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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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anderen. Dennoch war es ihr gelungen, sich unverdorben durch dieses Leben zu kämpfen, obwohl es ihr im Grunde sämtliche Illusionen hätte rauben müssen.
    Dann hatte sie Nicholas Kincaid kennen gelernt - einen Mann, der sie liebte und der damit ihre Träume eher genährt hatte, als dass er sie zerstörte. Doch nun musste sie der Realität ins Auge blicken, einer Realität, in der selbst die Liebe als Schutzschild versagte und ihr mehr abverlangte, als sie so ohne weiteres geben konnte. »Du musst ins Bett«, sagte De Winter nach einer Weile. »Dieser Abend hätte selbst die Kraft eines Atlas auf eine harte Probe gestellt. Am besten ziehst du dich zurück. Ich werde noch bleiben, bis Nicholas zurückkehrt.« Polly lächelte zaghaft und stand auf. »Das ist nett von Euch, Richard, aber ich möchte Eure Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Es macht mir nichts aus, wenn ich allein bin.«
    »Mag sein, aber ich werde trotzdem bleiben.« Inzwischen lag der typische Nachdruck wieder in De Winters Stimme. »Außerdem hast du noch nichts zu Abend gegessen. Ich werde Mrs. Benson bitten, dir einen Brei zu kochen. Und du gehst jetzt besser zu Bett.«
    »Ich brauche kein Kindermädchen, Richard«, protestierte Polly Doch er lächelte nur und zog an der Klingelschnur. Mit einem resignierten Achselzucken ging Polly ins Schlafzimmer, um sich allein mit den Bändern und Knöpfen und Häkchen ihrer komplizierten Kleidung abzuplagen. Die Tage der schlichten Hemden, Unterröcke und Überkleider waren lange vorüber, und sie fluchte mit inbrünstiger Lästerlichkeit, während sie mit den hartnäckigen Schnüren und Ösen ihres Korsetts kämpfte. »Ich habe dir doch gesagt, dass du eine Kammerzofe brauchst.«
    Mit vor Anstrengung gerötetem Gesicht wirbelte Polly herum. »Nick! Ich habe dich gar nicht kommen hören.« »Du hast ja auch geflucht wie die Frau eines Fischers aus Billingsgate«, konterte er, legte seinen Gehrock ab und kam, nur noch mit dem Hemd bekleidet, auf sie zu. Er legte die Hände auf ihre Schultern, drehte sie herum und löste die Schnüre mit geschickten, erfahrenen Fingern.
    »Ahh! Vielen Dank.« Polly stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und rieb sich in dem Bemühen, ihren malträtierten Rücken wieder zum Leben zu erwecken, energisch mit den Händen über das eingezwängte Fleisch unter ihrem Hemd. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich jemals zugestimmt habe, dieses Folterinstrument zu tragen!« Sie katapultierte das verhasste Kleidungsstück mit einem Tritt durchs Schlafzimmer.
    »Ich glaube, du weißt durchaus, warum«, widersprach Nicholas mit ruhiger, ernster Stimme. »Aber weißt du auch, warum du dieser anderen Sache zugestimmt hast - dieser Angelegenheit, die noch viel abstoßender für dich sein muss, als ein Korsett zu tragen? Ich möchte nur, dass du dir auch ganz sicher bist.«
    »Was hat Richard dir denn erzählt?« Polly trat ans Fenster und starrte in die abendliche Finsternis.
    »Nur dass du zugestimmt hast, dich unserem Vorhaben anzuschließen. Doch dann wärst du erschöpft gewesen, und er hätte dich ins Bett geschickt. Da du noch kein Abendbrot gehabt hättest, hätte er Mrs. Benson gebeten, dir eine Schale Pfefferminzhaferschleim zu kochen.«
    Angesichts dieser gewissenhaften Wiedergabe von Richards Abschiedsworten an Nicholas konnte Polly sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie konnte Richards Stimme beinahe hören, wie er all diese Einzelheiten aufgezählt hatte. In diesem Augenblick wurde an die Tür geklopft, und die Hauswirtin kam mit einer Schüssel Haferschleim herein, gemischt mit Gewürzen und Wein. »Das wird Euch wieder Kraft geben«, verkündete sie fröhlich und stellte die Schale auf dem Frisiertisch ab, ehe sie Polly mit zusammengekniffenen Augen musterte. »Und Ihr seht mir aus, als könntet Ihr's gebrauchen, meine Liebe. Mir scheint, es wird Euch ein wenig zu viel abverlangt«, bemerkte sie mit einem vorwurfsvollen Blick in Kincaids Richtung. »Jeden Abend auf der Bühne. Das ist nicht recht, Mylord. Ganz gewiss nicht. Das Mädchen ist doch fast noch ein Kind.«
    Nicholas kratzte sich am Kopf, murmelte etwas Beschwichtigendes, das die Hauswirtin tatsächlich zu befriedigen schien, die Pollys Kleider vom Boden aufsammelte und mitnahm. »Wenn du eine Kammerzofe hättest, wäre die Hauswirtin nicht dazu verpflichtet, sich auch noch um deine Garderobe zu kümmern«, bemerkte Nicholas und zog die Tagesdecke vom Bett. »Und jetzt schlüpf zwischen die Laken. Ich glaube

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