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Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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vorbei will, ebenso gut fährt!“
    „Die weibliche Ängstlichkeit…“, lächelte der junge Boor.
    „Sicherlich“, sagte ich. „Aber ich habe diesmal nicht als ängstliche Frau, sondern als erfahrene Fahrerin gesprochen. Ich fuhr schon Auto, als Lisbeth noch gar nicht geboren war. – Und nun geh, mein Kind, und amüsiere dich gut!“
    Lisbeth küßte mich schnell auf die Wange, und ich notierte innerlich die Gefühle, die sie in diesem Augenblick bewegten. In Worte umgesetzt sahen sie so aus: „Es war ja sehr kameradschaftlich von dir, Mutti, daß du nichts von dem Kleid gesagt hast. Aber du hättest es ruhig bleiben lassen können, die Bemerkung über das Autofahren zu machen. Was für ein Lampenfieber ich habe! Ich freue mich so, daß es mir ordentlich in den Beinen kribbelt.“
    Kurz darauf saß Lisbeth glücklich mit glühenden Wangen im Wagen, der mit seinen vielen Zylindern und dem hydraulischen Gang so leise startete, daß man, im Vergleich mit dem Geknatter von Mortens Motorrad, nur von einem zärtlichen Flüstern sprechen konnte.
    Wenn es auf der Fahrt in diesem Wagen nur nicht auch sonst zu einem zärtlichen Geflüster kam…!
    Ich stürzte mich auf meine Übersetzung, als Peik zu Bett gebracht war. Wäre doch nur Heming zu Hause gewesen! Aber er war zu einer Sitzung des Pädagogischen Vereins gegangen.
    Da hörte ich Schritte auf der Verandatreppe. Jemand klopfte an die Tür.
    „Nein! Bist du es, Marianne? Wie lieb von dir! Ich sitze gerade hier, fühle mich so verlassen und bin voller Sorgen.“
    Marianne legte den Strumpf, den sie repariert hatte, auf den Tisch und sagte mit ihrem stillen, hübschen Lächeln:
    „Du fühlst dich verlassen, weil Heming nicht zu Hause ist, und bist voller Sorge, weil Lisbeth ausgegangen ist. Habe ich recht?“
    „Ja, Marianne, du hast recht. – Aber geh doch mal in die Küche und bitte Erna, sie möchte uns ein paar extra gute belegte Brote zurechtmachen. Inzwischen schreibe ich die drei Reihen, die auf dieser Seite noch fehlen.“
    Erna weiß, was „extra gute belegte Brote“ bedeuten. Die Platte, die sie eine Weile später auf den Tisch setzte, hätte sich mit Glanz überall und in jeder beliebigen Gesellschaft behaupten können.
    „Wie gemütlich es bei dir ist!“ sagte Marianne.
    Der Abend war kühl. Wir hatten deshalb im Kamin Feuer gemacht.
    „Du, Marianne, weißt du, woran ich denke? Willst du nicht eines Tages deine Mutter mitbringen, wenn du zu uns kommst? Natürlich rufe ich bei euch an und lade sie ein.“
    Ein Schatten glitt über Mariannes Gesicht.
    „Mutter – Mutter ist immer so in Anspruch genommen. Jetzt in der Saison macht sie jeden Abend Überstunden. Außerdem – mußt du wissen – ist Mutter so – so – menschenscheu. Sie will am liebsten allein oder nur mit mir zusammen sein. – Soll ich dir Tee einschenken?“
    Wie so oft schon lenkte sie flink ab, sobald das Gespräch etwas berührte, das sie selber betraf.
    „Gut, Marianne. Ich will dich nicht quälen. Aber wenn deine Mutter irgendwann einmal Lust hat, herzukommen, so weißt du, daß sie willkommen ist – ganz gleich wann. Unangemeldet und ohne jede Förmlichkeit! Und nun sprechen wir nicht mehr davon. – Uff, Marianne! Ich entwickle mich wohl immer mehr zu einer richtigen altmodischen Gluckhenne. Denn es gefällt mir ganz und gar nicht, daß Lisbeth heute abend ausgeht.“
    „Mir auch nicht“, sagte Marianne, nachdenklich in ihrer Tasse herumrührend.
    „Dir auch nicht?“
    „Nein. Es gefällt mir nicht, daß sie mit Erling Boor zusammen ist.“
    „Kennst du ihn?“
    „Ich begegnete ihm einmal vor langer Zeit. Als er klein war. Er – er hatte eine Katze, die er quälte…“ Mariannes Gesicht verzog sich.
    „Aber, Marianne, du weißt ja, daß schrecklich viele Kinder in einem gewissen Alter grausam gegen Tiere sind. Sie können trotzdem später ordentliche Menschen werden.“
    „Nicht Erling Boor. Weißt du – ich vergesse nie das Gesicht, das er dabei machte… nein, ich mag und mag nicht daran denken!“
    „Erzähle es Lisbeth!“
    „Ja, das werde ich tun, wenn – ja, wenn es nötig werden sollte. Übrigens war er damals gar nicht mehr so klein. Er war zwölf Jahre alt – und ich acht. Ein Junge von zwölf Jahren sollte über das Grausamkeitsalter hinaus sein.“
    Ein Gedanke fuhr mir durch den Kopf: Wer weiß, ob er jetzt schon darüber hinaus ist? Aber ich schüttelte diesen Gedanken von mir ab. „Man soll sich nicht gar zu viele Sorgen machen,

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