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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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Sir.
    »Ja, Mr. Sir«, antwortete Stanley und reichte ihm die Flasche.
    Mr. Sir öffnete die Verschlusskappe und ließ das Wasser aus dem Tank fließen. Doch es floss nicht in Stanleys Flasche. Mr. Sir hielt die Flasche direkt neben den Wasserstrahl.
    Stanley sah zu, wie das Wasser auf den Boden spritzte, wo es sofort von der trockenen Erde aufgenommen wurde.
    Etwa dreißig Sekunden lang ließ Mr. Sir das Wasser laufen, dann drehte er es ab. »Willst du noch mehr?«, fragte er.
    Stanley sagte nichts.
    Mr. Sir drehte das Wasser wieder an, und wieder sah Stanley zu, wie es auf den Boden lief.
    »So, das dürfte jetzt wohl mehr als genug sein.« Er reichte Stanley die leere Flasche.
    Stanley starrte auf den dunklen Flecken am Boden, der unter seinen Blicken ganz schnell immer kleiner wurde.
    »Danke, Mr. Sir«, sagte er.

25
    Es gab einen Arzt in der Stadt Green Lake, damals, vor einhundertzehn Jahren. Dr. Hawthorn hieß er. Und wenn jemand krank wurde, dann ging er zu Dr. Hawthorn. Oder er ging zu Sam, dem Zwiebelmann.
    »Zwiebeln! Süße, frische Zwiebeln!«, rief Sam, wenn er mit Mary Lou , seiner Eselin, über die Straßen von Green Lake zog. Mary Lou war vor einen mit Zwiebeln beladenen Karren gespannt.
    Sam hatte seine Zwiebelfelder irgendwo auf der anderen Seite des Sees. Einmal, manchmal auch zweimal die Woche ruderte er über den See und erntete eine neue Ladung für seinen Wagen. Sam hatte starke Arme, aber trotzdem brauchte er einen ganzen Tag, um über den See zu rudern, und noch einen Tag, um wieder zurückzukommen. Meistens ließ er Mary Lou solange in einem Stall stehen, den die Walkers ihn umsonst benutzen ließen, aber ab und zu nahm er den Esel auch mit aufs Boot.
    Sam behauptete, Mary Lou sei schon fast fünfzig Jahre alt – ein ganz ungewöhnlich hohes Alter für einen Esel (auch heute noch).
    »Sie frisst nichts anderes als rohe Zwiebeln«, sagte Sam immer und hielt eine weiße Zwiebel zwischen seinen dunklen Fingern hoch. »Die Zwiebel ist das Zaubermittel der Natur. Ein Mensch, der nichts anderes essen würde als rohe Zwiebeln, könnte glatt zweihundert Jahre alt werden.«
    Sam selbst war kaum über zwanzig, deswegen war auch niemand ganz überzeugt, dass Mary Lou tatsächlich so alt war, wie Sam behauptete. Woher wollte er das wissen?
    Aber gestritten hat nie einer mit Sam deswegen. Und wenn die Leute krank waren, dann gingen sie nicht nur zu Doc Hawthorn, sondern auch zu Sam.
    Sam gab ihnen immer denselben Rat: »Viel rohe Zwiebeln essen!«
    Er sagte, dass Zwiebeln gut für die Verdauung seien, für die Leber, den Magen, die Lunge, das Herz und das Gehirn. »Wenn Sie mir nicht glauben, dann sehen Sie sich doch nur die alte Mary Lou hier an. In ihrem ganzen Leben ist sie noch nicht einen Tag krank gewesen.«
    Er besaß viele verschiedene Salben, Tinkturen, Säfte und Pasten, die er alle aus Zwiebelsaft und aus verschiedenen Teilen der Zwiebelpflanze herstellte. Mit dem einen Mittel kurierte er Asthma, das andere war gut bei Warzen und Pickeln und das dritte half gegen Arthritis.
    Er hatte sogar eine spezielle Salbe, die angeblich Kahlköpfigkeit heilte. »Jede Nacht, wenn Ihr Mann schläft, Mrs. Collingwood, müssen Sie ihm einfach den Kopf damit einreiben, und bald wird sein Haar so dicht und so lang sein wie der Schwanz von Mary Lou .«
    Doc Hawthorn hatte nichts gegen Sam. Die Leute von Green Lake gingen nicht gern ein Risiko ein. Sie holten sich reguläre Medizin von Dr. Hawthorn und ein Zwiebelmittelchen bei Sam. Wenn sie dann wieder gesund waren, war sich keiner ganz sicher, nicht einmal Doc Hawthorn, welcher der beiden Behandlungen sie das nun zu verdanken hatten.
    Doc Hawthorn war fast völlig kahl und früh am Morgen roch sein Schädel oft nach Zwiebeln.
    Wenn Katherine Barlow Zwiebeln kaufte, nahm sie jedes Mal eine oder zwei zusätzlich und ließ Mary Lou sie ihr aus der Hand fressen.
    »Stimmt irgendwas nicht?«, fragte Sam sie eines Tages, während sie Mary Lou fütterte. »Sie sehen so nachdenklich aus.«
    »Ach, es ist nur das Wetter«, antwortete Miss Katherine. »Es sieht so aus, als ob Regenwolken in unsere Richtung zögen.«
    » Mary Lou und ich, wir mögen den Regen«, sagte Sam.
    »Oh, ich mag ihn auch«, sagte Miss Katherine und strich dem Esel über das raue Fell oben auf seinem Kopf. »Es ist nur so, dass das Dach vom Schulhaus nicht dicht ist.«
    »Das kriegen wir schon wieder hin«, sagte Sam.
    »Und wie wollen Sie das machen?«, scherzte Katherine. »Zwiebelpaste in

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