Lockruf der Highlands: Roman (German Edition)
ihrer … Jungfräulichkeit vorhatte. Würde er diese lustvolle kleine Affäre zu ihren Bedingungen fortsetzen – oder stellte sie für ihn nun eine Herausforderung dar? Machte er sich Hoffnungen, die nächsthöhere Stufe zu erklimmen?
Sie hatte keine Bedenken, dass er Druck auf sie
ausüben würde, um sein Ziel zu erreichen. Dazu war Luke nicht der Typ. Camry lächelte der Straße vor ihr zu. Aber ein bisschen drängen würde er sie sicher, da er trotz seiner sehr zivilisierten Art ein perfekt funktionierendes männliches Wesen war.
Andererseits wusste sie eine richtige Herausforderung durchaus zu schätzen.
»Laut GPS machen wir sechsundsiebzig Meilen pro Stunde«, sagte er in die Stille hinein nach einem Blick auf den Tacho.
Camry hielt ihren Fuß ruhig auf dem Gaspedal. »Ich halte mich mit meiner Geschwindigkeit an den Verkehr hier.«
Vom Rücksitz her war ein Grunzen zu hören. Luke warf einen Blick über die Schulter. »Hm … Max sieht nicht gut aus. Er sabbert, und seine Augen triefen.«
»Im Auto wird ihm immer übel. Die Tablette, die ich ihm in Freeport gegeben habe, müsste aber bald wirken.«
»Er soll die ganze Fahrt über mit einem Medikament ruhiggestellt werden?«
»Sobald er in der Schneeraupe sitzt, braucht er vor Freude über das Abenteuer keine Tablette mehr. Übel wird ihm im Auto nur, weil er befürchtet, es ginge zum Tierarzt.«
Luke drückte wieder die Tasten seines GPS.
Camry riss es ihm aus der Hand und deponierte es
außerhalb seiner Reichweite auf ihrer Seite des Armaturenbretts. »Also, ich habe dich nicht zurück ins Hotel geschickt, und wir sind jetzt auf der Fahrt. Jetzt rücken Sie endlich mit der Sprache heraus, Dr. Renoir: Wie kommt es, dass Sie noch am Leben sind, wenn Sie mit zwanzig gestorben sind?«
»Weil mich der tosende Fluss, der mich umgebracht hatte, auf einen Felsblock spülte und mir wieder Luft in die Lungen presste.«
Ihn traf ein mahnender Blick. »Von Anfang an, Luke. Denn deine interessante kleine Geschichte soll schließlich eine Erklärung dafür liefern, weshalb du dich bei deiner Mutter entschuldigt hast.«
Er packte wieder alles zusammen, was mit zum Navigationsgerät gehörte. »Du weißt ja bereits, dass ich eine kleine Schwester namens Kate habe. Also: Als sie fünf war, fuhren Mom, André und ich mit ihr ins Tierheim, wo sie sich ein wahres Monstrum von Hund aussuchte. Acht oder neun Jahre war er alt, er hatte ein kohlschwarzes, struppiges Fell, es fehlte ihm das halbe Ohr, und seine Augen waren trüb wegen des bereits beginnenden Stars. Ich versuchte, sie zu überreden, sich einen der Welpen auszusuchen oder zumindest ein Tier, das nicht so bemitleidenswert aussah, Kate aber behauptete, sie wolle diesen Hund oder keinen; er sei der schönste Hund auf der Welt, und sie würde ihn ewig lieben.«
Er zuckte mit den Schultern. »Sie bestand darauf, ihn Maxine zu nennen, obwohl ich ihr erklärte, dass er ein Rüde war. Am Weihnachtstag, als Kate mit Maxine zum Spielen ins Freie ging, vergingen fast zwei Stunden, bis jemand bemerkte, dass die zwei nicht mehr auf dem Hof umhertollten und nirgends zu sehen waren.«
»Zwei Stunden?«
»Wie es halt so geht – ein jeder dachte, sie wäre beim anderen. Mom glaubte, Kate wäre mit André zu unserem Nachbarn gefahren, und André war in der Meinung fortgefahren, sie würde im Haus mit ihren Weihnachtsgeschenken spielen.«
Er legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Camry spürte, dass es für ihn nicht ganz einfach war, ihr die versprochene Geschichte zu erzählen.
»Als André zurückkam und Mom sah, dass Kate nicht bei ihm war, machten wir uns alle schleunigst auf die Suche nach ihr. Eine Stunde später hatten wir sie noch immer nicht gefunden, also gingen wir ins Haus, und Mom rief unseren Waldhüter an und bat ihn, eine gezielte Suche zu organisieren. André und ich schnallten uns die Schneeschuhe an, und dann stapften wir in entgegengesetzten Richtungen los.«
»Apropos Schneeschuhe – hatten Kate und der
Hund denn keine Spuren im Schnee hinterlassen, denen man folgen konnte?«, flüsterte Camry. Sie befürchtete plötzlich, die Geschichte anzuhören würde nicht einfacher werden, als sie zu erzählen.
Luke warf ihr einen Blick zu, ehe er aus dem Seitenfenster auf den dunklen Wald schaute. »Zwei Tage zuvor hatte es ein Eisgewitter gegeben. Kate und Maxine waren so leicht, dass die Eisschicht sie trug, während André und ich immer wieder einbrachen. Schließlich hatten wir
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