesen – auf die Hilfe der Angebeteten. Normalerweise knöpfte Mercedes seine Hose auf und nicht zu, doch auch Letzteres hatte so viel erotische Sprengkraft, dass er sie jetzt am liebsten mit Haut und Haaren aufgefressen hätte. Nach ihrem Streit war er sich sicher gewesen, dass sie ihn nie wieder anfassen würde. Wozu doch so ein Unfall gut war.
»Werd erst mal gesund, Corazoncito«, hatte sie am Abend zuvor, bevor er eingeschlafen war, gesagt und damit signalisiert, dass sie ihn doch noch liebte, auch wenn sie zuvor hart mit ihm ins Gericht gegangen war. Sein Vater musste auch noch mit ihr gesprochen haben, was Mercedes mit Sicherheit einiges klargemacht und sein Verhalten gegenüber Lisa erklärt hatte. Umso wichtiger war es für ihn, sich bei Lisa zu entschuldigen, bevor sie abreiste. So wie es aussah, hatte sie seinem Vater verziehen. Ob Lisa auch ihm verzeihen würde, war fraglich. Eine halbe Stunde lang hatte er nach ihr gesucht, bis er sie im Garten gefunden hatte. Sie saß nahezu bewegungslos in dem weißen Pavillon, in dessen Schatten sein Vater oft saß, um zu lesen oder um sich auszuruhen.
»Hallo, Lisa«, sagte Andreas sanft und suchte Blickkontakt zu ihr. Zwar sah sie in seine Richtung, schien aber in Gedanken noch ganz woanders zu sein.
»Setzen Sie sich«, sagte sie in einem Tonfall, der keine Rückschlüsse darauf zuließ, ob sie ihm jetzt gleich die Leviten lesen oder seine Entschuldigung annehmen würde.
»Hier haben wir unsere Hochzeitsfotos machen lassen. Wie doch die Zeit vergeht«, sagte sie und blickte immer noch in den Garten.
»Ich kenne das Bild. Mein Vater hat es mir mal gezeigt. Ihr wart ein hübsches Paar«, sagte er.
»Äußerlich hat ja auch alles gepasst …«, entgegnete Lisa ohne Bitterkeit.
»Ich hab nicht verdient, dass Sie meine Entschuldigung annehmen, aber … Es tut mir leid. Ich hatte ein ganz anderes Bild von Ihnen und …«
»Und was?«, hakte sie nach.
»Ich glaub, ich war deshalb so auf dieses Haus fixiert, um meinem Vater etwas zu beweisen. Das war völlig bescheuert.«
»Da haben Sie recht«, stimmte sie zu. »Aber am Ende war es gut so.«
»Gut?«, fragte er und überlegte, ob sie damit vielleicht meinte, dass sie sich über die Ereignisse mit seinem Vater ausgesprochen hatte.
»Sie haben mein Leben geradezu demontiert. Das wissen Sie, oder?«, fragte Lisa und blickte ihm dabei in die Augen.
Andreas nickte schuldbewusst.
»Um genau zu sein, haben Sie mir meinen Urlaub versaut, mich dazu getrieben, langjährige Freundschaften zu beenden, und ich hatte hier gute Freunde – zumindest glaubte ich das immer … Ich hab mich Ihretwegen in das Flamencokleid einer Prostituierten gepresst, verzichte seither auf Schminke und fühle mich in Klamotten wohl, die schon fünf Jahre alt sind.«
»Kann ich das irgendwie wiedergutmachen?«, fragte er in der Hoffnung auf Milde.
Lisa sah ihn aber
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