Lockruf des Blutes
abgefahren. Wir sind schon fast an der College Avenue, und er ist immer noch direkt hinter uns.«
»Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass er uns verfolgt.«
»Willst du das Risiko eingehen?«
Nein. »Wir fahren erst zu mir ins Büro«, sage ich. »Kannst du die Autonummer erkennen? Ich kann sie im Spiegel nicht sehen.«
Frey kneift angestrengt die Augen zusammen. »Nein. Verdammt. Das Nummernschild ist zu schmutzig. Vielleicht sollten wir Trish heute lieber nicht besuchen. Bring mich nach Hause. Wenn er uns an der Ausfahrt Friar’s Road immer noch nachfährt, wissen wir ganz sicher, dass er hinter uns her ist.«
Ich unterdrücke den Impuls, vor Wut und Frust aufzuheulen. Doch die Vernunft behält die Kontrolle. Frey hat recht. Und wenn ich ihn nach Hause bringe, können wir noch ein bisschen wertvolle Zeit miteinander verbringen.
Die Anspannung löst sich, und ich nicke ihm zu. Ich bin auf dem Freeway 94, und statt in die Innenstadt zu fahren, nehme ich den Zubringer zum North 15. Der Volkswagen ebenfalls. An der Friar’s Road blinke ich nicht, sondern rase urplötzlich über drei Fahrspuren hinweg zur Ausfahrt, gefolgt von lautem Gehupe und rüden Gesten.
Der Volkswagen ist direkt hinter mir.
Ist der Kerl arrogant oder einfach dumm?
Sobald ich mir diese Frage gestellt habe, fällt mir ein, wo ich diesen Wagen schon einmal gesehen habe.
Kapitel 27
W as hast du?«, fragt Frey.
»Ich weiß, wer das ist«, sage ich mit zusammengebissenen Zähnen. Warum habe ich den kleinen Scheißkerl nicht schon früher bemerkt? Erst das FBI, jetzt er. Ich führe hier eine verdammte Parade an. Ich bin stinksauer auf mich selbst, weil ich so unachtsam war. An der Ecke Friar’s und Mission Valley Drive ist eine Ampel. Es hat sich ein Stau gebildet, wie üblich an dieser Kreuzung am späten Nachmittag. Ich beschließe, das zu meinem Vorteil zu nutzen.
Ich wende mich Frey zu. »Kannst du fahren?«
Die Frage scheint ihn zu überraschen. »Natürlich kann ich fahren. Ich tue es nur nicht gern.«
Wir nähern uns im Kriechtempo der Kreuzung, doch die Ampel schaltet gerade wieder auf Gelb. »Dann übernimm du.« Ich reiße die Tür auf.
Freys Überraschung verwandelt sich in Aufregung. »Was? Was soll das heißen? He, wo willst du hin?«
Aber ich bin schon aus dem Auto gesprungen und renne auf den VW zu, zwei Autos hinter mir. Fahr gleich da vorn auf den Stadionparkplatz. Ich komme nach.
Insgeheim füge ich hinzu: Bitte, Gott, lass ihn mein Auto nicht zu Schrott fahren.
Doch Freys Antwort folgt mir. Ich werde mich bemühen. Und danke für dein Vertrauen in meine Fahrkünste.
Ich blicke nicht zurück. Schneller, als der Halslose gucken kann, stehe ich an der Beifahrertür seines Autos. Die Türen sind verriegelt, aber das Fenster ist offen, also greife ich einfach hinein und reiße die Tür auf. Er starrt mich fassungslos an, als ich auf den Beifahrersitz gleite.
»Na so was«, knurre ich. »Dass ich dich so schnell wiedersehe.«
Er ist sprachlos. Nicht nur das, ich habe ihn so erschreckt, dass er dem Herzinfarkt nahe ist. Sein Herz hämmert so laut, dass ich es hören kann. Und das Rauschen seines Blutes. In Verbindung mit der Wut, die ich im Moment auf die Menschheit im Allgemeinen empfinde, weckt das den Vampir in mir.
Ich weiß nicht, wie ich aussehe, wenn das Tier die Kontrolle übernimmt. Ich weiß nur, was ich in den Augen von Menschen sehe, wenn es geschieht. Der Halslose ist leichenblass geworden, seine Atmung flach. Ein Mensch, der Vampiren erlaubt, bei ihm zu trinken, kann trotzdem zwischen Beherrschung und Raserei unterscheiden. Er kann den Blick nicht von meinen Augen losreißen, und obwohl andere Autos ihn anhupen, als die Ampel grün wird, sitzt er da wie erstarrt.
»Bewegung, Arschloch«, fauche ich. »Sonst reiße ich dir gleich hier und jetzt deine widerliche Kehle raus.«
Sein Adamsapfel hüpft, er schnappt zittrig nach Luft. »Wohin soll ich denn fahren?«
Ich zeige auf mein Auto kurz vor uns. »Mach einfach das, was du bisher getan hast – folge meinem Wagen.«
Er legt den Gang ein, ruckend fahren wir an. Nachdem wir die Kreuzung überquert haben, fragt er: »Was hast du mit mir vor?«
»Hängt ganz von dir ab«, herrsche ich ihn an. »Davon, was für Antworten ich von dir bekomme.«
Seine Hände zittern, als er hinter meinem Jaguar anhält. Frey öffnet die Tür, doch ich pfeife ihn zurück. Ich will das allein machen. Ich bemerkte den Fahrzeugschein meines halslosen Freundes in einer
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