Lockruf der Highlands: Roman (German Edition)
Menschen kompromisslos, edel und bedingungslos zu lieben.
Ein Zustand, der die ganzen vier Wochen angehalten hatte, bis er dann auf der Schule wieder in die alte Gewohnheit verfallen war, in erster Linie an sich selbst zu denken. An seinem Egoismus hatte er auch im Beruf hartnäckig festgehalten. Nie hatte er mit jemandem zusammengearbeitet, wenn es ihm nicht mehr genützt hatte als dem gemeinsamen Wohl, und er war sogar so weit gegangen, die Arbeit von jemand Fremdem zu klauen, als er mit seiner eigenen an Grenzen gestoßen war.
Verdammt, er hatte es eigentlich verdient, hier draußen ums Leben zu kommen.
Aber Camry verdiente es nicht – weil sie ihn so liebte, wie er war.
Vielleicht war es wirklich an der Zeit, dass er auf sein Herz hörte.
Ein Blick auf die Uhr zeigte Luke, dass es vier war. Er hob Camrys Hand und küsste den Steinring an ihrem Finger, dann steckte er ihre Hand wieder in den Schlafsack, richtete sich auf und gab ihr einen Kuss auf die warme Stirn.
»Nun gut, Dornröschen«, flüsterte er. »Es wird Zeit für ein Wunder.« Er drückte ihr Rogers Hut fester auf den Kopf. »Schade, dass du das Wunder verschlafen wirst, das ich jetzt gleich vollbringen werde.«
Er stand auf, hob Tigger hoch und steckte den Dackel Camry wieder in die Jacke. Nachdem er den Sack mit der Ausrüstung von der Lehne des Schlittens genommen und ihn in den Schnee geworfen hatte, klopfte er aufmunternd an sein Bein. »Komm, Max. Du darfst auch mitfahren!« Er setzte den Labrador in den Schlitten und achtete darauf, dass der Hund Camry und Tigger nicht zu viel Platz wegnahm. »In diesem Jahr kommt der Weihnachtsmann zur Sonnenwende nach Gù Brath, und ich bin das Rentier, das den Schlitten nur so sausen lässt«, schloss er lachend, zurrte die Plane fest und sicherte sie an der Seite.
Er trat vor den Schlitten, legte sich das Zugseil über die Schulter, dann suchte er in seinen Taschen nach den Handschuhen. Nachdem er sie übergestreift hatte, holte er das GPS aus der einen Tasche und aus der anderen den Sender.
Luke warf das GPS in den Schnee neben ihre Ausrüstung, dann hielt er den Sender hoch. »Okay, Rentier Rudolph, du geleitest meinen Schlitten jetzt zu Camry nach Hause. Ihre Mutter erwartet nämlich, dass ihre Tochter in zwei Stunden und fünfzehn Minuten zweiunddreißig Geburtstagskerzen auspustet.«
Das Teufelsding ließ ein lebhaftes Piepsen hören.
Luke steckte es mit einem Lachen ein, dann trat er hinaus auf den See. Er machte einen Schritt, dann einen zweiten, weiter und immer weiter ging er im Gleichklang mit den leisen Piepstönen aus seiner Tasche.
22
L uke setzte so versunken einen Fuß vor den anderen, dass es einen Moment dauerte, bis er merkte, dass sich in das gleichmäßige Piepsen des Senders noch ein anderes Geräusch mischte. Er blickte von dem vom Mond beschienenen Schnee vor sich auf und blieb wie angewurzelt stehen.
Max fing an zu winseln, und Luke schüttelte das Zugseil ab, ging nach hinten und öffnete die Plane über dem Schlitten. Sofort sprang der Labrador hinaus und rannte laut kläffend auf die hellen Lichter des Ortes zu. Luke spähte unter die Plane und sah, dass Camry noch immer schlief, entspannt und mit rosigem Gesicht, obwohl Tigger mit ihrem Schwanzwedeln ihre Jacke traktierte. Luke liebkoste die Dackeldame. »Gut gemacht, Mädchen! Du hast sie schön warm gehalten. Weiter so, wir sind fast am Ziel.«
Luke zurrte die Plane fest und folgte Max ans Ufer; vorbei an den Läden, steuerte er schnurstracks in die Main Street. Um die Straße zu überqueren, hob
er die Hand und veranlasste so einen Pick-up, sein Tempo zu drosseln.
Doch anstatt auf die andere Straßenseite zu gehen, trat er ans Fenster auf der Fahrerseite. »Ich muss unbedingt zur Skistation TarStone Mountain«, sagte er, als der Mann das Fenster herunterkurbelte. Er deutete auf den Schlitten. »Meine Frau ist verletzt. Könnten Sie uns vielleicht mitnehmen?«
Der Mann hielt an und stolperte beim Aussteigen fast über Lukes Schneeschuhe. »Aber sicher«, sagte er, ging zum Schlitten und schob Max aus dem Weg, um die Plane zurückzuschlagen. Er wich jäh zurück. »Verdammt, das ist ja Camry MacKeage!«, sagte er verdutzt und drehte sich zu Luke um. »Sie ist Ihre Frau, sagten Sie?«
Luke warf seine Schneeschuhe auf die Ladefläche, ging zum Schlitten und zog die Plane komplett weg. »Haben Sie ein Problem damit?« Er zog Tigger ihr Hundemäntelchen aus und drückte dem Mann den Hund in die Hand.
Der Mann
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