Lockend klingt das Lied der Wueste
geschehen. Schließlich hatte sie nichts getan, was sie sich vorwerfen musste. Sie war nicht darauf aus, ihn einzufangen, und glaubte auch nicht, dass seine Mutter sie verkuppeln wollte.
„Wie hat Ihnen Jeppas Geburtstagsparty gefallen?“, unterbrach Yasmin ihre Gedanken.
Lisa war froh, über ein unverfängliches Thema plaudern zu können. Bald hatte sie ihre Sorgen vergessen und begann sich in Yasmins Gesellschaft wieder so wohlzufühlen wie zuvor. Viel zu schnell verging die Zeit, und bevor sie es sich versah, hörte sie das vertraute Knattern des Helikopters.
Ihr Gepäck stand bereits an der Tür. Sie trug wieder die Sachen, die sie bei ihrer Ankunft getragen hatte, ebenso ihren Stützschuh.
Als es an der Tür klopfte, wandte Yasmin erwartungsvoll den Kopf. Einen Moment später kam Karim herein. Sein erster Blick galt Lisa. Sie lächelte etwas verkrampft. Ausgerechnet dann, wenn sie sich wünschte, dass sein Pilot erschien, musste er selbst kommen!
Der Abschied dauerte nicht lang. Wenige Minuten später befanden sie sich im Helikopter. Der Mann, der sie am Freitag hergeflogen hatte, saß im Pilotensitz, Karim daneben. Lisa setzte sich auf den Platz, auf dem sie schon einmal gesessen hatte. Karim warf einen kurzen Blick über seine Schulter, um sicherzustellen, dass sie ihren Sitzgurt angelegt hatte.
Keine drei Worte hat er mit mir gesprochen, dachte Lisa bei sich. Starr blickte sie aus dem Fenster, um der Versuchung zu widerstehen, Karim während des Fluges ständig anzuschauen. Wie wäre die Sache ausgegangen, wenn seine Mutter tatsächlich alles getan hätte, um sie beide zusammenzubringen? Hätte Karim sie dann vielleicht zum Essen ausgeführt und hinterher zum Tanzen? Sie wäre überglücklich gewesen, in seinen Armen über das Parkett zu schweben.
Unter ihnen erstrahlte Soluddai im Nachmittagssonnenschein. Die weißen Gebäude reflektierten das Licht so stark, dass es einen beinahe blendete. Als der Helikopter abhob, presste Lisa die Nase ans Fenster, um einen letzten Blick auf die Stadt zu erhaschen, bevor sie in Richtung der Ausgrabungsstätte abdrehten.
Sie saß nur zwei Armlängen von dem Mann entfernt, der sie verdächtigte, sich mit seiner Mutter verschworen zu haben, um sein Herz zu gewinnen.
Nun, ganz so hatte er es nicht ausgedrückt. Aber was wäre dabei herausgesprungen, wenn sie es versucht hätte? Lisa stellte einige Erwartungen an den Mann, den sie liebte. Selbstverständlich wollte sie die Nummer eins in seinem Herzen sein. Doch Karim hatte mehr als deutlich gemacht, dass Nura immer die Liebe seines Lebens bleiben würde.
Als sie beim Camp gelandet waren, stieg Karim als Erster aus und streckte ihr die Hand hin, um ihr behilflich zu sein. Lisa ergriff sie nach kurzem Zögern. Ihr Knöchel schmerzte wieder mehr als zuvor, nachdem sie ihn gestern Abend nicht geschont hatte. Sie spürte, wie ihr Herz unruhig zu pochen anfing, als sie dem forschenden Blick von Karims dunklen Augen begegnete. Unwillkürlich fuhr sie sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Sobald sie festen Boden unter den Füßen hatte, zog sie ihre Hand rasch zurück.
Der Pilot reichte ihre beiden Taschen aus der Tür. Bevor Lisa danach greifen konnte, hatte Karim sie an sich genommen. „Ich trage sie Ihnen zum Zelt.“
„Ich komme schon allein zurecht“, erwiderte sie. „Nicht, dass Sie wieder einen falschen Eindruck bekommen.“
Er ignorierte ihren Einwand. „Gehen Sie“, befahl er.
Mit einem Seufzer gab Lisa nach. Die Sache war es nicht wert, sich herumzustreiten.
Über dem Camp flimmerte die Hitze. Die Leute drängten sich in dem bisschen Schatten, den die Zelte und Planen boten. Vor Lisas Zelt blieb Karim stehen. Er warf einen kurzen Blick über seine Schulter und beugte sich näher zu ihr.
„Ich hoffe, dass Sie meine Entschuldigung angenommen haben“, fragte er leise.
„Ja, das sagte ich doch bereits. Es war ein Missverständnis.“ Lisa musste wieder daran denken, wie wohl sie sich in seiner Gegenwart gefühlt hatte, obwohl er als Scheich ein Adliger war. Der gestrige Abend und nicht zuletzt Karims verletzende Worte hatten alles verändert und ihr bewusst gemacht, in welcher Traumwelt sie in den letzten Tagen gelebt hatte. Besser, sie behielt in Zukunft einen klaren Kopf.
Doch das war gar nicht so einfach, wenn sein Gesicht ihrem so nahe war wie jetzt. Sie brauchte nur ein wenig den Kopf zu drehen, und ihre Lippen würden seine Wange berühren. Ob er darauf womöglich mit einem Kuss
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