Lockruf Der Leidenschaft
Nicholas schloss die Tür zu seinem Salon, lehnte sich dagegen und musterte Pollys reglose Gestalt, wobei der belustigte Unterton in seiner Stimme nicht zu überhören war.
»Ich habe ihr gesagt, sie soll zur Hölle fahren«, murmelte Polly, noch immer überrascht von ihrer Impulsivität. »Und dann hat sie die Hand gegen mich erhoben ... Und da... da hab ich den Eimer geschleudert.« Unsicher schaute sie ihn an. »Aber ich habe das Wasser ja nicht direkt über sie gekippt. Nur in ihre Rich-tung.« Nicks Schultern erbebten unter stummem Gelächter, worauf Pollys Unsicherheit einem neuerlichen Aufwallen von Entrüstung wich. »Das ist nicht lustig, Mylord! Ich verstehe beim besten Willen nicht, was Ihr daran so zum Lachen findet!«
»Oh, aber es ist doch lustig, Liebes. Das war die komischste Szene, die sich meinen Augen jemals geboten hat! Margaret, wie sie bis zu den Knöcheln in dem schmutzigen Wasser stand, mit diesem unbeschreiblich fassungslosen Ausdruck auf dem Gesicht ...«Er konnte sich des Lachens nicht mehr erwehren. Polly starrte Nicholas an, als hätte er den Verstand verloren. Was sich gerade in der Halle zugetragen hatte, bedeutete nichts anderes, als dass sie keine Minute länger mehr unter diesem Dach bleiben konnte. Ihn hingegen schien das Ganze nicht im Mindesten zu kümmern. »Nun hört doch endlich auf!«, rief Polly schließlich. »Ich dulde nicht, dass Ihr mich so auslacht!« Mit wütendem Nachdruck stampfte sie mit dem Fuß auf, und als Nicholas daraufhin noch immer keinerlei Anstalten machte, sich wieder zu beruhigen, lief sie durch den Salon und trommelte wütend mit ihren Fäusten gegen seine Brust, während in den grünbraunen Tiefen ihrer Augen die Flammen des Zorns züngelten.
»Halt, Frieden, du kleine Xanthippe!«, rief Nicholas, ergriff ihre Hände und hielt sie hinter ihrem Rücken fest. »Ich habe nicht über dich gelacht, sondern nur über das, was du getan hast.« Lächelnd schaute er in ihr gerötetes, wutentbranntes Gesicht hinunter. Pollys hübscher, sanfter Mund zitterte, und in ihren Augen lag ein Ausdruck vollkommener Verwirrung. »Natürlich war das im Grunde unverzeihlich, und ich sollte mich darüber auch nicht amüsieren, aber ich kann nun einmal nicht anders.«
»Ich werde das Haus verlassen müssen«, entgegnete Polly. Mit jedem ihrer keuchenden Atemzüge wurden ihre Brüste gegen seinen Brustkorb gedrückt, und Polly war sich ihrer plötzlichen Nähe nur allzu deutlich bewusst. Ihr Herz hämmerte noch immer, und Nicholas' Nähe, das warme Gefängnis, in dem er ihre Finger umschlossen hielt, und das seltsame Leuchten in seinen Augen trugen nicht gerade dazu bei, ihre flatternden Nerven zu beruhigen. »Ich werde gehen müssen«, wiederholte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern, während sie verzweifelt um Fassung rang.
Nick umfasste ihre Handgelenke mit einer Hand und legte seine freie Hand unter ihr Kinn. Unendlich langsam beugte er den Kopf, um sie zu küssen, so wie er es schon am vergangenen Abend getan hatte, voller Sehnsucht und dennoch zärtlich und behutsam, bis sich wieder der flüssige Sonnenschein in Pollys Innerem ausbreitete und das Blut in ihren Adern zu pulsieren begann.
»Ja«, sagte er sanft. »Du wirst das Haus verlassen müssen, meine Rose. Aber nicht als Folge deines Wutanfalls.« »Aber warum dann?« Pollys Stimme klang ungewohnt gepresst und rau. Nicholas hielt sie noch immer umschlungen, und die Erinnerung an seinen Kuss, den sie noch immer auf ihren Lippen spürte, schien unauslöschlich.
»Du weißt, warum«, entgegnete er. In seinen Augen lag ein forschender Blick, der sich bis in Pollys Innerstes zu brennen schien.
Ja, sie wusste, warum. Denn wenn er sie, und das schien nun offensichtlich, zu sich in sein Bett holen wollte, würde er es auf keinen Fall in diesem Haus tun. »Aber warum ausgerechnet jetzt?« Das Rätsel war noch immer nicht gelöst. »Warum habt Ihr so lange gewartet? Ich war doch schon bereit, aber Ihr sagtet, Ihr wolltet nicht -«
»Ich sagte, dass ich nicht diese Art von Tauschhandel will, wie du ihn geplant hattest«, unterbrach er leise. »Ich wollte warten, bis du fühlst, was du nun fühlst.« Sanft schob er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. »Verstehst du, was ich meine?«
Mit einem Mal schienen die verwirrenden Widersprüchlichkeiten ein Muster zu ergeben. Polly schluckte. »Ich verstehe nur nicht, warum das für Euch von Bedeutung sein sollte, Sir.«
»Nein? Dann musst du wohl noch viel über die
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