Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kaufhold
Vom Netzwerk:
blitzsauber. Oder sollte ich beim Champagnerglashalten den kleinen Finger abspreizen ?
    »Sie trinken Alkohol ! Thoralf, so tu doch etwas !« Sie klingt regelrecht verzweifelt.
    Jetzt ist es an Herrn Stengelmann, tätig zu werden. Mit einer raschen Bewegung zieht er mir das Glas aus der Hand.
    »He«, rufe ich. »Das ist ja wohl die Höhe ! Sie beide trinken doch auch Alkohol.« Ich fixiere die Weingläser in ihren Händen.
    Frau Stengelmann lächelt milde. »Schätzchen, das ist ja wohl etwas vollkommen anderes.«
    »Aha, und warum ?« Langsam wird es mir zu bunt mit den beiden.
    »Hector«, rufe ich theatralisch, »so tu doch etwas !«
    Ich muss grinsen, als Hector peinlich berührt von einem zum anderen sieht.
    »Thoralf«, sagt Frau Stengelmann und gewinnt mühsam ihre Contenance zurück. »Das müssen wir uns nicht bieten lassen. Wir wollen nur das Beste für unser ungeborenes Enkelkind. Wir wollen die Stengelmann’schen Gene rein halten, rein von Drogen und rein von schlechtem Erbgut.«
    Könnten Augen spucken, hätte ich jetzt eine ganze Ladung Stengelmann’schen Speichels im Gesicht hängen. Im Gegenzug bekäme sie meine Clutch um die Ohren geklatscht.
    »Wir beten«, fügt sie mit bebender Stimme hinzu, »dass es noch nicht zu spät ist.«

Dreizehn
    D e r Flur des Altenheims riecht nach Desinfektionsmittel, von den Wänden rieseln vertrocknete Tannennadeln, und aus dem Gemeinschaftsraum singen zu beherzter Klaviermusik kräftige alte Stimmen »Ihr Kinderlein kommet«.
    Ich weiß nicht, was mich geritten hat, als ich beschlossen habe, Opa Richard einen Besuch abzustatten. Es ist einfach so über mich gekommen. Ich glaube, ich vermisse den alten Herrn.
    »Warum singen wir eigentlich nicht ›Ihr Kinderlein kommet‹ ?«, ruft eine Frau, just als der letzte Ton verklungen ist.
    »Ja ! Warum nicht ?«, stimmt ihr ein ganzer Chor zu.
    »Na, dann wollen wir mal«, ruft eine enthusiastische männliche Stimme, und schon wird erneut in die Tasten gehauen.
    Ich stecke den Kopf zur Tür herein. Ein paar alte Menschen winken mir aus dem Stuhlkreis zu, während sie aus voller Kehle schmettern: »Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh.«
    Richard ist nicht unter ihnen.
    Ich laufe den Gang hinunter bis zu der Tür, an der Richard Kohen steht und ein gerahmtes Foto von ihm hängt, auf dem er eine braune Krawatte trägt, die aussieht, als wäre sie aus Frottee. Ich klopfe. Augenblicklich wird die Tür aufgerissen, und Richard steht im leuchtend orangefarbenen Pyjama vor mir. Seine Aufmachung erinnert mich an einen Müllmann. Ich stutze.
    »Was wollen Sie denn schon wieder ?«, blafft er mich an. »Ich habe Ihnen gesagt, ich werde nicht verkaufen. Nicht, solange ich lebe !«
    Ich bin zu verdutzt, um zu antworten, und trete unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Ich habe dieses Haus mit meinen eigenen Händen gebaut«, wettert er. »Ich wohne hier seit über sechzig Jahren, das lasse ich mir nicht wegnehmen.« Er klammert sich an der Tür fest. »Den Baum für das Holz dieser Tür habe ich selbst gefällt und zersägt und …« Erstaunt schaut er auf das Metall in seiner Hand. »Und überhaupt, das ist alles meins. Versuchen Sie Ihr Glück woanders. Aber eines sage ich Ihnen: Bruno Oppelmann wird auch nicht verkaufen !«
    Dann schlägt er mir die Tür vor der Nase zu. Ich stehe ziemlich perplex und wie angewurzelt im Gang. Ein Mann wird im Rollstuhl vorbeigeschoben, er schimpft: »Da hat man ein Klavier, und keiner macht sich die Mühe, darauf zu spielen. Nicht einmal an Ostern. Banausen !«
    Ich atme tief durch und klopfe noch einmal an Richards Zimmertür. Sofort reißt er sie wieder auf.
    »Was wollen Sie noch ? !«, schreit er. »Wenn Sie nicht sofort verschwinden, rufe ich die Polizei !« Er ballt die Hände zu Fäusten.
    »Richard, ich bin’s, Anna«, sage ich zögerlich.
    Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. Als ich schon zu hoffen beginne, dass da ein Funken des Erkennens in seinen trüben Augen glimmt, sagt er schroff: »Kenne ich nicht.«
    »Anna Brix … Davids, äh, Exfreundin.«
    Als ich das ausspreche, klopft mein Herz mit einem Mal wie verrückt. Und ohne Vorwarnung schießen mir Tränen in die Augen. Ohne Richard noch einmal anzusehen, drehe mich um und renne den Gang entlang. Stürze an der Rezeption vorbei aus dem Gebäude und krabbele in meinen Mini wie in ein Schneckenhaus.
    Am liebsten wäre ich nach Hause gefahren, hätte mir die Bettdecke über den Kopf gezogen und wäre nie

Weitere Kostenlose Bücher