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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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aushalten konnte, schraubte er den Deckel ab, drehte die Flasche um und kippte den gesamten Inhalt aus. Wenn er noch eine Sekunde länger gewartet hätte, hätte er vielleicht doch einen Schluck getrunken.
    Nachdem Stanley Zero die letzten sechs Buchstaben des Alphabets gezeigt hatte, brachte er ihm bei, wie er seinen Namen schreiben musste.
    »Großes Z – e – r – o.«
    Zero schrieb die Buchstaben hin, während Stanley sie diktierte. »Zero«, sagte er und starrte auf sein Blatt Papier. Sein Lächeln war so breit, dass es nicht mehr auf sein Gesicht passte.
    Stanley sah ihm zu, wie er seinen Namen ein ums andere Mal hinschrieb.
    Zero Zero Zero Zero Zero Zero Zero ...
    Irgendwie machte es ihn traurig. Er musste immer denken, dass hundert Mal Null immer noch nichts war.
    »Weißt du, eigentlich ist das gar nicht mein richtiger Name«, sagte Zero, als sie zum Essen zurück zum Aufenthaltsraum gingen.
    »Das hab ich mir fast gedacht«, antwortete Stanley. Er war sich nie so ganz sicher gewesen.
    »Alle haben Zero zu mir gesagt, schon bevor ich hergekommen bin.«
    »Ach so. Okay.«
    »Mein richtiger Name ist Hector.«
    »Hector«, wiederholte Stanley.
    »Hector Zeroni.«

28
    Zwanzig Jahre später kehrte Kate Barlow nach Green Lake zurück. Hier würde niemand sie je finden – in einer Geisterstadt an einem Geistersee.
    Die Pfirsichbäume waren alle abgestorben, nur ein paar kleine Eichen wuchsen noch neben einer alten, verlassenen Hütte. Diese Hütte hatte einmal am Ostufer des Sees gestanden. Jetzt befand sich das Ufer mehr als fünf Meilen entfernt und der See war nicht mehr als ein kleiner Tümpel mit dreckigem Wasser.
    In diese Hütte zog Kate Barlow ein. Manchmal hörte sie noch das Echo von Sams Stimme über das weite Land hallen: »Zwiebeln! Süße, frische Zwiebeln!«
    Sie wusste, dass sie verrückt war. Sie wusste, dass sie seit zwanzig Jahren verrückt war.
    »Ach, Sam!«, sagte sie in die weite Leere hinein, »ich weiß, dass es heiß ist, aber mir ist so schrecklich kalt. Meine Hände sind kalt. Meine Füße sind kalt. Mein Gesicht ist kalt. Mein Herz ist kalt.«
    Und manchmal hörte sie ihn sagen: »Das kriegen wir schon wieder hin«, und dann fühlte sie seinen warmen Arm, der sich um ihre Schulter legte.
    Über drei Monate lebte sie schon in der Hütte, als sie eines Morgens davon aufwachte, dass jemand die Tür auftrat. Als sie die Augen öffnete, sah sie direkt vor ihrer Nase verschwommen das Ende eines Gewehrlaufes.
    Sie roch Trout Walkers ungewaschene Füße.
    »Du hast genau zehn Sekunden, um mir zu sagen, wo du deine Beute versteckt hast«, sagte Trout. »Sonst jage ich dir eine Kugel in den Kopf.«
    Kate gähnte.
    Eine rothaarige Frau war zusammen mit Trout hereingekommen. Kate sah, wie sie die Hütte durchwühlte, Schubladen ausleerte und Dinge aus Schrankfächern fegte.
    Die Frau kam auf sie zu. »Wo ist das Zeug?«, verlangte sie zu wissen.
    »Linda Miller?«, fragte Kate. »Bist du das?«
    Linda Miller war in der vierten Klasse gewesen, als Kate Barlow noch Lehrerin gewesen war. Sie war ein niedliches, sommersprossiges Mädchen mit wunderschönem rotem Haar gewesen. Jetzt war ihr Gesicht voller Pickel und ihr Haar schmutzig und wirr.
    »Inzwischen heißt sie Linda Walker«, sagte Trout.
    »Oh, Linda, das tut mir so Leid!«, sagte Kate.
    Trout presste ihr sein Gewehr gegen den Hals. »Wo ist deine Beute?«
    »Es gibt keine Beute«, sagte Kate.
    »Komm mir nicht damit!«, brüllte Trout. »Du hast doch jede Bank zwischen hier und Houston ausgeraubt.«
    »Sagen Sie es ihm lieber«, sagte Linda. »Wir sind völlig am Ende.«
    »Du hast ihn wegen seines Geldes geheiratet, stimmt’s?«, fragte Kate.
    Linda nickte. »Aber es ist alles weg: die Pfirsichbäume, das Vieh. Vertrocknet wie der See. Immer habe ich gedacht: Es muss doch bald regnen. Diese Dürre kann doch nicht immer anhalten. Aber es wurde immer nur heißer und heißer und heißer ...« Ihr Blick fiel auf die Schaufel, die am Kamin lehnte. »Sie haben es vergraben!«, entfuhr es ihr.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sagte Kate.
    Es tat einen lauten Knall, als Trout sein Gewehr direkt über Kates Kopf abfeuerte. Das Fenster hinter ihr zersprang. »Wo hast du das Zeug vergraben?«, schrie er.
    »Los, Trout, erschieß mich ruhig«, sagte Kate. »Ich hoffe nur, dass es dir Spaß macht zu graben. Du wirst nämlich sehr lange graben. Da draußen ist ein riesiges Ödland. Ihr beide, eure Kinder und deren Kinder, ihr könnt die

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