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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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über die seichte Stelle hinweggespült, an der Robert auf die Beine gekommen war, und trieben dann den Fluss hinab. Johnny gurgelte und spuckte und schlug um sich.
    »Ich kann nicht schwimmen!«, schrie er. Jetzt war klar, warum er zuvor Angst vor dem Wasser gehabt hatte.
    Edith blickte in seine vor Panik weit aufgerissenen Augen. Eine unschöne Tatsache fiel ihr ein. »Ich auch nicht«, keuchte sie.
    Gemeinsam gingen sie unter.

10
    R ichard Plantagenet, Herzog von Aquitanien und bald Herrscher von England, war wütend. Wenn er sich ärgerte, blitzten seine hellblauen Augen, seine sommersprossigen Wangen röteten sich, und sein rotblondes, halblanges Haar stand nach allen Seiten ab.
    Richard lief im Saal der großen Burg im Herzen der Stadt auf und ab. Das Volk nannte sie den »Turm«. Zusammen mit zwei weiteren, ähnlich gebauten Festungen beherrschte sie ganz London. Richard war noch nicht einmal zum König gewählt und hatte schon einen groben Fehler begangen.
    »Ihr hättet mir das sagen müssen, Kanzler!«, brummte er.
    Guilhem de Longchamp zuckte mit den Schultern. Richard wusste, was diese resignierte Geste zu bedeuten hatte: Versteh einer die Angelsachsen!
    Nun, Guilhem war Normanne. Er konnte die Angelsachsen gar nicht verstehen. Andererseits war er, Richard Plantagenet, auch Normanne. Und er verstand die Angelsachsen nur zu gut.
    Sie hassten den »Turm«, weil er das Symbol für die Unterdrückung durch die Fremden war. Guilhem der Eroberer, Englands erster normannischer König, hatte ihn bauen lassen. Und Richard hatte, nachdem er aus Frankreich gekommen war, ausgerechnet diesen Ort gewählt, um dort auf seine Krönung zu warten. Heute Morgen hatte er zufällig ein Gespräch zweier Diener belauscht und trotz seiner erbärmlichen Angelsächsischkenntnisse den Inhalt nur zu gut verstanden.
    »Wenn ich hierbleibe, hält mich das Volk für einen Tyrannen«, seufzte Richard. »Die Leute werden mich hassen. Wenn ich umziehe, werden sie sagen: Er will sich bei uns anbiedern. Dann werden sie mich erst recht hassen.«
    »Die Leute werden Euch lieben, Euer Gnaden«, sagte Guilhem.
    Richard warf ihm einen zweifelnden Blick zu.
    »Abgesehen davon, Euer Gnaden, solltet Ihr besser Euren Kreuzzug vorbereiten. Ihr habt vor zwei Jahren König Philipp von Frankreich, Papst Gregor  VIII . und der gesamten Christenheit einen Waffenzug ins Heilige Land versprochen. Papst Gregor ist inzwischen verstorben, aber Papst Clemens  III . fordert die Einlösung Eures Versprechens.«
    »Was soll ich auf dem Kreuzzug in der Ferne, wenn es hier ein Königreich zu gewinnen gilt?«
    »England gehört bereits Euch.«
    »Ja, es ist mein Königreich nach geltendem Recht, sobald mir die Krone aufgesetzt wird. Aber ich habe erst gewonnen, wenn mir die Herzen der Menschen gehören.«
    »England!«, rief der Kanzler und fuchtelte aufgebracht in der Luft herum. »England! Jerusalem gilt es zu gewinnen! Der Sultan von Ägypten und Syrien, der bösartige Saladin, hat die Stadt eingenommen, hat das Königreich der Himmel zerstört. Er terrorisiert alle Rechtgläubigen und …«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte Richard. »Erspart mir das Lied! Ich höre es von jeder Kanzel schallen.«
    »Das«, sagte Guilhem, »muss Euer Ziel sein: die Befreiung der Heiligen Stadt. Die Krone von Jerusalem als Belohnung für Euren Mut. König der Himmel zu sein – und nicht nur König von England!«
    Richard trat zu einem der Fenster und blickte hinaus. Über den vielen Dächern Londons schimmerte die spätsommerliche Abendwärme. Die meisten Häuser waren strohgedeckt, nur wenige hatten ein Schindeldach. Dieser Ort war kaum mehr als ein Dorf. Im Norden stand eine Wolkenwand – die Grafschaften dort duckten sich unter dem Regen. Morgen würde er auch Richards Hauptstadt erreichen.
    »Habt Ihr über das jüngste Gesuch der Londoner Bürger nachgedacht? Die jüdische Bevölkerung soll von der Krönungszeremonie ausgeschlossen werden.«
    »Dieser Bitte werde ich nicht stattgeben! Die Juden haben meinen Vater stets unterstützt und auch ich habe Geld bei ihnen geliehen. Sie sind Freunde der Krone.«
    »Aber keineswegs Freunde der Kaufleute und – in diesen Zeiten – schon gar nicht die Freunde des Pöbels. Das gemeine Volk will das Blut der Ungläubigen sehen. Und da es bis zu den Ungläubigen im Heiligen Land ziemlich weit ist, sähen sie gern das Blut der hier lebenden Ungläubigen, also der Juden. Es ist bislang nur deshalb nicht zu Ausschreitungen gekommen,

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