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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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so möchte ich dieses Ereignis auf keinen Fall versäumen.“
    Ihre Beziehung zu Vanessa hatte sich seit Kurzem sehr verändert. So ungern sie es zugab, schuldete sie der Countess doch großen Dank, denn sie hatte mit viel Geschick die Einführung ihrer angeheirateten Cousine in die Londoner Gesellschaft bewerkstelligt. Julianna brauchte Vanessa nun nur noch zu beobachten, um die nötigen Fingerzeige für ihr Verhalten gegenüber den unterschiedlichsten Personen zu bekommen. Nie mehr hatte sie ein schmeichelndes oder kokettes Wort von ihr Edmund gegenüber vernommen, obwohl die beiden seit einiger Zeit zumindest wieder miteinander redeten.
    „Ich habe vor, diesen Abend zum Höhepunkt dieses … nein, der letzten zehn Jahre zu machen“, fuhr Vanessa mit glänzenden Augen fort. „Ihr werdet in den nächsten Tagen die Einladung erhalten, und ich rate Euch gut, Euch so schnell wie möglich mit Madame Mercier in Verbindung zu setzen. Sorgt auch dafür, dass Edmund zum Schneider geht, bevor dieser völlig überlastet ist. Nun sollten wir aber hineingehen. Heute Abend müssen wir uns gegenseitig unterstützen, meine Liebe, denn ich fürchte, es werden nur wenige Damen anwesend sein außer Mr Pritchards Heer von heiratsfähigen Töchtern.“
    Er zeigte sich schnell, dass die Countess die Situation richtig eingeschätzt hatte. Der Empfangsraum war angefüllt mit jungen Männern, bei deren Anblick Edmund etwas murmelte, das wie „jeder junge Geck aus London“, klang. George Pritchard jedoch reichte den beiden Damen je einen Arm und führte sie zu seinen Töchtern. Es waren sieben an der Zahl, ein Schwarm farbloser, kaum voneinander zu unterscheidender junger Mädchen. Julianna fand wenig Bemerkenswertes an ihnen außer ihrer übergroßen Schüchternheit. Zweifellos wiesen sie weder äußerlich noch hinsichtlich ihrer Geistesgaben die geringste Ähnlichkeit mit den Shakespeareschen Trägerinnen ihrer schönen Namen auf: Lavinia, Ophelia, Portia, Cordelia, Rosalind, Miranda und Julia.
    Als das endlose Knicksen und Händeschütteln vorüber war, flüsterte Vanessa hinter ihrem Fächer Julianna ins Ohr: „Ein Glück, dass die Pritchards nicht noch mehr Töchter in die Welt gesetzt haben, sonst wären die Vorbilder aus Shakespeares Theaterstücken bald erschöpft oder die letzte müsste dann Lady Macbeth heißen.“
    „Oh, Vanessa!“ Wider Willen musste Julianna lachen. „Ihr seid ja wirklich eine schlimme Person.“
    „Das hoffe ich“, erwiderte Vanessa vergnügt. „Ich arbeite ja auch hart genug daran.“
    Als Julianna wieder an Edmunds Seite zurückkehren wollte, bemerkte sie, dass in diesem Augenblick auch eine hochgewachsene, aufgeputzte und zu stark gepuderte Dame mit einer ihrem Alter nicht mehr entsprechenden vergissmeinnichtblauen Ballrobe auf ihn zusteuerte und schon von Weitem rief: „Kapitän Fitzhugh! Es ist so viel Zeit vergangen, seit wir uns zum letzten Mal gesehen haben, aber Ihr seid ein so ansehnlicher Kavalier geblieben wie eh und je.“
    Edmund hob überrascht die Hände. „Miriam Pritchard! Welche Freude!“ Mit einer höflichenHandbewegung stellte er Vanessa die Dame als Lady Lynwell, die Schwester von Mr Pritchard, vor.
    „Sehr erfreut, meine Liebe.“ Lady Lynwell reichte Vanessa die Hand. „Es ist mir ein Vergnügen, endlich einmal jemanden aus Edmunds Familie kennenzulernen. Ihr müsst wissen, dass ich mit seiner verstorbenen Frau eng befreundet war. Ich habe gehört, dass Ihr wieder geheiratet habt, Kapitän Fitzhugh? Nun, dazu ist es nie zu spät, wenn ich auch glaube, dass Euer Herz in einem Grab in Indien liegt …“
    Julianna schien es, es liege ein leichter Vorwurf in diesen letzten Worten, während Edmund vergeblich nach einer passenden Antwort suchte.
    „Nun … das ist …“, murmelte er verlegen und wies, als er Julianna erblickte, erleichtert in ihre Richtung. „Darf ich Euch meine Gemahlin vorstellen. Julianna, meine Liebe, das ist Lady Lynwell, Mr Pritchards Schwester und eine alte Freundin.“
    Lady Lynwell bewegte die Lippen, ohne einen Laut hervorzubringen. Sie starrte Julianna an, als habe sie ein Kalb mit drei Köpfen vor sich.
    „Sehr erfreut, Euch kennenzulernen“, sagte Julianna kühl. Ein ansehnlicher Kavalier? So, so.
    Bevor Lady Lynwell jedoch die Sprache wiedergefunden hatte, wurden Vanessa und Julianna von einer Schar junger Männer umringt, die sich einen Tanz reservieren lassen wollten. Die nächste Stunde verging in einem ununterbrochenen Reigen

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