Lockend klingt das Lied der Wueste
Für ihn waren solche Partys schon lange nicht mehr interessant. Im Grunde hatte er sie nur Nura zuliebe mitgemacht. Jetzt, wo sie nicht mehr bei ihm war, beschäftigte er sich lieber mit seinen Plänen, einen Teil der Wüste in fruchtbares Land zu verwandeln.
„Können wir uns dort drüben ein wenig hinsetzen?“, bat Lisa. „Ich gebe es nicht gern zu, aber mein Fuß fängt wieder an zu schmerzen.“
„Warum haben Sie nicht schon vorher etwas gesagt?“ Karim nahm sie am Arm und führte sie zu einem der stuckverzierten Alkoven, wo bequeme Sessel zum Verweilen einluden.
Nachdem Lisa sich gesetzt hatte, besah er sich ihren Knöchel.
„Es wird vorbeigehen“, meinte sie und massierte ihren Fuß. „Ich bin nur zu viel herumgelaufen und habe meinen Stützschuh nicht an.“
„Möchten Sie nach Hause fahren?“
„So bald?“
Karim zuckte die Schultern. „Meinetwegen hätten wir schon vor zwei Stunden gehen können.“
„Und was ist mit Ihrer Mutter?“
„Ich werde sie fragen, ob sie mit uns kommen möchte oder ob ich ihr den Chauffeur später zurückschicken soll.“
„Ist es nicht ein bisschen unhöflich, so frühzeitig zu verschwinden?“, wandte Lisa ein.
„Ich habe genug von der Party, und Sie offenbar auch. Ihr verletzter Fuß ist die beste Entschuldigung, die es gibt. Warten Sie hier, ich bin gleich wieder zurück.“
Karim bahnte sich einen Weg durch die Menge. Er war froh, einen Grund zum Gehen zu haben. Er fand seine Mutter und erklärte ihr die Situation, dann gab er seiner Cousine Bescheid und wünschte ihr noch eine schöne Geburtstagsparty.
Jeppa lächelte ihn strahlend an. „Es war nett, dass du gekommen bist und mir deine Freundin vorgestellt hast“, sagte sie mit einem Blick in Lisas Richtung. „Ich kann es kaum erwarten, sie näher kennenzulernen. Die erste Party ohne Nura war bestimmt nicht leicht für dich, ich weiß. Wir alle vermissen sie. Aber ich bin froh, dass du jemanden gefunden hast, mit dem du deine Freizeit verbringst.“
„Sie ist ein Gast meiner Mutter“, betonte Karim. Er hatte das Gefühl, die Dinge klarstellen zu müssen, bevor seine Cousine irgendwelche Gerüchte verbreitete.
Jeppa lachte. „Natürlich. Es würde sich auch nicht schicken, sie ohne Anstandsdame in deinem Haus übernachten zu lassen.“
Karim gab seiner Cousine zum Abschied einen Kuss auf die Wange und wandte sich zum Gehen. Jeppas Worte bestätigten ihm nur, was er bereits befürchtet hatte. Wollte sie sich als Kupplerin betätigen?
Karim durchquerte den Raum und ignorierte die Leute, die ihm etwas zuriefen. Je schneller er die Sache klärte, umso besser. Wusste Lisa von diesen Plänen, oder war sie gar die treibende Kraft?
Sie blickte ihm lächelnd entgegen, doch er konnte auch die Anspannung in ihren Gesichtszügen sehen.
„Sind Sie so weit?“, fragte er.
„Ja. Je länger ich sitze, umso schwerer fällt mir das Aufstehen.“ Etwas umständlich erhob sie sich und trat vorsichtig mit dem verletzten Fuß auf. Dann machte sie ein paar Schritte.
Als sie zum Eingangsportal gingen, bemerkte Karim, dass sie humpelte.
„Soll ich Sie tragen?“, bot er an.
„Um Himmels willen, nein“, wehrte sie ab. „Ein solches Aufsehen wäre mir peinlich.“
Aber es wäre auch eine perfekte Gelegenheit, allen unsere Zusammengehörigkeit zu demonstrieren, dachte Karim bei sich. Offenbar ging die Sache doch nur von seiner Mutter aus. Oder bildete er sich das alles ein?
Wenig später saßen sie in der Limousine. Vor dem Apartmenthaus seiner Mutter setzte der Chauffeur sie ab. Schweigend fuhren sie im Fahrstuhl nach oben. Karim hatte einen Schlüssel. Er wollte Lisa nur einlassen und dann gleich wieder gehen.
„Macht Ihnen das Wochenende in der Stadt Spaß?“, erkundigte er sich, als sie oben angelangt waren.
„Oh, ja! Ihre Mutter und ich haben heute einen Einkaufsbummel gemacht, das war ein echtes Erlebnis für mich. Anschließend ist sie mit mir durch die Stadt gefahren, damit ich mir ein Bild davon machen konnte, was ich alles fotografieren möchte. Leider hatte ich nicht die richtige Kameraausrüstung dabei, sonst hätte ich gleich angefangen zu fotografieren. Soluddai ist eine faszinierende Stadt.“
Karim schloss die Wohnungstür auf und ließ Lisa eintreten. Im Flur brannte Licht, doch die anderen Räume lagen im Dunkeln. Wie in stillem Einvernehmen gingen sie in den Salon. Das Licht blieb aus.
„Oh, wie schön!“, rief Lisa begeistert, als sie hinter der großen Fensterfront das
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