Lisa geht zum Teufel (German Edition)
schließlich fahren und hatte sich in Claudias Augen die letzte Ration redlich verdient. Durst! Lisas Mund fühlte sich bereits an wie die Wüste Gobi. Die beiden waren noch in der Zoohandlung. So schnell konnten Delia und Rafael mit ihren Tüten gar nicht laufen, wie sie zurück beim Wagen sein würde, kam es Lisa in den Sinn.
»Ich hol schnell Wasser«, schlug sie vor. »Will noch jemand ein Eis?« Das war das Mindeste, was sie für ihre Freunde tun konnte.
»Irgendwas mit Vanille«, sagte Alex.
»Schoko und noch eine Cola«, bestellte Vroni prompt.
»Und du, Claudia?«
»Fruchteis. Irgendwas, aber auf alle Fälle Fruchteis.«
Gut, immerhin war dies nun geklärt. Lisa blickte sich erneut zur Zoohandlung um. Die Luft war rein. Die beiden waren noch im Laden. Es würde schnell gehen, also nichts wie rein.
Eine Mercadona-Filiale erinnerte Lisa stets daran, dass es in ihren ersten Jahren in Spanien einfach nicht genug Auswahl an Lebensmitteln gegeben hatte. Gar kein Vergleich zu Deutschland. Spätestens nach ein paar Monaten verzehrte man sich buchstäblich bei dem Gedanken an irgendetwas, was nicht »spanisch« schmeckte. So lecker der Serrano-Schinken auch war, so würzig verschiedene spanische Käsesorten, so pikant die Salami, irgendwann kam der Punkt, an dem einem schon beim bloßen Gedanken an eine Scheibe Schwarzbrot mit banaler Schinkenwurst das Wasser im Mund zusammenlief. Lisa stellte beim Spurt entlang der Käse- und Wursttheke fest, dass sich die Zeiten Gott sei Dank geändert hatten, vor allem, seitdem es diese Supermarktkette hier gab. Neuerdings hatten sie sogar Käsesorten aus Frankreich. Das musste sie sich merken. Wo waren nur die Kühltruhen und wo die Getränke? »Bebidas« stand auf einem Display, das von der Decke baumelte. Letzteres war somit geklärt. Am besten, sie besorgte sich auch gleich eine Cola. Das war zwar äußerst ungesund, aber gut für den inzwischen bedrohlich gesunkenen Blutzuckerspiegel. Nun zum Eis! »Congelados« stand auf dem Schild zwei Gänge weiter. Lisa beschleunigte ihre Schritte, nicht dass die beiden ihnen noch entwischten, weil sie sich zwei Minuten Traumzeit an der Wurst- und Käsetheke gegönnt hatte. Vanille und Schoko – kein Problem, doch wo um alles in der Welt war das Fruchteis? Lisa schob mittlerweile schon die fünfte Eisbox von einem Stapel zum anderen, legte Kartons auf die Ablage der benachbarten Truhe und wühlte sich richtiggehend hinein. Sehr sinnig, verschiedene Eissorten in Kartons übereinanderzustapeln. In Sachen logischer Organisation waren die Spanier den Deutschen immer noch unterlegen. In dem Moment fiel ihr ein, dass Eis in Spanien eine heikle Sache war. Wenn man Pech hatte, erwischte man einen Supermarkt, der im Zuge seiner falsch verstandenen Stromsparpolitik nachts die Gefriertruhen ausmachte. Eis ist kalt, also kühlt es sich quasi von allein – spanische Logik. Das merkte man daran, wenn sich feine Eiskristalle, sozusagen eine feine Schneeschicht auf der Oberseite des Eises gebildet hatte. Lisa hob deshalb vorsichtig den Deckel eines Schokoeises mit Waffel an. Entwarnung. Hier konnte man guten Gewissens einkaufen. Nur, wo war jetzt das dämliche Fruchteis, auf dem Claudia so beharrt hatte? Wieder streckte sie sich nach einem Karton. Die Fingerspitzen ihrer Hände schmerzten schon, so kalt waren die Verpackungen.
»Wir müssen gehen«, zischte es plötzlich von der Seite. Claudia stand neben ihr und hatte schon ihren Einkaufskorb mit den Getränken und dem Eis in der Hand.
Wieso war sie kreidebleich und blickte sich hektisch um?
»Sie sind hier«, flüsterte sie. »Hier drin. Irgendwo hier drin.« Lisa erstarrte.
»Hau einfach ab. Ich zahl das«, presste Claudia im Flüsterton hervor.
»Wo sind sie denn? Nicht dass ich ihnen noch in die Arme laufe.«
Claudia sah sich gehetzt um. »Keine Ahnung. Ich bin ihnen nicht gefolgt. Ich musste ja erst einmal dich finden.«
Kaum ausgesprochen, vernahm Lisa auch schon Delias Stimme.
»Ich schwöre dir, die haben hier auch keinen Baldrian«, sagte sie so laut, als ob sie neben ihr stehen würde.
»Mercadona hat alles. Ich kenn deren Müllcontainer in- und auswendig. Glaub mir«, hörte sie Rafael erwidern.
»Wenn nicht, musst du die Tüten eben noch bis zur Apotheke schleppen«, vernahm Lisa aus unmittelbarer Nähe.
Baldrian? Das konnte nur heißen, dass ihre Nerven auch nicht mehr die besten waren. Interessant! Den Lauschangriff jetzt abzubrechen könnte bedeuten, dass ihr wertvolle
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