Lisa geht zum Teufel (German Edition)
Merkwürdige an Lügen ist, dass man sie umso eher glaubt, je irrer sie sind. Ich sage nur JFK oder Nine-Eleven. Da hat man uns sicher auch nicht die volle Wahrheit gesagt, aber wir glauben alles, weil es völlig verquer und abgefahren ist.«
»Sie ist sowieso schon davon überzeugt, dass Felipe uns instrumentalisiert«, sagte Rafael.
»Das ist gut so. Genau so will es Andreas ja auch haben.«
»Am liebsten würde ich Lisa die Wahrheit sagen«, bekannte Rafael, und seinem wehleidigen Blick nach zu urteilen, litt er sehr unter den Lügen, in die er sich verstrickt hatte.
»Was würde das ändern, außer dass du auf sehr viel Geld verzichten müsstest?«, fragte Delia.
»Ich würde mich besser fühlen«, gestand er träge und bestätigte damit Delias Eindruck, dass er in Lisa nicht mehr den Feind sah. So nachdenklich hatte sie Rafael schon lange nicht mehr erlebt.
»Immerhin müssen wir hier keine Show mehr abziehen«, sagte sie, in der Hoffnung, Rafael damit etwas aufzumuntern.
»Sehr gnädig …«, entgegnete er und wirkte kein bisschen munterer.
»Mich kotzt Andreas auch an. Außerdem glaube ich nicht, dass er uns die Wahrheit über seinen Vater und Lisa gesagt hat.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte Rafael.
»Nur so ein Gefühl«, erwiderte sie. »Vielleicht ist er aber auch nur ein Feigling, der sich hinter seinem Vater versteckt.«
»Und wie kriegen wir Lisa jetzt dazu, dass sie uns auf dieses Fest begleitet?«, fragte Rafael und wirkte dabei überaus hilflos.
»Lass dir was einfallen. Du verstehst dich doch schon ganz gut mit ihr.«
»Tue ich das?«, fragte Rafael und schmunzelte dabei leicht.
Felipe ertappte sich schon den ganzen Vormittag im Büro dabei, beharrlich an Lisa zu denken. Dabei warteten zwei lukrative Immobilienvermittlungen auf ihre Abwicklung. Was musste Andreas auch mit ihr Kontakt aufnehmen! Dass er sich offenbar gut mit ihr verstand, machte Felipe nach wie vor fassungslos und warf, obwohl er sich mit aller Macht dagegenstemmte, immer wieder die Frage auf, warum damals alles völlig aus dem Ruder gelaufen war. Wenn man einmal anfing, in den Schubladen der Erinnerung zu kramen, lief man Gefahr, vom Hundertsten ins Tausendste zu trudeln. Zum wiederholten Mal legte Felipe den Kaufvertragsentwurf zur Seite, um seinen Gedanken nachzuhängen, lehnte sich zurück und zwang sich dazu, seinen Verstand einzuschalten. Sie hatte ihn verlassen. Punkt! Dabei hatte er ihr doch gar keinen konkreten Anlass dazu gegeben … Oder etwa doch? Und schon tauchte der nächste Erinnerungsfetzen auf. Disziplin half da gar nichts. Noch nicht einmal Tino Pepes Sherry hatte die Kraft, dieser aufquellenden und unwürdigen Melancholie etwas entgegenzusetzen. Felipe dachte an ihre gemeinsamen Ausritte. War eine tolle Zeit, überlegte er, und kaum zu Ende gedacht, fiel ihm ein, dass er Lisa das Reiten beigebracht hatte. Eins führte zum anderen, und jede noch so banale Erinnerung zwang ihn, an Zeiten zu denken, in denen sie ein glückliches Paar gewesen waren. Und ein hübsches noch dazu. Schon war er in Gedanken bei ihrer Hochzeit, hier in Jerez. Alle hatten ihn um Lisa beneidet, eine Frau, die nicht nur schön, sondern auch intelligent war. Ein richtiges Schmuckstück! »Das war einmal. Du hast ihre andere Seite kennengelernt. Sie war es, die dich verlassen hat«, konterte sofort die trotzige innere Stimme, der er jahrelang gefolgt war, die aber minütlich schwächer wurde. Sie drohte ganz zu versiegen, als er sich die ketzerische Frage stellte, ob er damals, anstatt Lisa zu bekriegen, nicht besser hätte um sie kämpfen sollen. Hatte er sich in Beate denn nicht in erster Linie deshalb verliebt, weil sie Lisa ähnlich sah? Und? Selbst wenn es so war. Hatte Beate ihn nicht auch verlassen, wenngleich aus anderen Gründen? Hatten ihn nicht alle Frauen verlassen? Jetzt nur nicht in Selbstmitleid versinken, nahm Felipe sich tapfer vor, doch schon wieder dachte er an Lisa. Ob sie wohl ihre damalige Schönheit über die Jahre hatte bewahren können? Würde er sie beim Notartermin sehen? Allein die Vorstellung löste in ihm eine unselige und zermürbende Mischung aus Zorn und Neugier aus. Er musste herausfinden, was jetzt Sache war, ob Lisa tatsächlich gedachte, ihm ihr Wohnrecht zu verkaufen. Vielleicht würde er sich nach einem Gespräch mit Andreas wieder auf seine Arbeit konzentrieren können. Auf seinem Handy war er aber nicht zu erreichen. Wahrscheinlich steckte er bei Mercedes. Einen Versuch war es
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