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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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diesem Fall könnte ich meinen Verstand an deinem schleifen«, schlug Polly vor, die sich bewundernswert rasch wieder erholt hatte. »Und ich weiß nur allzu gut, wie kräftig und steil aufragend dieser Stahl sein kann.« Das anzügliche Funkeln in ihren Augen ließ die Anspielung hinter dieser scheinbar arglosen Bemerkung erkennen.
    Anerkennend pfiff Kincaid durch die Zähne. Wenn sie die köstlich durchtriebenen Zeilen der bekannten Dramatiker mit diesem Ausdruck und Tonfall vortrug, würde ihr das gesamte Schauspielhaus zu Füßen liegen. »Ich prophezeie Euch eine große Karriere, Mistress Wyat. Falls Euch nicht vorher jemand den Hals umdreht.« Er trat ans Bett, hob Pollys Kinn an und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. »Das Mittagessen werde ich zu Hause mit Margaret einnehmen müssen, aber heute Nachmittag komme ich zurück, und dann statten wir dem Exchange einen Besuch ab.«
    Polly zog einen Schmollmund. »Ich esse aber nicht gern allein.«
    »Dann wirst du heute wohl ohne Mittagessen auskommen müssen«, lautete die herzlose Antwort.
    In Pollys Mundwinkeln spielte der Anflug eines Lächelns, als sie auch diese Niederlage ohne Widerspruch hinnahm. »Ich werde wohl einen Spaziergang machen. Vermutlich gibt es niemanden hier, den ich erst um Erlaubnis bitten muss?«, erkundigte sie sich mit einem Hauch von Stichelei in der Stimme.
    Nicholas schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, dass du niemandem Rechenschaft ablegen musst. Aber ich bitte dich trotzdem, ein wenig aufzupassen. Die Straßen hier sind nicht ganz ungefährlich.«
    »Du scheinst zu vergessen, dass ich von der Straße stamme«, erinnerte Polly ihn. »Ich weiß durchaus, wie ich auf mich aufzupassen habe.«
    Nick legte die Stirn in Falten. »Inzwischen siehst du aber nicht mehr so aus«, wandte er ein. »Wenn du also allein losgehst, kann es leicht passieren, dass du jemandem als profitabler Fang erscheinst.«
    »Dann kann sich der Räuber auf eine hübsche Überraschung gefasst machen«, gab Polly zurück. »Denn wenn es sein muss, kann ich jede beliebige Ausdrucksweise annehmen, also auch die einer Gossengöre, Mylord.« »Ich weiß nicht, warum ich mir eingebildet habe, dass du das nicht könntest«, entgegnete Kincaid und schüttelte den Kopf. »Trotzdem sage ich es noch einmal: Gib auf dich Acht!«
    »Ja, Mylord Kincaid«, entgegnete Polly lammfromm, faltete die Hände und schenkte ihm einen Blick, der von scheinbar ängstlicher Unschuld zeugte. »Ich werde tun, was Ihr sagt.« »Bis heute Nachmittag«, sagte Nicholas und wandte sich zum Gehen.
    Polly hörte die Salontür leise hinter ihm ins Schloss fallen und seufzte. Für einen kurzen Moment hatte sie gedacht, dass er bleiben und ihre Idylle noch einen weiteren Tag anhalten würde. Doch da dies offenbar nicht passieren sollte, würde sie eben das Beste daraus machen. Es war an der Zeit, dieses neue Leben auszuprobieren, das ihr geschenkt worden war. Sie war die Herrin in ihrer eigenen Unterkunft, musste niemandem mehr zu Diensten sein, konnte ungehindert gehen, wohin auch immer sie wollte. Vor ihr lag ein Tag ohne jede Aufgabe, die es zu erfüllen galt, und die Welt da draußen wartete nur auf sie.
    Rasch kleidete Polly sich an, zog die Pantinen über ihre Schuhe, um sie vor dem Morast der Straße zu schützen, hüllte sich in ihren dicken Umhang und eilte die Treppe hinab.
    »Wann hättet Ihr gern das Mittagessen serviert, Mistress?« Hauswirtin Benson trat aus der Küche, als Polly in die Diele trat.
    Polly musterte sie verwirrt. Sie war es nicht gewohnt, nach ihrer Meinung gefragt zu werden, und in den vergangenen Tagen war Nicholas derjenige gewesen, dem sie sich gefügt hatte. »Wann immer es Euch passt«, antwortete sie.
    Mrs. Benson bedachte Polly mit einem durchdringenden Blick. »Es liegt an Euch, zu entscheiden, wann es Euch passt, meine Liebe.«
    Polly kaute auf ihrer Unterlippe. »Um zwölf, vielleicht?«
    »Um zwölf, in Ordnung«, stimmte die Haushälterin zu. »Ich habe schon ein schönes Hühnchen für Euch vorbereitet.« Sie wandte sich wieder zur Küche um. »Und passt auf, wenn Ihr geht. Nach dem Schnee sind die Wege recht gefährlich«, fügte sie hinzu.
    »Das werde ich«, versprach Polly, umfangen von der angenehmen Wärme dieser liebevollen Aufmerksamkeit, die ihr bis dahin ebenfalls noch unbekannt gewesen war.
    Innerhalb kürzester Zeit gelangte Polly zu der Erkenntnis, dass Gehen unter den gegebenen Umständen doch keine allzu angenehme Methode der Fortbewegung

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