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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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verändern, würde man alles verändern.
    Er hätte von Sethberts eigenen Leuten Gerechtigkeit üben lassen und den ehemaligen Aufseher ausliefern können, wie es sein Neffe und seine Statthalter verlangt hatten, aber der Rachedurst der Androfranziner war groß gewesen, und Petronus hatte einen Gegenspieler gebraucht, den jeder sehen konnte. Er hatte es so einrichten müssen, dass sie ihren Zorn auf diese einzelne Gestalt lenkten, damit er daraufhin tätig werden konnte, um sich selbst aus dem Amt zu entfernen und dem Orden eine Ende zu setzen. Anderenfalls hätte sich der rückwärtsgewandte Traum früher oder später wieder durchgesetzt.
    Dennoch verfolgten ihn Vlad Li Tams Worte. Rudolfo ist mein Werk gewesen, genauso wie du das Werk meines Vaters warst. Der Gedanke, dass seine Taten ein Leben lang durch sorgfältig gesetzte Reize und maßgeschneiderte Umstände manipuliert worden
sein sollten, höhlte ihn innerlich aus. Er hatte den Schmerz in Rudolfos Gesicht gesehen, nachdem der Zigeunerkönig sich mit Tam an der Smaragdküste getroffen hatte. Er wusste, welchen Preis der Waldzigeuner wegen der Intrigen dieser Familie bezahlt hatte, und der Gedanke, dass auch er selbst ein Fluss war, der von diesen sorgfältigen Machenschaften umgeleitet worden war, ließ in ihm Ärger und Zweifel aufkommen, mit denen er sich nicht befassen wollte.
    Hoch oben kreischte ein dunkler Vogel, und er blickte zu ihm auf. Er flog rasch nach Norden. Petronus beobachtete, wie er verschwand, und wandte sich wieder dem Irrgarten zu. Ein leiser Pfiff drang an seine Ohren.
    Petronus blickte über die Schulter. Die Wachen standen am Gartentor und unterhielten sich. Nachdem er seine Umstandserklärung abgegeben hatte, war Erlunds Griff um ihn lockerer geworden. Sicher hielten sie ihn weiterhin in seinen Gemächern fest, aber sie ließen dem alten Papst viele Freiheiten, wenn er über das Gelände spazierte. Immerhin würde er sich nun durch einen Fluchtversuch nicht nur zu einem Flüchtling vor dem entrolusischen Gesetz machen, sondern auch vor der Bundschaft, da er sich auf seine Rechte als König berufen hatte.
    Langsam spazierte er zum Eingang des whymerischen Irrgartens und blieb dort im Schatten der hohen Dornenwälle stehen.
    Er hielt seine Stimme gesenkt. »Ist jemand da?«
    Da bemerkte er den Gestank. Es war der Gestank von Abwasser. »Jawohl, Vater«, flüsterte eine vertraute Stimme, »und ich musste durch einen Fluss aus Scheiße kriechen, um hier sein zu können.«
    Grymlis. Mit gerümpfter Nase ging er tiefer in den Irrgarten. Petronus spürte eine Brise, wo es gar keinen Wind gab, und erkannte, dass der Graue Gardist nicht alleine gekommen war. Er zwang sich, gemächlich weiterzugehen, bis er außer Sichtweite der Wachen war. »Was tut Ihr hier?« Grymlis lachte leise, und
seine Stimme zitterte leicht unter dem Einfluss der Pulver. »Ich bin gekommen, um zu sehen, ob Ihr Eure Torheit inzwischen abgelegt habt. Ich lasse Eure Wärter beobachten, und ich habe einen frischen Beutel mit Spähermagifizienten bei mir. Obwohl der Fluchtweg womöglich Eure königlichen Empfindlichkeiten beleidigen wird.«
    Petronus spazierte weiter durch den Irrgarten. »Wie habt Ihr herausbekommen, dass Ihr mich hier finden würdet?«
    »Wir kommen nun schon seit einer Woche her. Wir haben beobachtet und abgewartet. Dies ist das erste Mal, dass Ihr nahe genug an den Irrgarten spaziert seid.«
    Nun war es an Petronus, leise zu lachen. »Noch näher, und der Gestank hätte mir schneller den Garaus gemacht, als es Erlunds Axt je gekonnt hätte.« Er musterte die Stelle, an der er Grymlis’ Stimme gehört hatte, aber die Magifizienten hielten ihn gut verborgen, und Petronus sah nichts. »Ihr seid also gekommen, um mich hier herauszuholen?«
    »Wenn Ihr es gestattet.«
    Sein Grauer Gardist musste die Antwort bereits kennen, so viel war Petronus klar. Und dennoch versuchte er es. Weil die Pflicht ihn dazu zwingt. Sein ganzes Leben lang hatte Grymlis dem Licht gedient. Zu seiner Zeit war er vier Päpsten Untertan gewesen, hatte ihnen sich selbst und sein Schwert zu Füßen gelegt. Und nachdem Petronus ihn weggeschickt hatte, damit er seine androfranzinische Uniform der Grauen Garde im lehmigen Boden der Neun Wälder vergrub, war der alte Mann fortgeschlichen wie ein ausgesetzter Hund. »Ihr wisst, dass ich nicht gehen werde«, sagte Petronus, so sanft er nur konnte.
    Er konnte sich das Schulterzucken des Mannes nur zu gut vorstellen. »Ihr wisst, dass ich es

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