Lockruf Der Nacht
ich das sogar. »Ja.«
»Gut.« Mit seinen Fingerspitzen fährt er über mein Gesicht, als mir etwas einfällt. »Halt. Wie kommst du auf das Bild?«
Er lacht. »Ich habe es selbst gemalt.«
»Du malst? Bist du ein Künstler?«
Er schüttelt mit dem Kopf. »Kein Künstler. Ich wäre gerne einer geworden.«
»Talent hast du ja.«
»Danke.«
»Dann sind das also deine Kürzel?«
Er nickt.
»Und was bedeuten sie? Ich brauche einen Namen.« Ich sehe ihn an, als würde davon mein Leben abhängen. »Bitte!«
Mit seinem Finger stupst er auf meine Nasenspitze. »Na schön. Nenn mich Mo.«
Endlich weiß ich, wie er heißt. »Klingt wie eine abweichende Musiknote. Do, Re, Mi, Mo, Fa, So, La, Ti, Do. Das Mo würde vielleicht dabei ein bisschen schräg klingen.«
»So wie Le oder Ia?«
»Letzteres klingt eher nach einem fürchterlichen Eselsgeschrei.«
Wir lachen beide. Wie schön es ist, mit ihm gemeinsam zu Lachen. Es fühlt sich so vertraut an, mit ihm zusammen zu sein. Plötzlich wird sein Blick wieder ernst. Irgendetwas hat seine Gedanken betrübt. »Du siehst bedrückt aus. Was denkst du?«
»Nichts.«
Ich weiß, dass er mir nicht die Wahrheit sagt, aber ich möchte ihn auch nicht weiter bedrängen. Der Mondschein wirft ein eigentümliches Licht ins Loft. Seine Muskeln sehen hart und definiert aus. Sanft streiche ich ihre Konturen nach. Ich kann es nicht fassen, dass er hier mit mir sitzt und mich begehrt. Das Glücksgefühl nimmt mir fast den Atem. »Mo.« Ich mag seinen kurzen knappen Namen. »Bist du nun wirklich oder nicht?«
Er lacht wieder. »Könnte ich sonst hier sein?«
Recht hat er. Aber warum geht er dann immer wieder weg und wacht nicht mit mir gemeinsam auf? »Dann kannst du ja jetzt bei mir bleiben.«
»Das geht nicht so einfach Leia. Dafür müsstest du …« Er hört auf zu reden.
»Müsste ich was?«
Wieder gibt er mir keine zufriedenstellende Antwort. »Vertrau mir«, sagt er nur und beginnt mich am Hals zu küssen.
Ich fasse seine breiten Schultern an, taste seine schöne ausgeprägte Brust ab und ziehe ihm das Hemd aus. Er ist so perfekt, denke ich und bezweifle, dass er ein Mensch ist. »Wie kann man nur so schön sein?«
Er hebt mich hoch, trägt mich ins Bett und liebt mich, liebt mich, wie nur er es kann. Mit Herz und Seele. Irgendwann schlafe ich in seinem Arm ein und hoffe, dass er morgen früh noch neben mir liegt.
16.
»Leia!!«
Voller Panik reiße ich die Augen auf und sehe mich verwirrt um. Lilith steht über mir und rüttelt unsanft an meiner Schulter.
»Was ist? Ist was passiert?«
»Es ist acht Uhr.«
Ich habe mir einen Feldwebel ins Haus geholt. Fehlt nur noch, dass Lilith auf einem Blecheimer herumtrommelt und Aufstehen! schreit.
»Ich habe erst um elf eine Besichtigung.« Ich vergrabe mein Gesicht im Kissen und stöhne laut auf.
»Kaffee ist fertig.«
»Ich komme gleich.« Meine Knochen schmerzen, ich fühle mich wie gerädert, aber auch irgendwie befriedigt. Was war das nur wieder für ein Traum?
Lilith mustert mich eine Weile, bevor sie ihr Kompliment rausschießt. »Du siehst ziemlich scheiße aus. Du solltest einen Spa-Tag einlegen, damit du morgen für die Party gut aussiehst.«
»Danke für den Tipp.« Diese Party, ich hatte sie schon vollkommen vergessen. Lieber würde ich schlafen und mich anderweitig vergnügen. Eine Nacht ohne Mo? Wie soll ich das aushalten?
Während sie ihren Kaffee trinkt, sieht sie mich über den Rand hinweg an. In ihrem Blick liegt Skepsis.
»Was siehst du mich so an?«
»Du siehst wirklich schlecht aus, Leia. Du hast bestimmt vier Kilo abgenommen. Leidest du an Insomnia?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich habe dich gehört. Mit wem hast du geredet?«
»Ich? … Geredet? Ich habe mit niemandem … geredet«, sage ich stotternd. »Das musst du geträumt haben.«
Lilith wirft den Kopf in den Nacken und lacht laut heraus. »Das habe ich bestimmt nicht geträumt. Ich war wach, Schätzchen, weil mir eine Stange oder eine alte Feder in die Rippen gedrückt hat. Ich werde gleich ein Bett kaufen gehen, wenn du nichts dagegen hast und dieses alte Teil auf den Müll schmeißen.«
»Ich hab ja gesagt, mach dir das Zimmer nett. Von mir aus kannst du die Wände grün, lila oder rosa anmalen. Was auch immer. Leg Teppichboden rein. Du hast Narrenfreiheit.«
»Danke. Das werde ich dir nie vergessen. Aber noch einmal zu deinem nächtlichen Ausflug … Du verheimlichst mir etwas. Ich komme schon noch dahinter, was es
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