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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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Cadogan Square hinaustrat. Rasch ging sie in Richtung Knightsbridge und dann am Hyde Park Corner vorbei. Dort stand ein kleiner Mann mit einem Hut auf dem Kopf, den er sich aus der Times zusammengefaltet hatte. Er hielt ein Plakat in der Hand, auf dem stand: »Weniger Fleisch ... weniger Fleischeslust.« Trotz des beißenden Windes blieb Kitty kurz stehen, um zuzuhören. Er behauptete, die Lüsternheit der Menschen käme hauptsächlich vom Fleischkonsum und riet den Leuten, mehr Obst und Gemüse zu essen, um wieder rein zu werden. Kitty hätte am liebsten gefragt, warum sich dann Karnickel so sehr vermehrten, doch sie verbarg ihr Kichern hinter ihrer behandschuhten Hand und eilte weiter den Piccadilly entlang. Dann bog sie in die Half-Moon-Street ein, die ihr irgendwie bekannt vorkam und anschließend in den Shepherd's Market, wo es, wie sie wusste, eine große schicke Apotheke gab. Beim Öffnen der Ladentür klingelte über ihrem Kopf ein wohltönendes Glöckchen, und ein höchst eleganter Herr mit einem ausgeprägten Mayfair-Akzent bot ihr seine Hilfe an. Einen Augenblick lang hätte sie am liebsten nach etwas anderem gefragt und wäre rasch wieder gegangen, doch ihr Mut hatte sie nicht völlig verlassen. Zu ihrer eigenen Verblüffung hörte sie sich nach Penny Royal fragen, konnte jedoch nicht verhindern, dass ihr Gesicht puterrot anlief, als der Mann sie daraufhin verschlagen und voller Verachtung musterte. Er ließ sie stehen und verschwand im hinteren Teil des Ladens. Sie wartete lange und stand sich dabei die Beine in den Bauch. Am liebsten wäre sie wieder gegangen, doch ihre Füße wollten ihr nicht gehorchen. Als er schließlich wieder auftauchte, seelenruhig Pülverchen in Beutel abfüllend, musste sie wieder warten, während er ihr ab und zu beleidigende Blicke zuwarf.
    Kittys irisches Temperament regte sich; zornig musterte sie ihn, wie er da stand, mit seiner sorgfältig überkämmten Glatze und dem piekfeinen Anzug. Schließlich ließ er sich dazu herab, ihr ein Päckchen zu reichen und verlangte dafür zwölf Guineern Sie wusste, dass er sie mit einem solch unverschämten Preis übers Ohr zu hauen versuchte, doch verbot es ihr der Stolz, mit ihm darum zu schachern. Dennoch konnte sie nicht widerstehen, es ihm ein wenig heimzuzahlen. Sie blickte ihm frech ins Gesicht und sagte: »Ich habe gehört, dieses Zeug ist gut gegen Kahlköpfigkeit.« Dann wandte sie sich auf dem Absatz um und stolzierte, zufrieden mit sich, davon.
     
    »Könnte ich kurz unter vier Augen mit dir sprechen, Julia? Wir können in Patricks Zimmer gehen, da sind wir ungestört.«
    Julia folgte ihr neugierig nach oben.
    »Bitte unterbrich mich nicht, bis ich fertig gesprochen habe, Julia. Ich habe einen Entschluss gefasst, und nichts und niemand kann mich davon abhalten, ihn auszuführen. Ich fahre nach Amerika, zu Patrick. Ich hoffe, schon nächste Woche in See stechen zu können. Ich bin jetzt Witwe und sehe keinen Grund, noch monatelang auf seine Rückkehr zu warten.«
    Julia machte den Mund auf, um etwas zu sagen, klappte ihn dann jedoch wieder zu.
    »Bitte versuche nicht, mich umzustimmen. Es wäre reine Zeitverschwendung.«
    »Nun, dann kann ich wohl nur noch sagen, bonne chance«, lächelte Julia freundlich.
    »Also dann, ich habe ein Geschenk für dich.« Kitty griff in ihre Tasche und reichte Julia das Päckchen. Diese machte große Augen, als ihr klar wurde, was Kitty für sie getan hatte. Dann brach sie, überwältigt vor Dankbarkeit und Erleichterung, in Tränen aus. »Ich habe außerdem von einer einfachen Methode erfahren, wie man eine Empfängnis verhüten kann. Ich schreibe es für dich auf.«
    Barbara kam plötzlich atemlos vor Aufregung hereingeplatzt. »O Kitty, Terrance hat's mir gerade erzählt. Ich finde, du bist die mutigste Person auf der ganzen Welt!«
    Kitty brach in beinahe hysterisches Gelächter aus. Sie hätte wetten können, dass sie im Moment die ängstlichste Person in ganz London war. Ihr Magen drohte sich aufzulösen, wenn sie nur an die bevorstehende lange Seereise dachte. Dann war da noch das Kind, das sie erwartete. Sie wollte sich nicht einmal ausdenken, was sie tun sollte, falls Patrick nicht zu seinem Wort stand. Ein illegitimes Kind im viktorianischen England war eine Schande, die einem ein Leben lang anhaftete. Und außerdem fürchtete sie sich schrecklich vor der Geburt. Ihre eigene Mutter war bei der Geburt von Terry gestorben, und dieser Gedanke genügte, damit ihr Mund staubtrocken und

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