Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
Motoröl etwas besser ins Gesicht und zog ab, um sich auf seinen Ausguckposten zu begeben.
    Nils Sunde war stämmig und untersetzt, nicht gerade groß, aber gut gebaut. Seinem Aussehen nach mochte er um die Dreißig sein. Seine Augen funkelten munter hinter den Brillengläsern.
    „Dich schickt der Himmel!“ sagte Heming. „Es fehlt uns gerade ein Kavalier – oder vielmehr: es wird uns einer fehlen, sobald Peik sich hingelegt hat. Steffi, darf ich dir meinen Kollegen Sunde vorstellen? – Meine Frau. – Meine Tochter Lisbeth, – eine künftige Schülerin, Sunde; mach dich auf das Schlimmste gefaßt! – Morten Gran, auch ein künftiger Schüler; aber du wirst an ihm mehr Freude haben als an meiner Tochter. – Marianne Vesterholm, eine junge Freundin des Hauses – mein Sohn Peik!“
    „Das hat sich ja großartig getroffen“, sagte Nils Sunde. „Der Abend ist gar zu schön, um jetzt schon in die Stadt zurückzuradeln. – Darf Ihr Mann denn so etwas tun, gnädige Frau? Ich meine, daß er Ihnen im letzten Augenblick einen Gast ins Haus schleppt, mit dem Sie überhaupt nicht gerechnet hatten?“
    Ich lachte.
    „Wir lassen uns nie von unerwarteten Gästen einen Schreck einjagen. Was meinst du, Marianne?“
    „Ihr seid unvergleichlich“, sagte Marianne.
    „Hier kann einer zu jeder Zeit kommen und jede beliebige Bitte vorbringen“, erklärte Morten. „Ob es sich nun um ein Mittagessen oder um die Benutzung des Telefons oder um Aushilfe mit einer Fahrradpumpe oder um ein Bad handelt oder…“
    „Übernimm dich nicht, Morten!“ unterbrach Heming. „Und nun wollen wir sehen, daß wir etwas in den Magen bekommen! Peik, wasch dich! Mach schnell, sonst essen wir dir den ganzen Ernasalat auf!“
    Bei Tisch saß ich rechts von Nils Sunde. An seiner linken Seite hatte er Marianne, während Lisbeth ihm gegenüber saß. Lisbeth war jetzt ganz munter und gut aufgelegt. Sie zeigte sich von ihrer allerliebsten Seite, war entzückend unverschämt gegen Heming und mich, entzückend aufrichtig gegen Morten, entzückend nett zu Marianne und – entzückend zu Sunde.
    Sunde beherrschte sich eine ganze Weile, aber unsere Freimütigkeit machte ihm Mut, und schließlich fuhr es aus ihm heraus:
    „Ich bitte um Entschuldigung, daß ich frage – aber wie…“
    „… in aller Welt können Sie eine so große Tochter haben?“ fiel Lisbeth ihm ins Wort. „Wir sind auf diese Frage hier im Hause vorbereitet! Also: Vati ist sechsunddreißig, Mutti vierunddreißig, und ich bin siebzehn. Und nun müssen Sie ihre Gesichtsmuskeln beherrschen, damit wir es Ihnen nicht ansehen, daß Sie ,aha!’ denken, denn Sie müssen wissen, daß es dabei gar kein ,Aha!’ gibt. Ich bin nämlich ein Adoptivkind und nicht einmal ein hoffnungsvolles. Ich bin der größte Kummer meiner Eltern und schrecklich schlecht erzogen, aber im Grunde bin ich vielleicht ganz gut, denn man sagt, ich hätte ein goldenes Herz.“
    Nils Sunde brach in ein schallendes Gelächter aus.
    „Vielen Dank für die ausführliche Erklärung!“ sagte er.
    „Ich bin kein Adoptivkind“, bemerkte Peik todernst.
    „Was bist du denn?“ fragte Nils Sunde. „Von wo haben Vati und Mutti dich geholt?“
    Peik warf ihm einen unendlich verachtungsvollen Blick zu. „Die haben mich nicht geholt“, antwortete er sehr ruhig. „Die haben mich gekriegt.“
    Ich gab es auf, mich wegen meiner schlecht erzogenen Kinder zu entschuldigen.
    Sunde amüsierte sich königlich. Plötzlich wandte er sich an Marianne.
    „Und Sie? Sie sind weder ein Adoptivkind noch eine künftige Schülerin?“
    „Weder das eine noch das andere. Leider. Ich bin wohl gar nichts.“
    Peik sah auf, und seine Augen leuchteten.
    „Du bist Marianne“, sagte er.

8
     
     
    „Wir ziehen uns ins Privatleben zurück“, verkündete Heming, als der Ernasalat bis auf die letzte Spur verschwunden war und verschiedene andere gute Dinge ihm Folge geleistet hatten. „Aber wir werden uns beeilen und bis zum Kaffee mit unserer Besprechung fertig sein. Steffi, leihst du uns ,Paneuropa’ aus?“
    Nils Sunde machte ein verständnisloses Gesicht.
    „Es ist das Arbeitszimmer meiner Frau“, erklärte Heming. „Der Ort, an dem sich alle europäischen Sprachen begegnen. Hier in unserem Hause, mußt du wissen, hat auch die Frau ein Arbeitszimmer. Übrigens: ,Paneuropa’ war Lisbeths witziger Einfall.“
    „Nein, hör mal, das war meiner“, wandte Morten ein. Nils Sunde lachte; der Ton in unserem Hause erschreckte ihn nicht

Weitere Kostenlose Bücher