Lizenz zum Kuessen
investiert. Sie hatte ein Kleid gesucht, das billig und elegant war und noch dazu Taschen hatte. Das zu finden war in etwa so, wie Paris Hilton mit Unterwäsche anzutreffen: höchst unwahrscheinlich.
Als sie dann im Räumungsverkauf dieses Kleid mit Taschen entdeckt hatte, war es ihr absolut perfekt erschienen. Wie sie so in der Umkleidekabine gestanden hatte, mit dem verführerischen Marilyn-Monroe-Kleid und ihren Lieblings-Flipflops, hatte Nikki sich gewünscht, sie hätte damals so etwas getragen, als sie Z’ev begegnet war. Bei dem Gedanken an Z’ev hatte sie sich einen Augenblick gegönnt, um in Erinnerungen an sein wunderbares Lächeln zu schwelgen, bevor sie sich wieder konstruktiveren Gedanken zuwandte. Noch immer war sie zu keinem klaren Schluss gelangt, was es mit diesem kleinen Zwischenfall in Kanada auf sich gehabt haben könnte - obwohl sie die Episode in Gedanken immer wieder durchging -, aber in der Umkleidekabine war ihr auf jeden Fall ziemlich klar gewesen, dass sie Z’ev in dem Kleid gefallen hätte.
Noch immer strahlend zog sie sich jetzt ihre Schuhe an und betrachtete sich im Spiegel. Dann runzelte sie die Stirn. Im Laden war das Kleid perfekt gewesen, aber hier, in ihrem Zimmer und mit den schwarzen Highheels, sah der kurze, weite Rock mit den Taschen irgendwie zu kurz aus, und das Oberteil, das im Laden wie angegossen gesessen hatte, mindestens eine Nummer zu klein. Vielleicht sollte sie einen Pullover drüberziehen?
Sie hatte keinen Pullover.
In ihrer Verzweiflung zog Nikki ihr Kapuzen-Sweatshirt über, was natürlich lächerlich aussah. Also zog sie es wieder aus. Es lag gar nicht an dem Kleid, entschied Nikki, sondern an den Schuhen. Sie passten einfach nicht zu dem Kleid. Sie
seufzte frustriert und versuchte, sich damit abzufinden. Ihr altes Kleid konnte sie unmöglich schon wieder anziehen.
Nikki steckte einen Bleistiftstummel und ein zusammengefaltetes Blatt Papier in eine der Rocktaschen und betrachtete sich prüfend im Spiegel. Nachdem sie sich ein paarmal nach links und nach rechts gedreht hatte, nickte sie schließlich zufrieden.
Ellen kam aus dem Badezimmer und musterte Nikki von oben bis unten. Bei den Schuhen blieb ihr Blick hängen.
»Hast du vielleicht Schuhe in einer anderen Farbe?«
»Wenn ich die hätte, würde ich sie tragen«, erwiderte Nikki gereizt.
»Das ist ja blöd. Wir hätten auch noch nach Schuhen schauen sollen.«
»Ich habe nicht dran gedacht«, seufzte Nikki.
»Ich auch nicht. Na ja, kann man jetzt nichts mehr machen. Du siehst trotzdem gut aus. Nächstes Wochenende ziehen wir einfach noch mal los.«
Ellen hatte sich eine elegante Kombi aus Jacke und Kleid gekauft, die sowohl ihrer Figur schmeichelte als auch genügend Platz ließ, ein Mikrofon zu verstecken. Nikki bewunderte Ellens stilsicheren, guten Geschmack und wünschte, dass Nell nur ein bisschen so wäre wie Ellen. Ellen nahm das Mikro, versteckte es an der Innenseite ihrer Jacke und befestigte es von außen mit einer großen Carrie-Mae-Schmetterlingsbrosche. Als sie leise hineinsprach, erklangen undeutliche Laute von dem Aufnahmegerät auf ihrem Bett.
»Müssen wir die heute Abend auch tragen?«, fragte Nikki und fürchtete, schon wieder ihre Termine durcheinandergebracht zu haben.
»Nein, erst am Freitag. Ich wollte es nur vorher mit meinen
neuen Klamotten ausprobieren. Doppelte Anprobe sozusagen.«
Ellen betrachtete sich im Spiegel und drehte sich einmal im Kreis, um sicherzugehen, dass nirgends verräterische Kabel zu sehen waren. Sie strich sich kurz über ihr Haar und beugte sich dann so weit vor, dass ihre Nase fast den Spiegel berührte.
»Was meinst du, soll ich meine Haare färben?«, fragte sie plötzlich. »Als Dale gestorben ist, habe ich damit aufgehört. Es kam mir so unsinnig vor. Na ja«, meinte sie, » alles schien unsinnig. Meine Haare zu färben war so ziemlich das Letzte, woran ich damals gedacht habe. Aber jetzt überlege ich, ob ich nicht wieder damit anfangen sollte. Es wird immer grauer, und ich fühle mich so alt damit. So alt bin ich aber gar nicht! Ich bin erst 47. Was meinst du?«
Mit fragender Miene schaute sie Nikki an. Nikki zögerte und überlegte, was sie sagen sollte. Eigentlich mochte sie es überhaupt nicht, Leuten Tipps zu ihrem Äußeren zu geben.
»Na ja, wenn es dir nicht gefällt, könntest du ja mal ein bisschen tönen«, schlug sie vor. »Es sieht gut aus, wie es ist, aber etwas mehr Farbe könnte vielleicht nicht schaden.«
»Das finde ich
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