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Lobgesang auf Leibowitz

Lobgesang auf Leibowitz

Titel: Lobgesang auf Leibowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter M. jr. Miller
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zum Haß erzogen wurden. Noch in der vierten Generation nach der Flut erhoben sich von neuem vereinzelte Wogen des Massenwahns. Zu der Zeit richtete sich die Wut nicht mehr gegen die Gelehrten, da keine mehr übrig waren, sondern gegen jeden, der nur des Schreibens kundig war.
    Isaak Edward Leibowitz war nach vergeblicher Suche nach seiner Frau zu den Zisterziensern geflohen, bei denen er sich die ersten Jahre nach der Flut versteckt aufhielt. Nach sechs Jahren hatte er sich noch einmal auf die Suche nach Emily oder ihrem Grab gemacht, tief im Südwesten. Dort hatte er sich schließlich von ihrem Tod überzeugen lassen, denn in jener Gegend hatte der Tod uneingeschränkten Sieg gefeiert. Dort in der Wüste legte er ein stilles Gelübde ab. Dann kehrte er zu den Zisterziensern zurück, nahm ihre Kutte und wurde nach einigen Jahren Priester. Er versammelte einige Gefährten um sich und nahm im stillen einige Vorhaben in Angriff. Nach einigen weiteren Jahren waren die Vorhaben »Rom« zu Ohren gekommen, Rom, das nicht länger mehr Rom und auch nicht mehr Stadt war, woanders hingerückt war, weiter und weiter gezogen war in weniger als zwei Jahrzehnten, nachdem es zwei Jahrtausende an einer Stelle gestanden hatte. Zwölf Jahre nach dem Beginn der Vorhaben hatte Pater Isaak Edward Leibowitz die Erlaubnis des Heiligen Stuhls erhalten, eine neue Ordensgemeinschaft zu gründen, die nach Albertus Magnus, dem Lehrer des heiligen Thomas von Aquin und Patron der Wissenschaftler, genannt werden sollte. Ohne zunächst genau umrissen zu werden, sollte es ihre Aufgabe sein, im verborgenen die menschliche Geschichte für die Urururenkel der Kinder jener Simpel aufzubewahren, die sie ausgelöscht haben wollten. Ihr frühestes Habit waren Leinwandfetzen und das Bündel der Landstreicher – die einheitliche Kleidung der Simpelmassen. Ihre Mitglieder waren je nach ihrer Aufgabe entweder »Buchschmuggler« oder »Einpräger«. Die Buchschmuggler schafften heimlich Bücher in die südwestliche Wüste und vergruben sie dort in kleinen Fässern. Die Einpräger verpflichteten sich, ganze Bände von Geschichtswerken, Heiligen Schriften, Dichtung und Wissenschaft mechanisch auswendig zu lernen, für den Fall, daß ein unglücklicher Buchschmuggler gefaßt, gefoltert und gezwungen würde, das Versteck der Fässer zu verraten. Inzwischen hatten andere Mitglieder des Ordens eine Wasserstelle entdeckt, die ungefähr drei Tagereisen vom Bücherversteck entfernt lag, und begannen mit dem Bau eines Klosters. Das Unternehmen, darauf gerichtet, einen kleinen Rest menschlicher Bildung vor dem Rest der Menschheit zu bewahren, die ihn zerstört haben wollte, war in Gang geraten.
    Als Leibowitz wieder einmal an der Reihe war, Bücher zu schmuggeln, wurde er von einem Simpelhaufen gestellt. Ein abtrünniger Techniker, dem der Priester geschwind vergab, bezichtigte ihn nicht nur, ein Mann der Gelehrsamkeit, sondern auch ein Spezialist auf dem Gebiet der Waffen gewesen zu sein. Man hüllte ihn in grobe Leinwand und ließ ihn sogleich den Märtyrertod durch Erdrosseln erleiden, indem man ihn an einer Schlinge aufknüpfte, die ihm das Genick nicht brechen sollte, und zugleich verbrannte man ihn bei lebendigem Leib – auf diese Weise einen Streit zu einem guten Ende bringend, der sich in der Menge über die Todesart entzündet hatte.
    Der Einpräger gab es wenige, und ihre Fähigkeiten waren begrenzt. Einige der Bücherfässer wurden entdeckt und verbrannt, sowie verschiedene andere Schmuggler. Das Kloster selbst wurde dreimal berannt, bevor der Irrsinn abklang.
    Zum Zeitpunkt, da der Wahn geendet hatte, waren vom riesigen Vorrat menschlichen Wissens nur ein paar Fässer voll originaler Bücher und eine jämmerliche Sammlung handgeschriebener Texte, die aus dem Gedächtnis niedergeschrieben worden waren, im Besitz des Ordens verblieben.
    Nach nunmehr sechshundert Jahren der Finsternis bewahrten die Mönche immer noch diese ›Memorabilien‹, diese ›Denkwürdigkeiten‹, beschäftigten sich mit ihnen, schrieben sie wieder und wieder ab und warteten geduldig. Zu Beginn, zur Zeit des Leibowitz hatte man gehofft, ja sogar als wahrscheinlich angesehen, daß die vierte oder fünfte Generation anfangen würde, ihr Erbgut zurückzuverlangen. Aber die Mönche jener frühen Tage hatten nicht mit der menschlichen Fähigkeit gerechnet, in ein paar Generationen ein neues kulturelles Erbe hervorbringen zu können, wenn ein altes ganz und gar vernichtet ist; es mit Hilfe

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