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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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durch.« »Darf ich fragen, wie Alberto auf diese Schelte reagiert?« Polly blätterte rasch einmal durch die Seiten und flehte inbrünstig, dass sie keine allzu schwierigen Worte enthielten.
    »Er kommt zu der Überzeugung, dass diese Dame es wert ist, ernsthaft respektiert zu werden«, erwiderte Nicholas. »Es liegt nun an dir, das Publikum davon zu überzeugen, dass eine zornige Frau nicht nur eine Kneifzange ist, der man die Zügel anlegen muss, sondern jemand, dem es zusteht, sich gegen Gespött zur Wehr zu setzen und seine Meinung zu sagen.« Er umfasste ihren Ellenbogen. »Komm, stellen wir uns in eine Ecke und lesen die Szene gemeinsam durch. Ich habe mich noch nie als Schauspieler versucht und brauche noch ein paar Augenblicke der Besinnung.«
    Polly spürte, wie eine Woge der Dankbarkeit über ihr zusammenschlug, die ihr ohnehin leicht fragiles inneres Gleichgewicht vollends zu zerstören drohte. »Natürlich, Sir. Auch ich würde die Gelegenheit begrüßen, mich mit dem Text erst einmal vertraut zu machen«, sagte sie jedoch nur.
    »Ich setze mich so lange schon einmal ins Parkett.« Killigrew verließ die Bühne und ging in den Zuschauerraum, der vom grauen Nachmittagslicht erhellt wurde, das durch die Glaskuppel drang. »Fangt an, wann immer Ihr beide bereit seid.«
    »Lies es zuerst einmal selbst«, wies Nick Polly mit leiser Stimme an. »Wenn du ein Wort nicht verstehst, dann zeig einfach darauf.«
    Polly konzentrierte sich mit gerunzelter Stirn auf die Seiten, und ihre Angst, nicht in der Lage zu sein, die Rolle zu spielen, wich der Furcht, den Text vielleicht nur stockend lesen zu können. Doch als sie ihn studierte, konnte sie im Geiste bereits hören, wie die Zeilen klingen mussten, konnte sich Flora genau vorstellen - die hübsche, gewitzte Flora mit der scharfen Zunge und dem festen Glauben an ihre Unübertrefflichkeit. Grinsend blickte sie zu Nick auf. »Ich stelle fest, dass mir diese Dame recht sympathisch ist.«
    Er nickte. »Wenn du bereit bist, lass uns zu Master Killigrews ganz persönlichem Vergnügen in dieses Duell einsteigen.«
    Thomas Killigrew rutschte zur Kante seines Sitzes, als die beiden an den vorderen Rand der Bühne traten. Eine Hand lag leicht auf dem lackierten Knauf seines Spazierstocks, den er fest auf den Boden aufgestützt hatte, die andere ruhte auf dem Heft seines Degens. Er saß vollkommen reglos da. Nach drei Zeilen wusste er, dass eine Schauspielerin vor ihm stand, die aus diesem temperamentvollen Liebesspiel, das das Publikum so in Entzücken versetzte, in der Tat das Beste herausholte. Mit jeder ihrer lebhaften Kopfbewegungen, jedem eindringlichen Vorwurf, den sie dem unglücklichen Alberto entgegenschleuderte, mit jeder weiteren provozierenden Geste wob sie ein Netz der Erregung und des Nervenkitzels, das selbst das unerzogenste Publikum in seinen Bann schlagen würde - und genau ein solches Publikum suchte leider allzu häufig das Theater heim. Fügte man noch die makellose Schönheit ihres Gesichts und ihre köstliche Gestalt hinzu und stellte sie sich in jenen so herrlich provozierenden Hosenrollen vor, war Mistress Polly Wyat ohne jeden Zweifel zu Großem bestimmt.
    »Ich danke Euch beiden«, rief Killigrew am Ende der Szene. »Ich fürchte allerdings, dass aus Nicholas wohl niemals ein Schauspieler werden wird.« Er schlenderte vor der Bühne entlang. »Mistress Polly Wyat dagegen ...« Killigrew machte eine kleine Pause und lächelte zu ihr hinauf. Polly erwiderte sein Lächeln zaghaft und leicht verwirrt - eine Art, die Killigrew wohl vertraut war und die ihm ausgesprochen gut gefiel. Denn dies zeugte davon, dass sie sich der Rolle, die sie soeben gespielt hatte, vollkommen hingegeben hatte. »Wünscht Ihr, der Theatertruppe des Königs beizutreten, Mistress?« »Liebend gern«, erwiderte Polly mit Feuereifer. »Darf ich?«
    »Ich wüsste keinen Grund, der dagegenspräche. Natürlich müsst Ihr auch noch die Zustimmung des Königs gewinnen, doch darum werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt kümmern.«
    »Was hast du also vor?« Nicholas stellte mit einiger Erleichterung fest, dass sein Ausflug in die Arena der Thespisjünger somit offensichtlich wieder ein Ende gefunden hatte, und nahm eine Prise Schnupftabak zu sich. Killigrew kam wieder auf die Bühne. »Zunächst einmal eine Weile in meiner Schulungsstätte in Moorfields. Es gibt noch einige Fertigkeiten und Techniken zu erlernen, und selbst ein Naturtalent kann noch etwas Schliff vertragen.

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