Lockend klingt das Lied der Wueste
Lisa, als es im Salon der Fall gewesen wäre. Er konnte ihren Duft riechen und beinahe spüren, wie seidig ihr Haar war.
Lisa erging es nicht anders. Karims Nähe machte sie nervös, und wenn sie nervös war, redete sie mehr als sonst. Noch nie zuvor hatte sie auf einen Mann so stark reagiert wie auf Karim. Allein der Klang seiner dunklen Stimme war für sie berauschender als Wein. Sie hätte ihm die ganze Nacht zuhören können. So stellte sie ihm auch eine Frage nach der anderen.
Die Wärme, die von ihm ausging, hüllte sie ein wie ein schützender Umhang. Es fiel ihr entsetzlich schwer, dem Verlangen zu widerstehen, sich gegen ihn zu lehnen. Die süßen Qualen machten sie halb verrückt, trotzdem hätte sie im Moment nirgendwo anders auf dieser Welt sein wollen.
Manche Straßen waren beinahe taghell. Lisa konnte die Leuchtreklamen in arabischer Schrift nicht entziffern, doch sie fand deren Farbenspiel einfach fantastisch.
„Wo sind wir hier?“, wollte sie wissen, als sie durch eine besonders belebte Straße fuhren. „Im Touristenzentrum. Die Restaurants und Bars sind bis spät in die Nacht geöffnet.“ „Sind das die Lokale, die du mit deiner Frau besucht hast?“
„Manche davon.“
Zum wiederholten Male fiel Lisa auf, dass er nur selten über seine Frau sprach. Wahrscheinlich schmerzte ihn die Erinnerung an sie immer noch. Sie nahm an, dass die beiden einander sehr geliebt haben mussten.
Es war schon spät, als sie zurückkamen. Karim brachte sie zur Wohnungstür und wünschte ihr eine gute Nacht.
Lisa ging gleich zu Bett. Zwei Stunden später wurde sie unsanft wieder aus dem Schlaf gerissen. Über der Stadt tobte ein heftiges Gewitter. Grelle Blitze zuckten über den Himmel, auf die ohrenbetäubendes Donnerkrachen folgte. Zitternd zog Lisa die Decke höher. An den Fensterscheiben lief der Regen in Strömen herunter. Sie hatte die Vorhänge offen gelassen, um noch etwas von den Lichtern der Stadt zu sehen, nun hatte sie leider auch freien Blick auf das Gewitter.
Lisa schluckte schwer. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Sie fühlte sich wieder wie das kleine Mädchen, das in dem Autowrack eingeklemmt war und verzweifelt nach seiner Mutter schrie. Wie hypnotisiert blickte sie aus dem Fenster. Die alte Angst kroch in ihr hoch und nahm ihr den Atem. Ihre Handflächen wurden feucht, und trotz der Wärme fröstelte sie.
Eine halbe Stunde später war das Schlimmste vorbei. Zwar konnte man immer noch entferntes Donnergrollen hören, aber der Himmel wurde nicht mehr taghell von Blitzen erleuchtet, und auch der Regen hatte nachgelassen.
Lisa stand auf und ging in die Küche, um sich ein Glas warme Milch zu machen. Sie brauchte etwas, um ihre Nerven zu beruhigen und die schlimmen Erinnerungen zu vertreiben, damit sie wieder einschlafen konnte. Es war erst vier Uhr morgens. Ich wünschte, ich hätte Karims Telefonnummer, dachte sie bedauernd. Seine Stimme hätte sie jetzt am ehesten beruhigt.
Am nächsten Morgen brachte Maliq ihr heiße Schokolade und noch warme Croissants. Lisa war überrascht, das Mädchen zu sehen.
„Ich wusste nicht, dass Sie bei Yasmin al Shaldor arbeiten“, sagte sie.
„Das tue ich sonst auch nicht. Seine Hoheit hat mich hergebracht, weil ich Englisch spreche und Sie ein paar Tage hier bleiben werden.“ Maliq lächelte sie an. „Ich freue mich, Ihnen zu Diensten sein zu dürfen. Seine Hoheit lässt anfragen, ob Sie heute wieder Lust auf eine Stadtrundfahrt hätten?“
„Das wäre wundervoll. Ich möchte noch verschiedene Aufnahmen machen.“
„Dann werde ich ihm Bescheid sagen. Er hat zehn Uhr vorgeschlagen. Bis dahin haben Sie genügend Zeit, um zu frühstücken und sich fertig zu machen.“ Mit einem Knicks verließ Maliq das Zimmer.
Lisa ließ sich das Frühstück im Bett schmecken. Was für ein Luxus! Es würde ihr nicht schwerfallen, sich daran zu gewöhnen.
Pünktlich um zehn Uhr betrat sie den Salon. Karim saß auf dem Sofa und telefonierte. Sobald er Lisa erblickte, beendete er das Gespräch und stand auf, um sie zu begrüßen.
„Hast du deine Kamera startbereit?“, fragte er.
„Natürlich. Diese Gelegenheit werde ich mir nicht entgehen lassen. Mein neues Buch liegt mir sehr am Herzen.“
„Dann lass uns fahren. Den Lunch können wir bei mir zu Hause einnehmen. Es ist nur ein kurzes Stück von der Stadt entfernt.“
„Wunderbar.“ Lisa freute sich darauf, seine Luxusvilla noch einmal zu sehen. Diesmal musste sie nicht im Rollstuhl sitzen, sondern konnte
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