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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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angemessen. Zu guter Letzt entschied sie sich für ein einfaches Gewand, das sie oft an ihren gemütlichen Abenden getragen hatte und von dem sie wusste, dass es Edmund gefiel.
    Während sie sich das Haar bürstete, übte sie vor dem Spiegel die Worte ein, die sie an ihn richten wollte. Kurz entschlossen ließ sie die Locken ungebändigt auf die Schulter fallen, denn sie erinnerte sich daran, dass Edmund einmal in einem unbedachten Moment zitiert hatte: Es ist die süße Nachlässigkeit, die mich gewinnt . Nun denn, sie würde glücklich sein, ihm diese süße Nachlässigkeit zu bieten.
    Leise öffnete sie die Tür zu seinem Schlafzimmer. Nach der vergangenen Nacht hatte sie keine Hemmungen mehr, sich sacht hineinzustehlen und ihn mit einem Kuss zu wecken. Der Gedanke, ihn noch im Halbschlaf zu überraschen, bevor er sich wieder hinter eine Wand von frostiger Höflichkeit zurückziehen konnte, war so bestechend gewesen, dass er ihren Schritt beflügelt hatte.
    Zu ihrer Enttäuschung war das Bett jedoch bereits leer. „Edmund?“, rief sie leise und spähte in das Ankleidezimmer. Nach der Temperatur des Waschwassers und dem Durcheinander zu schließen, musste Edmund sich bereits vor geraumer Zeit und in großer Eile angekleidet haben. Wie merkwürdig.
    War er etwa ausgegangen? Ratlos stieg Julianna die Treppe hinunter und sah sich suchend um. Als sie bemerkte, dass die Tür zur Bibliothek einen Spalt offenstand, lächelte sie verständnisvoll. Edmund hatte offensichtlich nicht die Absicht, es ihr leicht zu machen. Aber wenn sie ihn denn wollte, musste sie wohl den Löwen in seiner Höhle aufsuchen.
    Gegen die helle Wintersonne, die durch das Fenster fiel, hob sich deutlich seine Silhouette ab. Auf Zehenspitzen schlich sich Julianna heran und schmiegte sich an seinen Rücken. Edmund durfte ihr nicht entkommen, bevor zwischen ihnen alles ins reine gebracht war.
    „Wie geht es denn meinem kühnen Ritter heute Morgen?“, fragte sie zärtlich.
    Ruckartig drehte er sich um … aber es war gar nicht Edmund! Enttäuscht und entsetzt bemerkte Julianna, dass der Mann schulterlanges Haar hatte und einen kurz gestutzten Vollbart, der ihm das Aussehens eines Kavaliers oder auch eines Piraten gab. Seine blaue Weste kam ihr seltsam bekannt vor, während in seiner Haltung eine etwas befremdliche, fast hochmütige Selbstzufriedenheit lag.
    „Julianna!“
    Ihre Ratlosigkeit wurde durch einen erfreuten Ausruf und die nachfolgende Beteuerungbeendet: „Du bist ja noch tausendmal schöner, als ich in Erinnerung hatte, mein Liebling!“
    Die leichte Verwirrung, die Julianna bislang vor der Erkenntnis der Wahrheit bewahrt hatte, verging bei diesen Worten auf einen Schlag.
    „Crispin?“, flüsterte sie kaum hörbar. Dann versagten ihr die Beine den Dienst.
    Crispin jedoch fing sie in seinen starken Armen auf, drückte sie an seine Brust und gab ihr voller Besitzerstolz einen Kuss. Längst vergessen geglaubte Gefühle regten sich dabei in Juliannas Herz.
    In diesem Augenblick erklang Edmunds Stimme von der Tür: „Ich kann sie nicht finden, Cru…“
    Crispin wandte den Kopf, ohne Julianna loszulassen.
    „Nun, wie ich sehe, hat sie dich schon gefunden.“ Edmunds scheinbar gleichgültige Feststellung traf Julianna wie ein Schlag. Sie schob Crispin zur Seite und blickte Edmund hilfeflehend an. Doch er machte keine Anstalten, auf irgendeine Weise den Gang der Dinge aufzuhalten.
    „Es ist doch in Ordnung, mein Schatz“, sagte Crispin nachsichtig und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich habe mich lange mit Onkel Edmund unterhalten und weiß über alles Bescheid. Natürlich war ich anfangs wie erschlagen, als ich erfuhr, dass ihr verheiratet seid. Aber ich hätte euch ja besser kennen sollen und eure Anständigkeit auch nicht einen Augenblick infrage stellen dürfen.“ Treuherzig lächelte er Edmund an. „Einen größeren Liebesbeweis kann es für mich nicht geben, als dass ein eingefleischter Junggeselle wie mein Onkel um meinetwillen eine Frau ins Haus nimmt. Ich hoffe, du hattest nicht zu viel Plage dadurch, mein Schatz.“
    Irgendetwas drängte Julianna, ihm unverblümt zu erklären, er solle sie nicht wie ein unmündiges Kind behandeln. Aber seine Nähe rief zugleich auch ihren alten Sehnsüchte wieder wach.
    „Ganz im Gegenteil.“ Edmunds Antwort klang erschreckend kalt. „Wie haben auf sehr zivilisiertem Fuße miteinander verkehrt. Und nun entschuldigt bitte, dass ich in eure Wiedersehensfreude eingedrungen bin.“

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