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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Lutz
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darauf ein. Er nahm sich ein Taxi, Mom drückte ihm die Autoschlüssel in die Hand, mit der Weisung, erst dann zu fahren, wenn er wieder jeden Promilletest bestehen konnte. Dann fuhr sie mit Jakes Taxi nach Hause.
    Von Petras Wohnung aus versuchte ich noch einmal mein Glück bei Martin Snow. Und stieß wieder einmal auf seine Mailbox. Ich bat ihn nachdrücklich um einen Rückruf, mit dem diskreten Hinweis, dass ich andernfalls nicht lockerlassen würde. Dabei erwähnte ich weder den ungeklärten Anruf noch Greg Larsens Zweitwagen oder irgendein anderes Detail, das mit dem Fall zusammenhing. Diese Trümpfe wollte ich mir aufsparen.
    Die fünfzehn Dollar pro Stunde hätte Mom sich gut und gern schenken können. Durch das erleuchtete Fenster in Petras Wohnung bekam Jake Hand nur zu sehen, wie ich auf ihrem Bett hockte und zum x-ten Mal die Snow-Akte durchging. Als ich um drei Uhr früh einen Blick nach draußen warf, sah ich, dass er hinter dem Lenkrad eingepennt war.
    Am nächsten Vormittag schlief Jake immer noch wie ein Stein, allem Verkehrslärm zum Trotz. So konnte ich ungestört meiner Wege gehen.
    Hätte ich daraus doch nur mehr Kapital geschlagen. Aber ich musste nach Hause zurück, um mein Zeug fertig einzupacken. Während ich unterwegs war, rief Jake meine Mutter an. Als ich ins Haus trat, hörte ich noch das Ende des Gesprächs mit.
    »Schon gut, Jake. Sie ist gerade reingekommen. Versuch’s mal mit Kaffee.«
    In meiner Wohnung musste ich feststellen, dass sämtliche Kartons, die ich bereits gepackt hatte, wieder geleert waren, wobei die meisten Sachen am falschen Ort lagerten. Mom und Dad wären subtiler vorgegangen, um meinen Auszug zu verhindern; es konnte also nur Rae gewesen sein. Das nachlässig geknackte Schloss, die Kekskrümel auf dem Boden und der Einfall, ein paar meiner Habseligkeiten mit Klebstoff zu fixieren – so vieles deutete auf sie hin.
    Einen halben Tag war ich damit beschäftigt, alles einzupacken, was Rae ausgepackt, und alles zu lösen, was sie festgeklebt hatte. Nachmittags war ich endlich wieder so weit wie am Vorabend und dürstete nach Rache. Ich fuhr zu ihrer Schule, um sie vor dem Tor abzupassen. Als sie hinter mir Dads Auto erspähte, mimte sie Verwirrung. Ich kurbelte die Scheibe runter und forderte Rae auf, sich nicht dumm zu stellen. Daraufhin fuhren wir zusammen nach Hause. Ich nötigte sie, mir in meine Wohnung zu folgen und mir beim Einpacken der restlichen Dinge zur Hand zu gehen. Ihre Sabotageversuche strafte ich mit harmlosen Drohgebärden. Eine echte Hilfe war Rae nicht, aber so hatte Onkel Ray wenigstens mal einen freien Abend. Außerdem führte ich ihr immerhin vor Augen, dass sie nicht ungestraft in fremde Wohnungen eindringen und alles Mögliche festkleben konnte. Als ich sie schließlich wegschickte, sagte Rae: »Du kommst bald zurück. Ich weiß es.« Es klang nicht wie eine Verheißung, sondern eher wie eine unheilvolle Prophezeiung.

D AS VERLORENE W OCHENENDE N R . 25
    Fünf Tage später wachte ich zum letzten Mal in Petras Wohnung auf. Ich ging in ein benachbartes Café und bestellte mir auf Spanisch einen großen Becher Kaffee. Noch während ich meine Brieftasche zückte, tauchte Dad aus dem Nichts auf und warf ein paar Scheine auf den Tresen.
    »Das geht auf mich«, sagte er.
    Immer noch benommen von diesem Akt der Zauberei, langte ich nach dem Becher und stapfte hinaus. Dad blieb mir dicht auf den Fersen und passte sich meinem schleppenden Schritt an.
    »Was hast du heute vor?«, fragte er.
    »Du rechnest doch nicht ernsthaft mit einer Antwort, oder?«
    »Hättest du Zeit? Ray ist wieder abgetaucht, und es wäre schön, wenn du mir bei der Suche helfen könntest.«
    Ich verriet ihm nicht, dass ich nichts vorhatte – weder für den Tag noch für den Rest meines Lebens. Ich verriet ihm nicht, wie froh ich war über die Ablenkung durch ein weiteres Verlorenes Wochenende.
    Ich sagte nur: »Na klar. Wir treffen uns in der Clay Street.«
    Onkel Ray war noch keine vierzehn Stunden verschwunden, da stellte Rae schon die Suchmannschaft zusammen. Am Morgen nach seiner ersten aushäusigen Nacht rief sie alle seine uns bekannten Bekannten an und erzählte ihnen, es habe in unserer Familie einen Todesfall gegeben, sollten sie also auf Onkel Ray treffen, möchten sie ihn bitte schön auf der Stelle nach Hause bringen. Das änderte nichts an seiner Abwesenheit, dafür erhielten unsere Eltern aber eine ganze Reihe von Beileidsbekundungen. Am zweiten Tag fuhr Rae nach

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