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Lobgesang

Titel: Lobgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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meinem Weidenthron ein.«
    Winters fand ihre Haltung wieder. »Ich werde nicht mit dir kommen«, sagte sie mit leiser und bedachter Stimme.
    Ria zuckte die Schultern. »Du bist meine Schwester. Ich werde dich nicht zwingen.« Sie lächelte. »Die Wahrheit wird dich auch so mit der Zeit einholen. Komm zu mir, wenn du bereit bist, Winters, und ich werde dir einen neuen Traum zeigen.« Dann wandte sie sich um, und ihr Blick schweifte über den ganzen Raum. »Hört dies und merkt es euch gut: Diese Lande wurden dem Machtvolk für seinen Dienst in der Nacht von Xhum Y’Zirs Tod gegeben. Die Lande von Windwirsruh an und weiter nördlich gehören mir, und ich werde meine Grenzen gut bewachen.« Sie blickte Rudolfo an. »Die Bundheilung des Hauses Li Tam bindet uns an Eure Frau und Euer Kind. Und wenn auch das Machtvolk über den Fragen der Bundschaft steht – Sippschaft ist eine ganz andere Sache. Unsere Völker waren die Ersten in dieser Neuen Welt und die Einzigen, denen die Hexenkönige urkundlich jene Ländereien überlassen haben, die sie allen anderen vorenthalten hatten. Werdet Ihr mit uns in Frieden leben und uns in Ruhe unseren Plänen nachgehen lassen?«
    Rudolfo blickte sich im Raum um und bemerkte, dass die Verblüffung inzwischen gewichen war und nur noch Furcht und Hass und Überraschung auf den Gesichtern der Versammelten verblieben. Als ob sie nicht wüssten, was sie mit den Informationen anfangen sollten, die sie soeben erhalten hatten. Er wich dem Blick seiner Frau aus, während er die Mienen der anderen musterte. Er wusste, dass er ihr nicht in die Augen blicken und dann Rias Frage beantworten konnte. Er blickte zurück zur Machtvolk-Königin, die auf eine Antwort wartete.

    Rudolfo holte tief Luft.
    Was sage ich? Welchen Weg sollte er in diesem whymerischen Irrgarten einschlagen, in den er geraten war? Plötzlich schien ihm der richtige Weg nicht mehr so klar. Ich kann mich nicht für einen Krieg entscheiden, den ich nicht gewinnen kann , erkannte er. Sein Unbehagen wurde größer, und er spürte die Erwartung in der kühlen Luft, als sie die Frage wiederholte.
    »Werdet Ihr mit uns in Frieden leben und uns in Ruhe unseren Plänen nachgehen lassen?«
    Für den Augenblick , dachte er. Aber meine Worte müssen mit Bedacht gewählt sein.
    »Es ist mein Wunsch«, sagte Rudolfo schließlich, »mit allen Völkern in Frieden zu leben.« Besonders jetzt, dachte er, wo er auf dem Grab von Windwir stand. Aber noch während er es sagte, wurde ihm bewusst, dass sein Wunsch nach Frieden immer mit seinem Bedürfnis hadern würde, eine sichere Welt für seinen Sohn zu schaffen, eine Welt, die sich an das Licht hielt und die Finsternis mied.
    Ria nickte. »Für den Augenblick ist das genug. Die Wahrheit wird auch Euch beizeiten ereilen, Rudolfo, und Ihr werdet mit Freuden Euer Herz entblößen, um das Zeichen der Karmesinkaiserin zu empfangen.« Sie blickte ihre Schwester an, dann Jin Li Tam und Jakob.
    Und dann wandte sich Winteria bat Mardic, die Machtvolk-Königin, um und zog mit ihrer Eskorte aus Blutspähern ab.
    Erst dann blickte Rudolfo zu seiner Frau. Sie hielt Jakob fest an sich gedrückt, und das Kind lachte und quietschte, sein Gesicht rosarot und lebhaft. Er folgte mit den Augen der Linie ihres Unterarms, um das gebogene Handgelenk herum zu den schlanken Fingern, die das dünne, dunkle Haar auf Jakobs winzigem Kopf streichelten. Sein Blick wanderte am Schwung ihres Halses und Kinns entlang, dann kam er auf ihrem Gesicht zum Ruhen. Und als er ihr in die Augen sah, erkannte er dort eine
Mischung aus Verzweiflung und Erleichterung, mit Überraschung und Tränen vermischt, und in diesem Augenblick wusste er, dass er die zweiundvierzigste Tochter von Vlad Li Tam liebte und für sie sein Leben hingeben würde; dass sie wahrhaft vortrefflich und wild und schön war und dass das Kind, das sie geschaffen hatten, genauso sein würde, ungeachtet des Preises, den sie bezahlt hatten, oder der Konsequenzen, die noch folgen mochten.
    Weinend stürmte Rudolfo zu seiner Familie und umfing sie mit zitternden Armen.
    Neb
    Neb blickte über die Schlucht zu der kleinen Zeltgruppe und verlangsamte seinen Schritt zu einem Gehen. Dort waren Späherzelte in den Regenbogenfarben der Neun Häuser der Neun Wälder und Pferde, die in einem Hain aus verkrüppelten Busch-Bäumen standen. Aber es gab auch noch weitere Zelte – ein zweites, kleineres Lager, das inmitten der Zelte der Waldbewohner errichtet war. Er spuckte den letzten

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